Das Landesarbeitsgericht Köln hat mit Urteil vom 05.10.2023 zum Aktenzeichen 6 Sa 152/22 entschieden, dass wenn nach der Beweisaufnahme feststeht, dass der bis zuletzt bestreitende Arbeitnehmer Schmiergeld entgegengenommen hat, der eingetretene Schaden geschätzt werden muss und der zu schätzende Betrag nicht auf einen Mindestschaden begrenzt ist. Es gibt keinen Grund, einen Schädiger auf diese Weise zu privilegieren, insbesondere den pflichtwidrig schweigenden Täter, der entgegen der Wahrheitspflicht aus § 138 Abs. 1 ZPO seine Täterschaft bestreitet.
Wenn der Arbeitnehmer im Rahmen seiner arbeitsvertraglichen Aufgaben eine Geschäftsanmaßung begeht, indem er Schmiergeldzahlungen annimmt, dann steht der Arbeitgeberin grundsätzlich in Höhe der Schmiergeldzahlungen ein Herausgabeanspruch zu.
Nach § 667 BGB umfasst die Herausgabepflicht „alle“ für den Beauftragten persönlich bestimmten Vorteile. Der Nachweis eines Schadens ist nicht erforderlich.
Die Parteien streiten um Auskunfts-, Herausgabe- und Schadensersatzansprüche. Dabei steht der Vorwurf der Klägerin gegenüber den beiden Beklagten im Raum, sie hätten in der Zeit von Beginn des Jahres 2010 bis zum Jahre 2014 Schmiergeld entgegengenommen.
Wegen des hier streitigen Sachverhalts ist der Beklagte zu 1 wegen Bestechlichkeit zu 1,5 Jahren auf Bewährung verurteilt worden. Aufgrund der von Seiten der Staatsanwaltschaft und von Seiten des Beklagten zu 1 eingelegten Revision ist die Entscheidung noch nicht rechtskräftig. Rechtskräftig ist demgegenüber das Urteil bezüglich des Beklagten zu 2. Er wurde freigesprochen.
Die Klägerin ist eine Wohnungsgenossenschaft. Sie verwaltet knapp 1.200 Wohnungen und knapp 300 Garagen. Die Genossenschaft hat gut 1.600 Mitglieder.
Der Beklagte zu 1 ist seit dem Jahre 1993 bei der Beklagten beschäftigt. Zunächst wurde er als Hausmeister eingestellt. Seit dem Jahre 2002 und bis zuletzt war er als Leiter des Bereichs Technik tätig. Zu seinen Aufgaben gehörte u.a. die Schadensmeldung, die Modernisierung/Neubau, die Badmodernisierung sowie die laufende Instandhaltung. Dem Kläger standen aus diesem Arbeitsverhältnis und aus einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis seiner Ehefrau insgesamt monatliche Bezüge in Höhe von 2.900,00 EUR zur Verfügung. Die im streitgegenständlichen Zeitraum erfolgten erheblichen Bareinzahlungen auf das Konto des Beklagten zu 1 und auf das Konto seiner Ehegattin lassen sich mit diesen monatlichen Bezügen nicht erklären. Nach dem Wortlaut einer zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung endete das Arbeitsverhältnis aufgrund einer Kündigung der Beklagten vom 20.02.2020 zum 15.05.2020. Die Zahlung einer Abfindung wurde nicht vereinbart. Nach den Feststellungen der 7. Großen Strafkammer im besagten Urteil vom 28.12.2022 hat der Beklagte zu 1 vom Zeugen R in den Jahren 2011 bis 2014 Schmiergelder in Höhe von mindestens 143.298,00 EUR, wahrscheinlich aber deutlich mehr, entgegengenommen.
Der Beklagte zu 2, Herr M H , begann seine Tätigkeit für die Klägerin am 01.04.1992 als Auszubildender. Seit dem 01.09.2001 war er mit der kommissarischen Geschäftsleitung betraut, seit dem 01.10.2001 hatte er gänzlich die Geschäftsleitung inne. Ab dem 01.04.2004 war er Vorstandsmitglied. In dieser Funktion war er also der Vorgesetzte des Beklagten zu 1. Zuletzt erhielt der Beklagte zu 2 monatliche Bezüge in Höhe von 5.171,46 EUR. Dieser Betrag wurde jährlich 14 Mal gezahlt. Daraus errechnet sich ein durchschnittliches Bruttomonatseinkommen in Höhe von 6.033,37 EUR. Ob der Lebensstil des Beklagten zu 2 und insbesondere der von ihm betriebene Pferdehandel mit diesen Einkünften zu finanzieren ist, ist zwischen den Parteien streitig. Das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin endete am 29.02.2020 durch eine Aufhebungsvereinbarung. Im Rahmen dieser Vereinbarung einigten sich die Parteien auf die Zahlung einer Abfindung in Höhe von 195.000,00 EUR. Im Text der Vereinbarung findet sich auch eine Ausgleichsklausel. Die Parteien vertreten unterschiedliche Auffassungen über die Frage, ob diese Klausel auf die hier von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche Anwendung findet. Auch der Beklagte zu 2 war wegen des Verdachts der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr angeklagt. Er wurde jedoch mit dem bereits erwähnten Urteil der 7. Großen Strafkammer des Landgerichts Bonn vom 28.12.2022 rechtskräftig freigesprochen.
