Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hat über vier arbeitsrechtliche Entscheidungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie informiert.
Aus der Pressemitteilung des DAV vom 19.03.2021 ergibt sich:
Kein Gesichtsschutzschirm statt Mund-Nasenschutz
Eine Flugsicherheitsassistentin wollte an ihrem Arbeitsplatz am Flughafen statt eines Mund-Nasen-Schutzes (MNS), wie es ihr Arbeitgeber vorsah, einen Gesichtsschutzschirm tragen. Sie argumentierte, ein MNS sei ihr aus gesundheitlichen Gründen nicht zuzumuten.
Im Verfügungsverfahren gab das Gericht dem Arbeitgeber Recht. Dieser sei verpflichtet, Arbeitnehmer ebenso wie Flughafen-Publikum vor dem Corona-Virus zu schützen. Ein MNS schütze besser als ein Gesichtsvisier. Die Frau habe nicht glaubhaft machen können, dass sie aus gesundheitlichen Gründen keinen MNS tragen könne.
ArbG Berlin, Urt. v.15.10.2020 – 42 Ga 13034/20
Mindestens Gesichtsvisier bei Tätigkeit mit Publikumsverkehr
Ähnlich entschied das Arbeitsgericht Siegburg. In diesem Fall hatte der Arbeitnehmer, der in einem Rathaus tätig war, auch das Tragen eines Gesichtsvisiers abgelehnt und ein entsprechendes ärztliches Attest vorgelegt.
Um ein Gesichtsvisier kam der Mann jedoch nicht herum. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers erstrecke sich auch auf die nach Arbeitsschutzvorschriften notwendigen Schutzmaßnahmen, erläuterte das Gericht. Er könne und müsse die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung im Betrieb daher über sein Direktionsrecht umsetzen. Mit Blick auf den öffentlichen Publikumsverkehr und die im Haus beschäftigten Mitarbeiter habe er ein erhebliches Interesse daran, dass niemand sich im Rathaus ohne eine Mund-Nase-Bedeckung oder Gesichtsvisier bewege. Der Arbeitgeber habe den Mitarbeiter zu Recht angewiesen, außerhalb seines eigenen Büros zumindest ein Gesichtsvisier zu tragen.
ArbG Siegburg, Urt. v. 16.12.2020 – 4 Ga 18/20
Homeoffice statt Änderungskündigung
Das Unternehmen hatte der langjährigen Mitarbeiterin eine Änderungskündigung ausgesprochen. Es plante, unter anderem den Berliner Standort zu schließen und bot der Frau an, in der Wuppertaler Zentrale zu arbeiten. Diese hielt die Kündigung für sozial ungerechtfertigt. Selbst wenn der Arbeitgeber wie behauptet fünf Niederlassungen einschließlich derer in Berlin schließen würde, hätte sie die Möglichkeit, zu Hause zu arbeiten.
Das Gericht gab der Frau Recht. Es sei die unternehmerische Entscheidung ihres Arbeitgebers, den Standort Berlin zu schließen. Bei den konkreten Folgerungen daraus habe er sich allerdings auf das mildeste Mittel zu beschränken. Im vorliegenden Fall sei das die Arbeit von zu Hause aus.
Das häusliche Arbeiten durch elektronische Vermittlung sei in dem Unternehmen bereits durchaus üblich. Angesichts der nunmehr deutlich stärkeren „Verbreitung elektronischen Arbeitens von zu Hause aus durch die Corona-Krise erscheine das Verhalten der Beklagten als aus der Zeit gefallen und letztlich willkürlich“.
Gegen die Entscheidung wurde Berufung beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt.
ArbG Berlin, Urt. v. 10.08.2020 – 19 Ca 13189/19
Lehrer muss unterrichten
Ohne Erfolg blieb der Eilantrag eines Lehrers, keinen Präsenzunterricht geben zu müssen. Der Mann unterrichtet an einer Berufsschule mit Förderunterricht. Der 62-jährige war der Meinung, das gesundheitliche Risiko sei zu hoch für ihn.
Die Schulen hätten einen Ermessensspielraum, wie sie den Gefahren der Corona-Pandemie begegnen wollen, so das Gericht. Es sei nicht Aufgabe der Gerichte, vorab zu entscheiden, welcher Lehrer wie eingesetzt werden könne. Der Lehrer hatte argumentiert, es bestehe kein Interesse an seinem Präsenzunterricht. Das konnten die Richter nicht nachvollziehen, da er benachteiligten Schülern Förderunterricht erteile. Diese Schüler stammten in der Regel nicht aus Akademikerhaushalten, wo sie problemlos Internetzugang und Unterstützung durch ihre Eltern hätten.
ArbG Mainz, Urt. v. 10.06.2020 – 4 Ga 10/20