Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat in einem Beschluss vom 02.11.2016 zum Aktenzeichen 21 U 14/16 festgestellt, dass ein Landwirt, der von ihm hergestellte, kontaminierte Silage (Gärfutter) an ein dadurch erkranktes Pferd füttert, dem Eigentümer des Pferdes gegenüber verschuldensunabhängig haften kann.
Im Rechtsstreit hat ein Pferdehalter ein Pferd im Pferdepensionsbetrieb eines Landwirtes eingestellt. Vereinbarungsgemäß versorgte der Landwirt das Pferd und fütterte es u.a. auch mit Heu und selbst hergestellter Silage. 2011 erkrankte das Pferd zeitgleich mit anderen Pferden im Stall des Landwirtes, die ebenfalls mit der vom Landwirt selbst hergestellten Silage gefüttert worden waren. Untersuchungen ergaben, dass bei den Tieren eine Botulismus-Erkrankung ausgelöst worden war, für die nur die Silage als Verursacher in Betracht kam. Der Pferdehalter ließen sein Pferd tierärztlich behandeln, wofür Kosten i.H.v. ca. 15.700 Euro anfielen.
Der Pferdehalter verklagte den Landwirt auf Erstattung der Tierarztkosten und bekam Recht.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts haftet der Landwirt auch ohne eigenes Verschulden für die durch die Botulismus-Erkrankung des Pferdes entstandenen Tierarztkosten. Seine Haftung folge aus dem Produkthaftungsgesetz, das ihm eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung für den Fehler eines von ihm hergestellten Produktes auferlege. Die vom Landwirt hergestellte Silage sei ein Produkt im Sinne dieses Gesetzes, das durch die Kontamination mit den Botulismus-Erregern einen bestimmungswidrigen Fehler aufgewiesen habe.
Der Landwirt ist der Hersteller dieses Produkts, weil er das in seinem landwirtschaftlichen Betrieb verarbeitete Gras produziert, gemäht und gesammelt habe. Nach dem Produkthaftungsgesetz hafte auch ein Grundstoffproduzent. Nach dem Wegfall des Haftungsprivilegs für Naturprodukte sind auch die von Landwirten erzeugten Grundstoffe für Nahrungsmittel in die Produkthaftung einbezogen. Darüber hinaus hat der Landwirt das von ihm selbst produzierte und geerntete Gras zwecks Herstellung der Silage weiterverarbeitet. Auch das mache ihn zum Hersteller. Zugunsten des Landwirtes greift auch keiner der im Produkthaftungsgesetz geregelten Ausnahmetatbestände ein.
Der Landwirt hat die von ihm produzierte Silage geschäftlich in den Verkehr gebracht, indem er sie vereinbarungsgemäß an das Pferd der Kläger verfüttert habe.
Die Gefahr einer Kontamination der Silage, die zur Entstehung von Botulintoxin führen könne, sei zum damaligen Zeitpunkt allgemein bekannt und dem Landwirt auch bewusst gewesen. Die Kontamination stelle einen Fabrikationsfehler dar, von dem sich der Hersteller nicht entlasten könne. Unerheblich sei auch, ob er die Kontamination mit vertretbarem Aufwand habe feststellen können, weil der Hersteller nach dem Produkthaftungsgesetz auch für sog. „Ausreißer“ hafte.
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