Der hier streitgegenständliche Sachverhalt wurde durch ein Geständnis des Zeugen R vom 15.11.2017 im Rahmen des gegen ihn eingeleiteten Ermittlungsverfahrens der StA Bonn – 430 Js 1215/16 – bekannt. Der Zeuge R ist der ehemalige Geschäftsführer einer inzwischen insolventen Firma mit dem Namen R + Konzeptbau GmbH. Er ist unter dem besagten Aktenzeichen mit Urteil des Amtsgerichts Bonn vom 31.08.2020 (Bl. 26 ff d.A.) wegen Steuerhinterziehung in 13 Fällen (Körperschaftssteuer, Umsatzsteuer, Einkommenssteuer) zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Diese Entscheidung ist rechtskräftig. Hintergrund der abgeurteilten Steuerhinterziehungen waren Barentnahmen aus der Firmenkasse der Firma R + Konzeptbau, die durch gefälschte Subunternehmer- und Lieferanten-Rechnungen verschleiert worden waren. Nach den Feststellungen des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und der Steuerfahndung Bonn ging das Amtsgericht Bonn unter Berücksichtigung der Einlassungen des Zeugen (und dortigen Angeklagten) Rötzel sowie unter Berücksichtigung der vorliegenden Unterlagen für die Jahre 2011 bis 2014 von Bestechungszahlungen an „die Verantwortlichen“ der Klägerin in Höhe von mindestens 1.449.844,00 EUR aus. Dieser Betrag entspricht einem Anteil von 85 % der festgestellten Barentnahmen in Höhe von 1.705.699 EUR. Der Anteil von 85 % ergab sich für die Ermittlungsbehörden und für das Amtsgericht insbesondere aus den Darlegungen des Zeugen (und dortigen Angeklagten) R . In gleicher Weise hat sich der Zeuge R auch im Rahmen eines Erörterungstermins vor dem Finanzgericht Köln (Az.: 12 K 2573/18, Bl. 1574 d.A.) geäußert.
Von diesem Geständnis des Zeugen R hat die Klägerin durch einen Antrag auf Akteneinsicht vom 02.04.2020 Kenntnis erlangt. Vorherige Anträge auf Akteneinsicht blieben ohne Erfolg. Der Zeuge R hat dort im Einzelnen berichtet, er habe in erheblichem Umfang Bestechungsgelder an den Beklagten zu 1 gezahlt, die dieser sodann mit dem Beklagten zu 2 geteilt habe. Die Praxis der Schmiergeldzahlung habe er von seinem Kollegen in der Geschäftsführung, dem Zeugen Z , übernommen. Dieser habe ihn im Jahre 2009, dem Jahr seines Ausscheidens als Gesellschafter, über die Tatsache in Kenntnis gesetzt, dass auf jede Rechnung an die Klägerin „200 – 500 EUR draufgeschrieben“ würden. Diese Praxis habe er, R , sodann übernommen. Er habe also auf jede Rechnung 200 – 500 EUR „draufgeschrieben“ und diese Beträge an den Beklagten zu 1 in bar übergeben. Die Rechnungsbeträge seien von der Klägerin an die Firma R + Konzeptbau GmbH immer erst dann gezahlt worden, wenn die Barbeträge an den Beklagten zu 1 ausgezahlt gewesen seien. Das habe für jede Rechnung gegolten. Die Höhe der Beträge sei unterschiedlich und abhängig von den Ansagen des Beklagten zu 1 gewesen. Zunächst seien es nur die besagten 200 – 500 EUR pro Rechnung gewesen, später bis zu 2.500,00 EUR. Er, der Zeuge R , sei regelmäßig unter Druck gesetzt worden mit der Ankündigung, er werde im Falle der Nichtzahlung keinen einzigen Auftrag im Bereich der Stadt B mehr bekommen. Denn – so die Ankündigung weiter – der weitere Vorstand der Klägerin, Herr T , sei in der Bonner Politik „ein hohes Tier“ und könne in der besagten Weise auf die Auftraggeber der Region einwirken. Weiter berichtete der Zeuge R in seinem Geständnis, auch in den Privathäusern der beiden Beklagten seien kostenlos Arbeiten durchgeführt worden: Für den Beklagten zu 1 seien Malerarbeiten, Arbeiten an Türen, Erstellung von Estrich und die Gestaltung von Badezimmern geleistet worden. Beide Beklagten hätten bei Fliesenarbeiten die Dienste der Firma in Anspruch genommen.
Bei den Beklagten zu 1 und 2 sind daraufhin im März 2017 (Anlage K6, Bl. 48 d.A.) Hausdurchsuchungen durchgeführt worden. Im Rahmen dieser Maßnahmen wurde bei dem Beklagten zu 1 eine Geldkassette gefunden mit einem Inhalt iHv 46.500,00 EUR sowie Unterlagen über kostspielige Möbelkäufe und andere Anschaffungen. Beim Beklagten zu 2 wurden „Belege und Gegebenheiten“ vorgefunden, die nach Auffassung der Klägerin und damals nach Auffassung der Staatsanwaltschaft auf eine Lebensführung hingedeutet hätten, die bei weitem nicht aus den bekannten Einkünften hätten bestritten werden können.
In den Jahren 2008 bis 2014 wurden von der Klägerin insgesamt 1756 Rechnungen der Firma R + Konzeptbau GmbH bezahlt. Diese Rechnungen betreffen einen Gesamtbetrag iHv 8.199.204,76 EUR.
