Der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes in Saarbrücken hat am 28.04.2020 zum Aktenzeichen Lv 7/20 entschieden, dass die im Zuge der Corona-Pandemie verfügten Ausgangsbeschränkungen gelockert werden müssen, so dass Treffen mit Familienangehörigen sowie der Aufenthalt im Freien ab sofort erlaubt sind.
Aus der Pressemitteilung des VerfGH SL vom 28.04.2020 ergibt sich:
Der Antragsteller hat sich mit einer ausschließlich gegen § 2 Abs. 3 der Rechtsverordnung der Landesregierung vom 17.04.2020 gerichteten Verfassungsbeschwerde an den Verfassungsgerichtshof gewandt und zugleich beantragt, im Wege einer einstweiligen Anordnung den Vollzug der Vorschrift auszusetzen. Er sieht sich durch das grundsätzliche Verbot des Verlassens der eigenen Wohnung in seinem Grundrecht der Freiheit der Person verletzt.
Der VerfGH Saarbrücken hat dem Eilantrag teilweise stattgegeben und entschieden, dass die Ausgangsbeschränkungen gelockert werden müssen, um Begegnungen mit Familienangehörigen sowie das Verweilen im Freien – unter Wahrung der notwendigen Abstände und unter Beachtung der Kontaktreduzierung – zu ermöglichen.
Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofs waren die von der Landesregierung zur Eindämmung der Corona-Pandemie getroffenen Maßnahmen im Hinblick auf die Grenzlage des Saarlandes zu dem von der Corona-Pandemie besonders schwer betroffenen Frankreich und angesichts der im Vergleich zu anderen Teilen Deutschlands besonders hohen Infektionszahlen im März 2020 geboten. Die mit der Ausgangsbeschränkung verbundenen Grundrechtseingriffe müssten allerdings Tag für Tag auf ihre Verhältnismäßigkeit überprüft werden.
Aktuell bestehen nach den Ausführungen des Verfassungsgerichtshofs keine belastbaren Gründe für die uneingeschränkte Fortdauer der strengen saarländischen Regelung des Verbots des Verlassens der Wohnung mehr. Zum einen lasse sich aus einem Vergleich der Infektions- und Sterberaten in den deutschen Bundesländern mit und ohne Ausgangsbeschränkung kein Rückschluss auf die Wirksamkeit der Ausgangsbeschränkung ziehen. Dies werde durch eine aktuelle Studie von Schweizer Wissenschaftlern bestätigt, nach der Ausgangbeschränkungen – im Gegensatz zum Verbot von Veranstaltungen oder anderen Zusammenkünften – nur geringe zusätzliche Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen haben. Zum anderen habe die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina dazu geraten, sobald irgend möglich eine vorsichtige Lockerung der Freiheitsbeschränkungen einzuleiten, um weitere kollaterale Nachteile zu beschränken und die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhalten.
Zudem habe auch die Landesregierung inzwischen beschlossen, von Verboten der Grundrechtsausübung mit Erlaubnisvorbehalt zur grundsätzlichen Erlaubnis mit erforderlichen Verbotsvorbehalten zu kommen.
Ab sofort seien damit Treffen von Eheleuten, Lebenspartnerinnen und Lebenspartnern, Verwandten in gerader Linie sowie Geschwistern und Geschwisterkindern oder in häuslicher Gemeinschaft miteinander lebenden Personen zuzüglich maximal einer weiteren Person – unter Beachtung des Kontaktreduzierungs- und des Abstandsgebots – im privaten Raum erlaubt. Erlaubt sei – ebenfalls unter Beachtung des Kontaktreduzierungs- und Abstandsgebots – das Verweilen im Freien.