Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat es mit Beschluss vom 26.01.2022 zum Aktenzeichen L 9 SO 12/22 B ER der Stadt Düsseldorf als Träger der Eingliederungshilfe vorläufig verboten, Schulbegleitungen für Kinder mit Behinderung in einem Ausschreibungsverfahren einzelnen Trägern zuzuweisen.
Pressemitteilung des LSG Essen v. 28.01.2022
Kinder haben einen Anspruch auf Schulbegleitung, wenn diese behinderungsbedingt erforderlich ist, um ihnen eine erfolgreiche Teilnahme am Schulunterricht zu ermöglichen. Seit einigen Jahren wird die Trägerschaft von Schulbegleitungen in Düsseldorf öffentlich ausgeschrieben. In einem sog. Vergabeverfahren erhalten einzelne Träger einen „Zuschlag“, mit dem ein Vertrag zwischen dem Träger und der Stadt zustande kommt. Der Träger, der die Ausschreibung gewinnt, stellt einen „Pool“ von Schulbegleiterinnen und Schulbegleitern zusammen, die in den nächsten 2-4 Jahren die Schulbegleitung durchführen. Andere Anbieter werden nur noch auf besonderen Wunsch der Eltern und in besonderen Konstellationen, d.h. faktisch nur noch selten beauftragt.
In einem Eilverfahren hatte ein kirchlicher Anbieter – vor dem SG Düsseldorf zunächst erfolglos – geltend gemacht, dieses Vorgehen sei rechtswidrig. Eine Vergabe von sozialen Dienstleistungen – hierzu gehören Schulbegleitungen – sei gesetzlich nicht vorgesehen. Die Vergabe an einen einzelnen Träger führe tatsächlich dazu, dass andere Träger ihre Kapazitäten abbauten. Dies verstoße gegen die sozialrechtlich gewünschte Trägervielfalt und beeinträchtige das Wunsch- und Wahlrecht der Kinder mit Behinderung bzw. ihrer Eltern. Außerdem verletze es die Berufsfreiheit der anderen Anbieter.
Das LSG hat nun die Erteilung des Zuschlags untersagt. Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten sei gegeben, weil es sich nicht um eine (in die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts fallende) vergaberechtliche, sondern um eine sozialrechtliche Fragestellung handele. Die Ausschreibung von Schulbegleitung sei durch das Sozialgesetzbuch nicht gestattet. Jeder Anbieter von Schulbegleitungen müsse die gleiche Chance auf Berücksichtigung haben. Das Gebot der Trägervielfalt sei ein maßgeblicher Grundsatz des Rechts der Eingliederungshilfe. Die Wohlfahrtsverbände und die Träger der Eingliederungshilfe hätten sich zudem in einem Landesrahmenvertrag verpflichtet, Vergabeverfahren zu unterlassen und mit allen geeigneten Anbietern Einzelverträge zu schließen.