Die Klägerin hat in erster Instanz vor dem Arbeitsgericht zur Begründung ihrer Klage vorgetragen, der Zeuge R habe an die Beklagten in den Jahren 2010 bis 2014 regelmäßig Schmiergeldzahlungen erbracht. Das ergebe sich bereits aus den Berichten der Ermittlungsbehörden und aus dem Urteil des Amtsgerichts Bonn. Die Barzahlungen an die Beklagten seien bei der Firma R + Konzeptbau GmbH buchhalterisch mit erfundenen Subunternehmer-Rechnungen und deren Begleichung durch nur angeblich erfolgte Bar-Zahlung verdeckt worden. Die Erstellung dieser Falsch-Rechnungen und die Barentnahmen aus der Firmenkasse der Firma R + Konzeptbau GmbH seien vom Zeugen R und von der Zeugin F vorgenommen worden. Regelmäßig sei das Schmiergeld dem Beklagten zu 1 in bar übergeben worden, der dann einen Teil hiervon an den Beklagten zu 2 weitergegeben habe.
Soweit sich die Klägerin mit der Klage gegen den Beklagte zu 2 gewendet hat, hat sie ihre Klage weiter mit der Darlegung begründet, der Beklagte zu 2 habe ihre Firma in- und auswendig gekannt. Er habe seine Kenntnisse zu ihrem Nachteil missbraucht. Dass der Beklagte zu 2 von den Schmiergeldzahlungen profitiert habe, ergebe sich insbesondere aus dem Geständnis des Zeugen R , in dem dieser mitgeteilt habe, dass die an den Beklagten zu 1 gezahlten Nettobeträge mit dem Beklagten zu 2 geteilt worden seien. Das sei auch plausibel, denn schon nach den Feststellungen der Ermittlungsbehörden aufgrund der Hausdurchsuchungen stehe fest, dass der Beklagte zu 2 einen Lebensstil pflege, der nicht mit seinen Einkünften aus dem Arbeitsverhältnis mit ihr, der Klägerin, bestritten werden könne.
Zur Höhe der Klageforderung hat die Klägerin unter Bezugnahme auf den steuerstrafrechtlichen Ermittlungsbericht (Anlage K 7, Bl. 51 ff) vorgetragen, der Zeuge R habe in den Jahren 2011 bis 2014 einen Betrag in Höhe von insgesamt 1.705.699,00 EUR in bar aus der Kasse der R + Konzeptbau herausgezogen. Alleine über die Firma Fliesen Gries habe er eine Summe in Höhe von 159.966,00 EUR für Bestechungszwecke generiert, über die Firma H Malerbetrieb eine Summe in Höhe von 140.690,00 EUR, über das He Baustoffzentrum in Höhe von 173.388,52 EUR, über die Firma Ti K in Höhe von 91.790,58, über die Firma S Ko in Höhe von 133.876,72 EUR und über die Firma So W B in Höhe von 262.500,00 EUR. Die Zeugin F habe der Staatsanwaltschaft Bonn eine handschriftliche Aufstellung übergeben, in der sie für die Jahre 2012 und 2013 die Barbeträge aufgeführt habe, die sie dem Zeugen R übergeben habe. Dabei habe es sich um eine Summe für den erfassten Zeitraum vom 02.04.2012 bis zum 04.11.2013 (also für gut 1,5 Jahre) in Höhe von 869.500,00 EUR gehandelt, den sie dem Zeugen R zum Zwecke der Bestechung übergeben habe. Dieser Betrag korrespondiere ohne Weiteres mit dem steuerstrafrechtlichen Ermittlungsbericht betreffend die gesamten Jahre 2012 und 2013 in Höhe von 1.089.588,00 EUR. Allein für das Projekt K straße in B sei ein Schmiergeld in Höhe von 280.000,00 EUR geflossen. Das ergebe sich aus den handschriftlichen Rechnungsentwürfen des Beklagten zu 1 (Anlage K 11 ff, Bl. 91 ff). Werde nun für die Jahre 2011 bis 2014 der Barbetrag in Höhe von 1.705.699,00 EUR zugrunde gelegt, der der Kasse der R + Konzeptbau GmbH entnommenen worden sei, und werde dieser Betrag nun unter Berücksichtigung der Angaben des Zeugen R mit 85 % als Schmiergeld berücksichtigt, so ergebe sich für den besagten Zeitraum ein Schmiergeld in Höhe von insgesamt 1.449,844,00 EUR. Die Angabe des Zeugen R , von den Barentnahmen seien ca. 85 % als Schmiergeld für die Beklagten verwandt worden, sei plausibel. Aus der von ihr vorgenommenen Akteneinsicht in die Strafakte sei ohne weiteres erkennbar gewesen, dass nach dem Ende der Geschäftsbeziehung zur Firma R + Konzeptbau GmbH das Geschäftsgebaren der Beklagten ab dem Jahre 2014 mit einer neuen Firma weiterverfolgt worden sei, nämlich mit dem Einzelunternehmen service. Auch dort seien ca. 85 % der Barentnahmen aus der dortigen Firmenkasse als Schmiergeld für die Beklagten eingesetzt worden. Dies sei ausführlich dokumentiert durch handschriftliche Aufzeichnungen der Zeugin Te über Schmiergeldzahlungen an den Beklagten zu 1 (Anlagenkonvolut K19 a bis K19 d, Bl. 316 ff), die in einem Aktenordner der Firma vor die „geschmierten“ Rechnungen geheftet gewesen seien. Diesen Ordner hätten die Ermittlungsbehörden bei weiteren Untersuchungen aufgefunden.
