Das Verwaltungsgericht Göttingen hat mit Beschluss vom 25.01.2021 zum Aktenzeichen 4 B 264/20 auf den Eilantrag eines Autogroßhändlers entschieden, dass für diesen die durch die Niedersächsische Corona-Verordnung verfügten Betriebsschließungen nicht gelten und diese daher rechtswidrig ist.
Aus der Pressemitteilung des VG Göttingen vom 28.01.2021 ergibt sich:
Der Antragsteller kauft Gebrauchtwagen von Privatpersonen an, die er über eine Internetplattform akquiriert. Interessenten geben auf der Internetseite verschiedene Daten zu ihrem Kraftfahrzeug an und erhalten im Gegenzug einen vorläufigen Ankaufspreis. In einer Filiale des Antragstellers werden die Angaben des potentiellen Verkäufers vor Ort überprüft. Ggf. wird ein abweichender, endgültiger Ankaufspreis bestimmt. Ist der Verkäufer mit diesem Preis einverstanden, wird ein Kaufvertrag geschlossen, und das Fahrzeug verbleibt in der Filiale. Die angekauften Fahrzeuge werden über zwei weitere, Internetplattformen verkauft. Diese Plattformen werden von rechtlich selbständigen Unternehmen betrieben. Käufer sind bei der einen Plattform gewerbliche Händler, bei der Anderen Endverbraucher. Im letzteren Fall werden die Fahrzeuge nach Abschluss des Kaufvertrags mit dem Endverbraucher im Internet in der Filiale übergeben oder durch Mitarbeiter des Unternehmens direkt an den Käufer ausgeliefert. Alle drei Unternehmen gehören zu ein und derselben Unternehmensgruppe, die die Gewinne generiert. Ende Dezember 2020 untersagte die Stadt Göttingen dem Antragsteller, in der örtlichen Filiale Kraftfahrzeuge von Privatpersonen anzukaufen, sofern der Kaufvertrag erst nach einer Begutachtung des betroffenen Fahrzeuges vor Ort zustande kommt und nicht bereits im Fernabsatz ein abschließender Kaufvertrag vorliegt, in dessen Rahmen vor Ort nur eine reine Übergabe des betroffenen Fahrzeuges gegen den zuvor im Fernabsatz geschlossenen Kaufvertrag festgesetzten Kaufpreis erfolgt. Hiervon ausgenommen seien gewerbliche Kunden. Ebenso sei die Herausgabe eines Fahrzeugs nach vorherigem Kaufvertragsabschluss über die Internetplattform zulässig. Zur Begründung gab die Stadt an, der Geschäftsbetrieb des Antragstellers sei dem Einzelhandel zuzuordnen, weil es sich bei den Verkäufern der Fahrzeuge um Privatpersonen handele. Einzelhandel sei nur mit Ausnahmen zulässig, wozu der Autoan- und -verkauf des Antragstellers nicht gehöre. Gegen diese Untersagungsverfügung hat der Antragsteller Klage erhoben und gleichzeitig einen vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzantrag gestellt.
Das VG Göttingen hat dem Eilantrag stattgegeben.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts betreibt der Antragsteller keinen Einzelhandel, sondern einen Großhandel. Für diesen gälten die durch die Nds. Corona-Verordnung verfügten Betriebsschließungen nicht. Zum Einzelhandel gehörten Unternehmen, die das Produkt dem Konsumenten bzw. Endverbraucher unmittelbar vermitteln. Alle anderen in dieser Handelskette vorher tätigen Unternehmen, die nicht an der Produktion der Ware selbst beteiligt waren, seien dem Großhandel zuzuordnen. Da der Antragsteller die Fahrzeuge nicht an die Endverbraucher verkaufe, sondern an rechtlich selbständige Zwischenhändler, betreibe er einen Großhandel. Unerheblich sei, dass der Antragsteller die Autos von Privatpersonen erwerbe. Für die Abgrenzung des Groß- vom Einzelhandel sei nicht maßgeblich von wem der Händler die Ware beziehe, sondern an wen er sie veräußere. Schließlich gebe die Corona-Verordnung für eine Begrenzung des Großhandels auf Produkte des täglichen Bedarfs nichts her.
Gegen diesen Beschluss kann die Stadt Göttingen innerhalb von zwei Wochen Beschwerde beim OVG Lüneburg einlegen. Die Klage ist noch vor dem Verwaltungsgericht anhängig.