Baurechtswidrige Grenzgarage bei Gebäude mit Terrasse, Lichtkuppeln und Glasfalttür

24. November 2021 -

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat am 23.11.2021 zum Aktenzeichen 6 U 117/20 entschieden, dass ein mit Terrasse, Lichtkuppeln und Glasfalttüren ausgestattetes Gebäude bereits seiner baulichen Gestaltung nach keine Garage darstellt, sondern dient dem Aufenthalt von Menschen. Das OLG Frankfurt hat deshalb mit heute veröffentlichter Entscheidung den Bauherrn zur Beseitigung des unterhalb des Grenzabstands errichteten Gebäudes verurteilt.

Aus der Pressemitteilung des OLG Frankfurt Nr. 75/2021 vom 24.11.2021 ergibt sich:

Die Parteien sind Nachbarn. Nachdem der Beklagte 2017 eine Genehmigung zur Sanierung einer auf seinem Grundstück bereits vorhandenen Garage erwirkt hatte, ließ er diese abreißen und begann mit dem Neubau. Hiergegen wehrte sich die Klägerin erfolglos mit einem Eilverfahren. Der Beklagte stellte das neue Garagengebäude fertig. Die Klägerin meint, bei dem neu errichteten Gebäude handele es sich nicht um eine nach der Hessischen Bauordnung privilegierte Garage. Sie begehrte die Beseitigung des Gebäudes, hilfsweise dessen teilweisen Rückbau. Das Landgericht hatte sowohl den Beseitigungsantrag als auch den hilfsweisen Antrag auf teilweisen Rückbau der Garage zurückgewiesen.

Die hiergegen eingelegte Berufung der Klägerin hatte vor dem OLG Erfolg.

Der Beklagte müsse das Bauwerk beseitigen. Er verletze mit dem Bauwerk die bauordnungsrechtlichen Vorschriften über den einzuhaltenden Grenzabstand. „Es gehört zu den insbesondere durch das Grundrecht auf Eigentum geschützten Belangen des Nachbarn, nicht durch bauliche Anlagen beeinträchtigt zu werden, die in rechtswidriger Weise die Belichtung und Belüftung seines Grundstücks beeinträchtigen, Brandgefahren bilden oder schlicht durch ihre Nähe das gedeihliche Miteinander stören“, betont das OLG. Das errichtete Gebäude halte die erforderlichen Abstände von jedenfalls 3 m zur Grundstücksgrenze der Klägerin nicht ein. Die Einhaltung dieser Abstandsflächen sei hier auch nicht entbehrlich. Das Gebäude stelle kein privilegiertes Bauvorhaben dar. Insbesondere liege keine sog. Grenzgarage vor. Die bauliche Gestaltung des Gebäudes stehe vielmehr eindeutig der Privilegierung als Grenzgarage entgegen. Sie spreche für eine abweichende Nutzung des Gebäudes zum Aufenthalt von Menschen: Das Gebäude sei mit einer integrierten Terrasse ausgestattet, die aus fest mit dem Boden verbundenen Holzdielen nebst Belichtungs- und Beleuchtungselementen bestehe. Es verfüge zudem in der Decke über Lichtkuppeln, die gesamte Front sei mit einer Glasfalttür versehen. „Eine solche bauliche Ausgestaltung dient typischerweise der besseren Ausleuchtung eines zum Aufenthalt von Menschen bestimmten umbauten Raums…“, stellt das OLG fest. Aufenthaltsräume und ihnen gleichzustellende Terrassen stellten aber keine Bauteile dar, die zum Unterstellen von Kraftfahrzeugen im Sinne einer Garage erforderlich seien.

Auch die erteilte Genehmigung der Stadt stehe dem Beseitigungsanspruch nicht entgegen. Die der Genehmigung zu Grunde liegende Prüfung habe sich allein auf eine Übereinstimmung mit der Erhaltungssatzung der Stadt Frankfurt in planungsrechtlicher Sicht bezogen, nicht aber auf die Einhaltung von Grenzabständen.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig; der Beklagte kann mit der Nichtzulassungsbeschwerde die Zulassung der Revision vor dem Bundesgerichtshof begehren.