Werde nun weiter für das Jahr 2010, das nicht Gegenstand dieser zuletzt genannten Berechnung sei, bei 325 Rechnungen ein durchschnittlicher Bestechungsbetrag in Höhe von 400,00 EUR zugrunde gelegt, so ergebe sich für dieses eine Jahr ein zusätzlicher Betrag in Höhe von 130.000,00 EUR. Die Summe aus diesem Betrag und dem bereits ermittelten Betrag in Höhe von 1.449.844,00 ergebe den Teil der Klageforderung, der sich auf die Herausgabe des durch Schmiergeldzahlung Erlangten richte, nämlich den Teil in Höhe von 1.579.844,00 EUR.
Neben dem Anspruch auf Herausgabe des erlangten Schmiergeldes stehe ihr noch ein Anspruch auf Zahlung in Höhe von 24.132,68 EUR als Ersatz für den Schaden zu, der durch die Kosten der Aufklärung entstanden sei und der sich im Zeitraum vom 02.12.2020 bis zum 06.04.2021 um weitere 20.164,79 EUR erhöht hätte. Beide Beklagten hätten vorsätzlich, sittenwidrig und schuldhaft gegen ihre vertraglichen Pflichten verstoßen und seien daher gemäß § 826 BGB zum Ersatz des daraus folgenden Schadens verpflichtet. Der Aufklärungsschaden sei insbesondere durch die notwendige Aufklärungsarbeit durch ihren Prozessbevollmächtigten entstanden, die dieser abgerechnet und den sie bezahlt habe. Diese Aufklärungsarbeit sei notwendig geworden. Der Prozessbevollmächtigte sei ein themenbezogen spezialisierter Anwalt für Fälle wie diesen.
Gegenüber dem Beklagten zu 1 stütze sie ihre Forderung auf Schadensersatz wegen einer positiven Forderungsverletzung aus dem Arbeitsvertrag und gegenüber dem Beklagten zu 2 auf Schadensersatz wegen Verletzungen seiner Organpflichten aus dem Anstellungsvertrag. Darüber hinaus ergebe sich der jeweilige Anspruch aus § 826 BGB, aus § 823 Abs. 1 BGB und aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 266, 299 StGB. Beide Beklagten seien nach § 840 BGB als Gesamtschuldner verpflichtet. Das Vorstehende beziehe sich auf den besagten Teil der Forderung in Höhe von 1.579.844,00 EUR. Außerdem stehe ihr noch aus § 280 Abs. 1 BGB und § 826 BGB der Anspruch auf Ersatz der Kosten zu, die bei der Sachverhaltsaufklärung entstanden seien. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung sei ein Rechnungsbetrag in Höhe von 24.132,68 EUR zu begleichen gewesen, später sei ein weiterer Betrag in Höhe von 20.164,79 EUR hinzugekommen. Die Summe aus diesen beiden Beträgen und dem geltend gemachten Schaden in Höhe von 1.579.844,00 EUR finde sich im Klageantrag zu 1.
Sie gehe davon aus, dass die bisher zu Tage getretenen Schmiergeldzahlungen nur die Spitze des Eisbergs darstellten. Daraus ergebe sich die Notwendigkeit einer Stufenklage zu möglichen weiteren Geldzahlungen und geldwerten Vorteilen, beginnend mit dem Auskunftsantrag zu 2. Der Anspruch auf Auskunft ergebe sich aus dem Gesichtspunkt der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag aus §§ 666, 667 BGB.
Sie müsse weiter davon ausgehen, dass nicht nur von der Firma R+ Konzeptbau GmbH Schmiergelder an die Beklagten geflossen seien, sondern auch von anderen Auftragnehmern. Der Zeuge Re habe mit den Firmen Go und Hen zwei weitere Unternehmen benannt, gegenüber denen die Beklagten Bestechungsgelder gefordert und erhalten hätten. Hieraus ergebe sich die weitere Stufenklage beginnend mit dem Antrag zu 3. Auf ausdrückliche Nachfrage des Vorsitzenden im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht hat die Klägerin klargestellt, dass die von ihr behaupteten Schmiergeldzahlungen der Firma service in der Zeit ab dem Jahre 2015 nicht Gegenstand der Stufenklage-Anträge seien.
Der Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten zu 1 auf Herausgabe der erhaltenen Schmiergeldleistungen in Höhe von 1.579.844,00 EUR folgt aus § 667, § 687 Abs. 2 Satz 1, § 681 Satz 2 BGB sowie gleichfalls aus § 826 BGB.
