Das Landgericht Coburg hat am 24.09.2020 zum Aktenzeichen 15 O 68/19 entschieden, dass der Verkäufer eines gebrauchten Kraftfahrzeuges den potentiellen Käufer auch dann ungefragt auf bekannte Mängel oder frühere Unfallschäden hinweisen muss, wenn der Schaden fachgerecht repariert wurde.
Aus der Pressemitteilung des LG Coburg Nr. 5/2020 vom 29.12.2020 ergibt sich:
Der Kläger hatte im Jahr 2018 vom Beklagten einen damals sieben Jahre alten Pkw mit einer Laufleistung von 122.000 km zum Preis von 10.500 Euro gekauft und hierbei auch einen Gewährleistungsausschluss vereinbart. Zugleich hatte der beklagte Verkäufer dem Kläger jedoch zugesichert, dass das Fahrzeug keinen Unfallschaden erlitten habe, solange es im Eigentum des Beklagten war und dass mit Ausnahme eines Schadens an der Frontstoßstange keine weiteren Beschädigungen vorlägen. In der Folgezeit wurde der Pkw nach einem Unfall des Klägers begutachtet. Dabei wurden verschiedene unreparierte und auch reparierte Vorschäden festgestellt. Tatsächlich war das Fahrzeug schon vor dessen Erwerb durch den Beklagten, dem späteren Verkäufer, bei einem Unfall beschädigt worden und musste für mehr als 5.000 Euro repariert werden. Daraufhin hat der Kläger den Kaufvertrag angefochten und die Rückzahlung des Kaufpreises verlangt. Er behauptete, der Verkäufer habe das Fahrzeug von seinem Bruder gekauft und sei in dem ihn betreffenden Kaufvertrag auf einen reparierten Unfallschaden hingewiesen worden. Der Beklagte berief sich darauf, die Unfallfreiheit des Fahrzeuges nur für die Zeit seines Besitzes zugesichert zu haben. Zu der Frage, ob der Beklagte von dem Unfall des Fahrzeuges während der Besitzzeit seines Bruders wusste, machte der Beklagte teilweise widersprüchliche Angaben. Außerdem sei der Schaden repariert worden und der Kläger hätte ausreichend Gelegenheit zur Besichtigung des Pkw vor dem Kauf gehabt. Eine arglistige Täuschung durch das Verschweigen des Unfallschadens stritt der beklagte Verkäufer ab.
Das LG Coburg hat der Klage überwiegend stattgegeben.
Nach Auffassung des Landgerichts stellt das Verhalten des Beklagten eine arglistige Täuschung dar. Für den Verkäufer eines gebrauchten Kraftfahrzeuges bestehe die Verpflichtung, den potentiellen Käufer auch ungefragt auf bekannte Mängel oder frühere Unfallschäden hinzuweisen, selbst dann, wenn der Schaden bereits fachgerecht repariert wurde. Eine Ausnahme gelte nur für sog. Bagatellschäden, also ganz geringfügige äußere Schäden, beispielsweise im Lack. Angesichts der Reparaturkosten von mehr als 5.000 Euro liege eine solche Ausnahme hier jedoch nicht vor, so dass eine Aufklärung des Klägers über diesen Unfallschaden auch geboten war. Weil dem Beklagten aber dieser frühere Unfallschaden auch tatsächlich bekannt war, handelte er auch arglistig, als er den Käufer nicht darüber informierte. Dafür sei es ausreichend, dass es der Verkäufer zumindest billigend in Kauf nehme, dass der Käufer bei wahrheitsgemäßer Information den Vertrag nicht oder jedenfalls nicht mit diesem Inhalt oder zu diesem Preis geschlossen hätte.
Die Vertragsanfechtung des Klägers war damit wirksam und der Kaufvertrag war rückgängig zu machen. Der beklagte Verkäufer musste deshalb das Fahrzeug zurücknehmen und den Kaufpreis an den Kläger zurückzahlen. Hierbei war jedoch ein Abzug für die vom Kläger zwischenzeitlich gefahrenen fast 20.000 Kilometer im Wege des sog. „Vorteilsausgleichs“ vorzunehmen, ein Betrag von knapp 2.700 Euro. Außerdem wurde der Beklagte zur Zahlung von Zinsen und den Rechtsanwaltskosten des Klägers verurteilt.
Das Urteil ist rechtskräftig.