Aufstellen von Zelten und Übernachten beim Klimacamp am Bremer Rathaus bleibt weiterhin zulässig

05. Mai 2021 -

Das Oberverwaltungsgericht Bremen hat mit Beschluss vom 04.05.2021 zum Aktenzeichen 1 B 215/21 die Beschwerde des Senators für Inneres gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen.

Aus der Pressemitteilung des OVG Bremen vom 04.05.2021 ergibt sich:

Das Bremer Ordnungsamt als Versammlungsbehörde hat dem Klimacamp auf dem Grasmarkt am Bremer Rathaus unter Anordnung der sofortigen Vollziehung verboten, dort Zelte dauerhaft zur Lagerung von Sachen und/oder zum Aufenthalt und/oder Schlafen von Teilnehmern aufzubauen. Zur Begründung wurde u.a. angegeben, die Teilnehmenden seien nicht auf die betreffende Infrastruktur angewiesen, um an der Versammlung teilnehmen zu können. Das Protestcamp stelle sich danach als eine Art Zeltlager und nicht als Versammlung dar. Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 28.04.2021 die aufschiebende Wirkung der gegen diese Auflage erhobenen Klage wiederhergestellt. Die dagegen erhobene Beschwerde des Senators für Inneres hat das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 04.05.2021 zurückgewiesen.

Das Oberverwaltungsgericht ist dem Verwaltungsgericht in seiner Bewertung gefolgt, dass die Versammlung in ihrer Gesamtheit – einschließlich des Übernachtens – der grundrechtlich geschützten Versammlungsfreiheit zuzuordnen sei. Ausgehend von den Versammlungsthemen „Klimakrise“, „Nichteinhaltung des Pariser Abkommens“ und „Die Klimakrise nicht verschlafen“ diene im konkreten Fall das Aufstellen der Übernachtungsinfrastruktur und das Übernachten in unmittelbarer Nähe des Bremer Rathauses nicht bloß der organisatorischen Durchführung der Versammlung, sondern sei Teil der Meinungskundgabe.

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin gebe es für das Vorliegen einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit derzeit keine hinreichenden Anhaltspunkte. Dies gelte auch im Hinblick auf den von der Stadt vorgebrachten Verstoß gegen straßenrechtliche Bestimmungen. Das Oberverwaltungsgericht hebt jedoch hervor, dass bei der Errichtung eines Protestcamps mit umfangreichen Infrastruktureinrichtungen die öffentlichen Flächen über einen längeren Zeitraum intensiv in Anspruch genommen werden und der widmungsgemäße Gebrauch durch die Allgemeinheit erheblich beeinträchtigt wird. Je länger solche Beeinträchtigungen andauern und je intensiver sie sind, desto mehr Gewicht werde dem straßenrechtlichen Regulierungsbedürfnis einzuräumen sein. Das führe dazu, dass mit zunehmender Zeitdauer und Intensität einer Sondernutzung auch das Recht auf Versammlungsfreiheit nicht dauerhaft von der Pflicht zur Einholung einer Sondernutzungserlaubnis nach § 18 Abs. 1 BremLStrG befreien könne und dass hinsichtlich der Erteilung der Sondernutzungserlaubnis – auch bei einer Auslegung der Norm im Lichte des Art. 8 GG – keine Ermessensreduzierung mehr vorliegt, sondern die Behörde die Erlaubnis unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auch versagen könne. Bei welcher (Gesamt-)Dauer dies der Fall sei, werde von der Behörde unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls sorgfältig abzuwägen sein. Diese zeitliche Grenze sei aber jedenfalls vorliegend bei einer bisher lediglich zweiwöchigen Dauer der Versammlung jedoch noch nicht überschritten.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.