Soweit die Herausgabe von Schmiergeldzahlungen in Frage steht, ist von den Grundsätzen der gefestigten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auszugehen (BAG v. 25.02.2021 – 8 AZR 171/19 – m.w.N.). Danach gilt das Folgende: Wenn der Arbeitnehmer im Rahmen seiner arbeitsvertraglichen Aufgaben eine Geschäftsanmaßung begeht, indem er Schmiergeldzahlungen annimmt, dann steht der Arbeitgeberin grundsätzlich in Höhe der Schmiergeldzahlungen ein Herausgabeanspruch zu. Vereinbarungen über die Zahlung eines Schmiergelds für die künftige Bevorzugung bei der Vergabe von Aufträgen, die Beschäftigte einer Partei heimlich mit dem anderen Vertragsteil treffen, verstoßen gegen die guten Sitten, sind im Sinne des § 687 BGB „unerlaubt“ und gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig (BGH v. 16.01.2001 – XI ZR 113/00 -; BGH v. 08.05.2014 – I ZR 217/12 -; BGH v. 18.01.2018 – I ZR 150/15 -). Für die Annahme der Sittenwidrigkeit einer Schmiergeldzahlung ist es regelmäßig gleichgültig, ob Nachteile für die Arbeitgeberin entstanden sind oder beabsichtigt waren, da bereits die Verheimlichung der Zuwendung den Sittenverstoß begründet (BGH v. 18.01.2018 – I ZR 150/15 -; Palandt/Ellenberger, BGB, § 138 Rn. 63 mwN). Nach § 667 BGB umfasst die Herausgabepflicht „alle“ für den Beauftragten persönlich bestimmten Vorteile. Der Nachweis eines Schadens ist nicht erforderlich. Vielmehr ist der Geschäftsherr des Bestochenen der Verletzte der Bestechlichkeit, denn die Entgegennahme von Sondervorteilen von einem bestimmten Wettbewerber lässt regelmäßig eine Willensbeeinflussung zum Nachteil des Geschäftsherrn besorgen. Der Anspruch auf Herausgabe der Schmiergelder dient der Kompensation für eine solche Beeinträchtigung der Interessen des Geschäftsherrn. „Schmiergelder“ werden als solche bezeichnet, weil sie erfahrungsgemäß den „Geschmierten“ in einer meist nicht mehr näher aufklärbaren Form daran hindern, die Interessen seines Auftraggebers mit der gebotenen Gründlichkeit und Zuverlässigkeit wahrzunehmen, und damit dazu führen, dass der Geschmierte auch der Interessenvertreter desjenigen wird, der die Sonderprovisionen zahlt (BAG v. 15.04.1970 – 3 AZR 259/69 -). Es spricht dabei ein den Anscheinsbeweis tragender Erfahrungssatz dafür, dass der Arbeitgeber ohne die Bestechung die dem unredlichen Angestellten zugeflossenen Mittel als zusätzliche Gegenleistung von seinem Vertragspartner vereinnahmt hätte (BGH v. 07.01.1963 – VII ZR 149/61 -; LAG Köln v. 16.11.1995 – 6 Sa 713/95 -; LAG Köln v. 31.10.2018 – 6 Sa 652/18 –; s. auch schon RG v. 20.09.1939 – II 17/39 – RGZ 161, 229-234).
Des Weiteren gibt der vorliegende Fall Anlass, insbesondere den kategorisch bestreitenden Beklagten zu 1 wie bereits in beiden Berufungsverhandlungen an die Regelung in § 138 ZPO zu erinnern, die die Feststellung der zivilrechtlichen prozessualen Wahrheit betrifft und die den Unterschied zum Ermittlungsgrundsatz in der Strafjustiz markiert:
Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
Die aus Absatz 1 folgende Wahrheitspflicht obliegt den Parteien und ihren Bevollmächtigten im Interesse einer geordneten Rechtspflege dem Gericht und dem Gegner gegenüber. Sie ist Pflicht zur subjektiven Wahrhaftigkeit im Sinne eines Verbots der wissentlichen Falschaussage und erstreckt sich auf Behauptung und Bestreiten tatsächlicher Umstände. Ein Verstoß gegen die Wahrheitspflicht ist die bewusste Behauptung unwahrer Tatsachen, ebenso das Verschweigen bekannter Tatsachen, deren Vortrag für die begehrte Entscheidung erforderlich ist, sowie das eigener Überzeugung widersprechende Bestreiten. Erkennbar unwahres Vorbringen bleibt im Rahmen der Beweiswürdigung nach § 286 ZPO unberücksichtigt. Die Pflicht zum vollständigen Vortrag im Sinne des § 138 Abs. 1 ZPO besagt, dass die darlegungspflichtige Partei keine relevanten Tatsachen unterdrücken darf, was im Grunde schon aus der Wahrheitspflicht folgt, sich aber insbesondere auf die Frage auswirkt, wie umfangreich der Gegner nach § 138 Abs. 2 ZPO zu erwidern hat. Diese Erklärungslast des Gegners nach Abs. 2 ist in Bestehen und Umfang im Übrigen davon abhängig, wie die darlegungspflichtige Partei zuvor vorgetragen hat und welche Tatsachen unstreitig sind. Die Erklärungen müssen gleichermaßen den Anforderungen des Abs. 1 folgen, sie müssen also wahr und vollständig sein. Die Verteilung der Darlegungslast zwischen der klagenden und der beklagten Partei folgt im Übrigen grundsätzlich aus der allgemeinen Beweislastregelung, der zufolge jeder, der sich auf eine ihm günstige Norm beruft, deren Voraussetzungen darlegen und beweisen muss. Dieser Grundsatz ist in den letzten Jahren zunehmend durch die Rechtsprechung des BGH zur sogenannten „sekundären Darlegungslast“ geprägt und teilweise aufgehoben worden. Ihr zufolge darf sich der Gegner der primär darlegungspflichtigen Partei nicht auf ein einfaches Bestreiten beschränken, wenn die darlegungspflichtige Partei außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufes steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, während der Prozessgegner sie hat und ihm nähere Angaben zumutbar sind (BGH v. 01.12. 1982 – VIII ZR 279/81 -, BGH v. 14.06.2005 – VI ZR 179/04 -). In diesen Fällen kann vom Prozessgegner im Rahmen des Zumutbaren das substantiierte Bestreiten der behaupteten Tatsache unter Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt werden (BGH v. 17.01.2008 – III ZR 239/06 -). Genügt er dem nicht, ist der gegnerische Vortrag gemäß Abs. 3 als zugestanden anzusehen (hierzu und mit weiteren Nachweisen: Greger in Zöller, Zivilprozessordnung, § 138 ZPO, Rn. 7 ff). Ein Bestreiten mit Nichtwissen ist nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 138 Abs. 4 ZPO nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind. Nicht nur ist dieses Bestreiten mit Nichtwissen für einen Schmiergeldempfänger ausgeschlossen. Aus der Regelung ergibt sich vielmehr eine gesteigerte Darlegungspflicht. Sie bringt nämlich das Prinzip der Sachkenntnis und Tatsachennähe zum Ausdruck: je näher eine Partei einem streitigen Sachverhalt ist und je eher der Sachverhalt zwar in der Wahrnehmung der Partei, nicht aber in der des Gegner steht, umso höher ist der Anspruch an die Darlegung der sachnäheren Partei.
