Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 29. November 2018 zum Aktenzeichen 5 C 10.17 entschieden, dass Auszubildende, die nach dem Erwerb eines Bachelorgrades infolge der vollständigen Anrechnung ihrer in dem Bachelorstudiengang erbrachten Leistungen von einer Hochschule zu einem höheren Fachsemester eines Diplomstudiengangs in derselben Fachrichtung zugelassen werden, für die Dauer der Regelstudienzeit des Diplomstudiengangs einen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.
Im ersten Fall erwarb der Kläger im September 2012 an einer Universität in Berlin den Bachelorabschluss im Studiengang Architektur und arbeitete anschließend rund eineinhalb Jahre in einem Architekturbüro, bevor er zum Sommersemester 2014 an der Technischen Universität Dresden den Diplomstudiengang Architektur im 8. Semester aufnahm. Im zweiten Fall schloss der Kläger im Juli 2011 an einer in Nordrhein-Westfalen gelegenen Universität den Bachelorstudiengang Physik erfolgreich ab und begann zum Wintersemester 2011/2012 an der Technischen Universität Dresden im 7. Semester mit dem Diplomstudiengang Physik. Die bisher erbrachten Studienleistungen wurden den Klägern für den jeweiligen Diplomstudiengang voll angerechnet. Das beklagte Studentenwerk lehnte ihre Anträge auf Bewilligung von Ausbildungsförderung für das Diplomstudium mit der Begründung ab, sie hätten ihren Anspruch auf Förderung einer ersten beruflichen Ausbildung jeweils mit dem Erwerb des Bachelorgrades ausgeschöpft. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Förderung einer weiteren Ausbildung lägen nicht vor. Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobenen Klagen der Kläger hatten in erster und zweiter Instanz Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat ebenso wie das Verwaltungsgericht die Auffassung vertreten, der geltend gemachte Förderungsanspruch ergebe sich in beiden Fällen aus einer entsprechenden Anwendung der Regelung für die auf dem Erwerb eines Bachelorgrades aufbauenden Masterstudiengänge nach dem Bologna-Modell (§ 7 Abs. 1a Bundesausbildungsförderungsgesetz – BAföG), die als Teil der beruflichen Erstausbildung gefördert würden.
Das Bundesverwaltungsgericht hat das Urteil des Oberverwaltungsgerichts im Ergebnis bestätigt. Den Klägern steht der geltend gemachte Anspruch zwar nicht in analoger Anwendung des § 7 Abs. 1a BAföG zu, weil keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Gesetzgeber den Grundanspruch auf Förderung einer beruflichen Erstausbildung auf den hier in Rede stehenden Fall des so genannten Quereinstiegs in ein Diplomstudium nach Erwerb eines Bachelorgrades erstrecken wollte. Das Diplomstudium der Kläger ist aber aus Gründen der Gleichbehandlung und damit wegen besonderer Einzelfallumstände (§ 7 Abs. 2 Satz 2 BAföG) als weitere Ausbildung förderungsfähig. Durch die Vorenthaltung von Leistungen der Ausbildungsförderung an Auszubildende wie die Kläger würden diese ansonsten vor allem gegenüber Auszubildenden benachteiligt, deren Zweitausbildung gefördert wird, wenn sie nach einem berufsqualifizierenden Abschluss eine in sich selbstständige Ausbildung aufnehmen, die in derselben Richtung fachlich weiterführt (§ 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BAföG). Hierfür fehlt ein hinreichender sachlicher Rechtfertigungsgrund. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sich hier der Bachelorstudiengang wegen der Anrechnung der in ihm erbrachten Leistungen in der Sache als Teil des Diplomstudiums darstellt und die Kläger nicht länger gefördert werden, als wenn sie gleich diesen Studiengang ergriffen hätten.
Rechtsanwalt Dipl.-Jur. Jens Usebach, LL.M. vertritt Studenten im BAföG-Recht.