Der Bundesfinanzhof hat am 19.02.2020 zum Aktenzeichen III R 66/18 entschieden, dass die Ausschlussfrist des § 66 Absatz 3 EStG bereits bei der Festsetzung des Kindergeldes im Kindergeldbescheid zu berücksichtigen ist und nicht erst bei der nachfolgenden Auszahlung des festgesetzten Kindergeldes.
Aus der Pressemitteilung des BFH Nr. 31/2020 vom 30.07.2020 ergibt sich:
Setze die Familienkasse das Kindergeld dagegen über den Sechsmonatszeitraum hinaus fest, müsse sie es auch vollständig auszahlen, so der BFH.
Der Kläger ist der Vater einer im Februar 1997 geborenen Tochter. In einem bereits 2015 gestellten Antrag gab der Kläger an, dass seine Tochter ab September 2015 eine Ausbildung zur Erzieherin aufnehmen wolle. Die Familienkasse setzte daraufhin zunächst Kindergeld fest, hob die Kindergeldfestsetzung aber im Juli 2015 mangels Vorlage eines Ausbildungsnachweises wieder auf. Mit einem dann erst im April 2018 bei der Familienkasse eingegangenen Antrag begehrte der Kläger erneut Kindergeld für den Zeitraum ab August 2015. Die Familienkasse setzte in einem Bescheid vom April 2018 laufendes Kindergeld ab dem Monat August 2015 fest. Die Nachzahlung von Kindergeld beschränkte sie jedoch auf den Zeitraum von Oktober 2017 bis April 2018.
Das Finanzgericht gab der dagegen gerichteten Klage statt und erkannte einen Nachzahlungsanspruch auch für die Monate August 2015 bis September 2017 an.
Der BFH hielt die dagegen gerichtete Revision der Familienkasse für unbegründet.
Nach einer durch das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz mit Wirkung ab 01.01.2018 in das Kindergeldrecht eingefügten Ausschlussfrist (§ 66 Abs. 3 EStG) wird das Kindergeld rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats gezahlt, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist. Die Regelung ist nur auf Anträge anzuwenden, die nach dem 31.12.2017 eingehen.
Nach Auffassung des BFH ist die Vorschrift über die Ausschlussfrist bereits bei der Festsetzung des Kindergeldes zu berücksichtigen. Dies ergebe sich vor allem daraus, dass der Gesetzgeber die Ausschlussfrist im Zusammenhang mit anderen Bestimmungen geregelt habe, die ebenfalls die Festsetzung des Kindergeldes betreffen. Zudem werde der Zweck der Norm, den Anspruchsteller zu einer zeitnahen Stellung seines Kindergeldantrags zu bewegen und der Familienkasse dadurch die notwendige Aufklärung des Sachverhalts zu ermöglichen, auch erreicht, wenn bereits die rückwirkende Festsetzung des Kindergeldes auf den Sechsmonatszeitraum beschränkt werde. Da die Familienkasse im Streitfall das Kindergeld über den Sechsmonatszeitraum hinaus rückwirkend festgesetzt hatte, hielt sie der BFH auch für verpflichtet, das Kindergeld in diesem Umfang an den Kläger auszuzahlen.
Durch das Gesetz gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch vom 11.07.2019 wurde die bisherige Regelung über die Ausschlussfrist aufgehoben. Dafür wurde eine neue Regelung über eine Ausschlussfrist mit etwas verändertem Wortlaut in § 70 Abs. 1 EStG eingefügt.