Für die hier zu beantwortende Frage, ob Schmiergeldabreden vorliegen oder nicht, ob also eine unerlaubte Fremdgeschäftsführung oder erlaubte Eigengeschäfte angenommen werden können oder nicht, gilt nach dem Vorgesagten das Folgende: Die Klägerin, die die Existenz einer sie in sittenwidriger Weise schädigenden Schmiergeldabrede behauptet und deshalb einen Herausgabeanspruch aus § 667 BGB geltend macht, trägt grundsätzlich die volle Darlegungs- und Beweislast für alle Anspruchsvoraussetzungen (Luckey in Baumgärtel/Laumen/Prütting, HdB der Beweislast, Schuldrecht BT III, § 826 Rn. 1; MüKoBGB/Wagner, BGB, § 826 Rn. 51 mwN; Staudinger in HK-BGB, § 826 Rn. 12). Dabei ist wie hier zu berücksichtigen, dass sich in Fällen dieser Art nur ausnahmsweise eine ausdrückliche Verabredung der Beteiligten oder eine ausdrückliche Zusage zur Zahlung von Schmiergeldern feststellen lassen wird. Schmiergeldzahlungen können ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie geheim bleiben. Die an einer Schmiergeldabrede Beteiligten machen sich strafbar und riskieren im Falle ihrer Offenlegung eine Strafverfolgung. Eine Klägerin, die Ansprüche wegen einer behaupteten Schmiergeldabrede geltend macht, genügt ihrer Darlegungslast daher, wenn sie ausreichende Anhaltspunkte dafür vorträgt, dass eine derartige Vereinbarung getroffen worden ist (vgl. BGH v. 13.07.2004 – VI ZR 136/03 -). Der Beklagte seinerseits muss mit seinem Vortrag diese Anhaltspunkte erschüttern und – seiner Sachnähe gemäß – vollständig und umfassend zu den Gründen der an ihn geflossenen Beträge vortragen.
Nach den vorgenannten Grundsätzen ergibt sich aus den Darlegungen der Klägerin, aus den vorgelegten Dokumenten und aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme, dass der Beklagte zu 1 mit dem Zeugen Rötzel eine Schmiergeldvereinbarung getroffen hatte und dass er auf der Grundlage dieser Abrede in den Jahren 2010 bis 2014 Schmiergelder erhalten hat. Er ist daher dem Grunde nach zur Herausgabe der erhaltenen Schmiergelder an die Klägerin verpflichtet (1.). Zur beantragten Höhe des Herausgabeanspruchs war der Beklagte zu 1 verpflichtet, sich wahrheitsgemäß und vollständig einzulassen. Das hat er nicht getan. Die von der Klägerin ihrer Schätzung zugrunde gelegten konkreten Anhaltspunkte gelten somit gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als wahr (2.).
Dass eine sittenwidrige Schmiergeldabsprache zwischen dem Beklagten zu 1 und dem Zeugen R dem Grunde nach vorlag und dass auf Absprache hin Schmiergeld geflossen ist, ergibt sich vor allem aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme.
Zu Beginn der Beweisaufnahme wurde der Zeuge R zur Frage vernommen, ob es zwischen ihm bzw. seiner Firma einerseits und den Beklagten andererseits eine Schmiergeldvereinbarung gegeben habe.
Der Zeuge R hat auf die Aufforderung hin, zum Thema Schmiergeldzahlungen zusammenfassend vorzutragen, bekundet, am Anfang sei alles vom Zeugen Z ausgegangen. Da habe er noch gar nicht Bescheid gewusst, dass das so laufe. Herr Z habe ihm dann gesagt, pro Auftrag bekomme die Klägerin Geld und das müsse man vom Konto runternehmen. Mit dem Beklagten zu 1 habe es in diesem Sinne eine Schmiergeldvereinbarung gegeben. Der Zeuge Z sei damals noch Teilhaber der Firma gewesen, später sei er dann wegen persönlicher finanzieller Probleme als Gesellschafter ausgeschieden; ansonsten sei er weiterhin für die Gesellschaft tätig geworden.
Manchmal habe er schon schlucken müssen, aber die Firma habe ja acht Angestellte gehabt und irgendwie habe das alles ja funktionieren müssen. An den konkreten Umfang, also die Höhe der Zahlungen könne er sich jetzt nicht mehr erinnern, auch wenn er ausdrücklich auf die Behauptung der Klägerin angesprochen werde, im Rahmen des Bauprojekts K straße im Dezember 2013 sei ein Betrag in der Größenordnung zwischen 280.000,00 € und 290.000,00 € als Bestechungsgeld an den Beklagten zu 1) geflossen. Er habe damals erhebliche Probleme mit Scheidung und Familie gehabt. Er könne sich jedenfalls daran erinnern, dass eine hohe Summe geflossen sei. Er wisse im Übrigen nur, dass es zweimal im Monat einen Rechnungslauf gegeben habe und dass dann entsprechend Geld ausgezahlt worden sei.
