Das Landgericht Saarbrücken hat mit Urteil vom 04.10.2019 zum Aktenzeichen 13 S 69/19 entschieden, dass der Anscheinsbeweis bei einem Verkehrsunfall nicht schon deshalb erschüttert wird, weil der Vorausfahrende ohne zwingenden Grund auf freier Strecke stark abbremst.
Aus der Pressemitteilung des DAV Nr. 40/2020 vom 02.09.2020 ergibt sich:
Auf einer Landstraße bremste der Vorausfahrende vor einem Verkehrsschild mit 50 km/h stark ab, zunächst von 70 auf 50 km/h. Der Kläger meinte, dass das Fahrzeug des Beklagten darüber hinaus nahezu zum Stillstand gekommen sei. Es kam zum Unfall und der Kläger wollte 50% seines Schadens ersetzt bekommen.
Das LG Saarbrücken ist der Überzeugung, dass der Vorausfahrende eine Vollbremsung vorgenommen hat.
Nach Auffassung des Landgerichts hat er dadurch den nachfolgenden Verkehr besonders gefährdet, denn damit müssen die Fahrzeuge hinter ihm nicht rechnen. Allerdings erschüttere diese Vollbremsung den Anscheinsbeweis nicht vollends. Dem Kläger sei vorzuwerfen, dass er den Sicherheitsabstand nicht eingehalten habe. Starkes Abbremsen sei nicht ein komplett atypischer Verlauf, der den Anscheinsbeweis vollständig widerlege. Weil er den Sicherheitsabstand nicht vollends eingehalten hatte, müsse für den Unfall zur Hälfte mithaften. Die Klage auf die 50% des Schadens sei somit erfolgreich.
Nach Auffassung der DAV-Verkehrsrechtsanwälte fällt der Anscheinsbeweis aber beispielsweise gänzlich weg, wenn der Vorausfahrende bei grüner Ampel stark abbremst. Letztlich komme es auf den Einzelfall an.