Es habe Listen gegeben, wo in der ersten Spalte die echten Preise aufgeführt worden seien, also die Preise, die seine Firma habe fordern wollen; in der zweiten Spalte habe sich dann ein höherer Preis gefunden und das sei der Preis gewesen, den er und seine Firma der Klägerin in Rechnung gestellt hätten. Die Differenz zwischen den beiden Spalten stelle dann den Betrag dar, der als Schmiergeld geflossen sei.
Das Ganze habe dann buchhalterisch glattgezogen werden müssen, um eine Barentnahme zu rechtfertigen. Dafür seien Fake-Rechnungen von Kunden- und Partnerunternehmen erstellt worden. Dazu müsse er aber sagen, dass er reiner Handwerker sei und dass er sich mit den buchhalterischen Angelegenheiten damals nicht befasst habe.
Auf den Hinweis des Gerichts, dass die Glaubhaftigkeit seiner Bekundungen eingeschränkt sei, weil er steuerrechtlich besser dastehe, wenn er weniger Geld von den Barbeträgen als für sich behalten darstelle, als tatsächlich geschehen, bekundete der Zeuge, man möge ihm glauben: er sei am Existenzminimum; er säße nicht hier sondern auf Hawaii, wenn er tatsächlich mehr Geld für sich behalten hätte.
Wenn ihm seine damalige Erklärung (Bl. 47 d.A.) vorgehalten werde, der zufolge er im Zusammenhang mit den Schmiergeldzahlungen mit dem Beklagten zu 2 gesprochen habe, könne er sich jetzt an solche Gespräche nicht mehr erinnern.
Mit der Zeit sei ihm das alles zu viel geworden, das ständige Telefonieren, das Geldabgeben etc. Er habe sich dann gesagt, „ich mach das nicht mehr“. Und dann sei es zu einem Treffen gekommen, nach seiner Erinnerung in der Sudetenstraße, da habe es einen Streit gegeben und dann habe ihm der Beklage zu 1 gedroht, man werde ihn fertigmachen; und so sei es ja dann auch gekommen. Kurze Zeit später sei er mit der Firma in der Insolvenz gelandet. Für einen „Rachefeldzug“ habe er keinen Anlass gesehen; das alles sei halt kacke gelaufen.
Wenn er nun gefragt werde, an wen denn nun die insgesamt vom Firmenkonto abgehobenen 1,7 Mio. EUR geflossen seien, könne er sagen, dass das Geld von der Zeugin F abgehoben worden sei, manchmal auch von ihm selbst. Das Geld sei dann an die Klägerin gegangen oder an die Nachunternehmen, die die Fake-Rechnungen geschrieben hätten, auch an die Mitarbeiter draußen und ein bisschen habe er auch für sich behalten. Wenn er nach der Größenordnung gefragt werde, könne er nur sagen, dass er ja für die 15 % verurteilt worden sei und dass er das damals auch so behauptet habe. Aus heutiger Perspektive würde er sagen, dass das ein geringerer Betrag gewesen sein müsse, den er für sich behalten habe. Er habe ja dann auch wie gesagt noch Geld rausgegeben an die Nachunternehmer und die Mitarbeiter draußen. Von den Nettoabhebungen seien auch sonstige Anschaffungen finanziert worden, z. B. der Sohn von Frau F habe ein Motorrad bezahlt bekommen. Der größte Teil des Geldes sei an die Klägerin geflossen. Die anderen soeben erwähnten Zahlungen seien ja kleine Beträge gewesen. Zweimal im Monat habe es einen Rechnungslauf gegeben und da seien große Beträge geflossen und von diesen Beträgen mal hier hundert, mal da hundert und mal hier für ihn zweihundert – das seien eher die kleineren Anteile gewesen. Damals habe er im Strafprozess 15 % gesagt, dafür sei er verurteilt worden; dann sei das wohl so gewesen.
Ob schon im Zeitraum vor 2010 Schmiergelder geflossen seien, wisse er nicht so genau. Die Praxis habe aber schon existiert, als er selber noch nicht Teilhaber gewesen sei. Da habe der Zeuge Z schon gezahlt.
In seiner Firma habe es ein Büro mit vier Schreibtischen gegeben. Diejenigen, die dort gesessen hätten, hätten alle von den Schmiergeldzahlungen gewusst. Der Zeuge N habe es auch von Anfang an mitbekommen. Mit Sicherheit habe es auch Telefonate über Schmiergeldzahlungen gegeben, an Konkretes könne er sich aber nicht erinnern. Dass die Zeugin F Beträge in ein Buch geschrieben habe, wisse er aus dem Prozess, vorher sei ihm das nicht präsent gewesen. Er habe sich dann aber wieder erinnern können, als er die Liste im Rahmen des Strafprozesses gesehen habe.
Ob bei einer Geldübergabe der Zeuge N dabei gewesen sei, wisse er nicht mehr. Es habe auch andere Firmen gegeben, die hier prozentual was hätten abgeben müssen. Das seien kleinere Handwerksfirmen gewesen; das sei so untereinander erzählt worden. Von konkreten Prozenten sei da nicht die Rede gewesen.
An ein Gespräch mit dem Beklagten zu 2 im Zusammenhang mit dem Projekt K straße könne er sich nicht erinnern.
In der Zeit der Firma Z + habe er nichts über eine Arbeit für die Klägerin erfahren; damals noch nicht, erst als die Firma als GmbH gegründet worden sei, ging das mit der Zusammenarbeit los. Er habe die Schmiergeldpraxis vom Zeugen Z erfahren. Das sei irgendwann auf einer Baustelle gewesen, aber Genaueres wisse er jetzt nicht mehr. Wenn der Zeuge Z im Rahmen einer Vernehmung behauptet habe, er habe kein Schmiergeld gezahlt, dann sei das gelogen.
Zur Frage, ob die Rechnungen seiner Firma an die Klägerin überhöht gewesen seien, müsse er das Vorgehen wohl noch einmal zusammenfassen: Es sei tatsächlich so gewesen, dass seine Firma der Klägerin Rechnungen für Leistungen geschrieben habe, die tatsächlich erbracht worden seien, z.B. für die Beseitigung eines Schadens am Dach. Dann habe seine Firma eine Rechnung gestellt über etwas, was nicht von ihr geleistet worden sei, z.B. für die Beseitigung eines Stromschadens. Und dann sei der Nettobetrag aus dieser zweiten Rechnung vollständig an die Klägerin gegangen und dort an den Beklagten zu 1. Das sei beim Zeugen Me zuhause geschehen. Das Geld sei ihm dort in den Briefkasten geworfen worden. Diese Arbeit habe auch die Zeugin F mal gemacht oder eben auf der Baustelle sei mal ein Umschlag übergeben worden. Der Zeuge Ka habe das auch ein-, zwei-, dreimal gemacht, weil er da immer vorbeigekommen sei, wenn er nachhause gefahren sei.
Auf den Baustellen habe es für die Leute vor Ort, auch für Mitarbeiter von Subunternehmen natürlich Handgeld gegeben. So sei das auf dem Bau. Mehrarbeit sei ausgezahlt worden. Und natürlich sei auch Bargeld an Nachunternehmer geflossen. Die hätten auch für die gefaketen Rechnungen Geld haben wollen.
Zusammenfassend wolle er nochmal folgendes klarstellen: Die Firma habe zu Hochzeiten bis zu 25 Mitarbeiter gehabt. Er selbst habe nicht im Büro gesessen, er sei draußen gewesen. Er habe 14 bis 16 Stunden am Tag gearbeitet. Er habe Fliesen gelegt; er habe Estrich gezogen; er habe immer dafür gesorgt, dass die Leute ihr Geld kriegten und dass der Laden laufe. Er habe sich nicht um die Buchhaltung gekümmert und habe auch nicht aufs Konto geschaut. Er habe einfach von morgens bis abends gearbeitet. Das sei der Grund, warum er hier zu Größenordnungen oder einzelnen Beträgen nichts sagen könne.
Beim Zeugen Ka sei er sich ganz sicher, dass dieser mal auf seine Anweisung Geld überreicht habe. Bei der Zeugin F sei er sich ausnahmsweise auch ganz sicher. Aber wenn Frau F jetzt sage, dass das nicht so gewesen sei, dann wisse er es auch nicht mehr.
Nach dem Wortlaut seiner Bekundungen hat der Zeuge R also eine Schmiergeldvereinbarung mit dem Beklagten zu 1 bestätigt und die Tatsache, dass es diese bereits im Jahre 2010 gegeben habe. Bestätigt hat er vor allem, dass die Behauptung der Klägerin, er habe hohe Beträge an den Beklagten zu 1 als Schmiergeld gezahlt, richtig sei. Zur Frage nach der Höhe der gezahlten Beträge hat er wenig beitragen können. Jedenfalls hat er aber bekundet, dass der vor dem Finanzamt für Steuerstrafsachen und vor dem Amtsgericht angegebene Anteil von 15 % der Barabhebungen, die nicht an den Beklagten zu 1 geflossen seien, eher zu hoch angesetzt gewesen sei. Er hat des Weiteren mitgeteilt, dass er die Praxis der Schmiergeldzahlungen vom Zeugen Z übernommen habe, dass also schon vor dem Jahre 2011 Schmiergelder an den Beklagten zu 1 geflossen seien.
Der Zeuge war weitgehend glaubwürdig und seine Bekundungen waren glaubhaft. Zwar handelt es sich beim Zeugen R um einen verurteilten Straftäter, dessen Verurteilung gerade im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Sachverhalt erfolgt ist; zwar hat der Zeuge R aus steuerrechtlicher Sicht ein Motiv, den Anteil des durch Falschrechnungen generierten Bargeldes, den er nicht als Schmiergeld geleistet haben will, möglichst gering zu halten. Auch tragen die Geschichten, die er offensichtlich Dritten erzählt hat, er sei früher als Zuhälter tätig gewesen und er habe längere Zeiten „im Knast“ verbracht nicht zu seiner Glaubwürdigkeit bei. Für die Beweisfrage (sinngemäß: wurde Schmiergeld gezahlt und wenn ja, wieviel?) waren diese vorgenannte Tatsachen aber nicht geeignet, die Glaubwürdigkeit des Zeugen in Frage zu stellen. Die strafrechtliche Verurteilung als solche hat diesbezüglich wenig Aussagekraft; relevant ist vielmehr, dass der Zeuge vor dem Finanzamt und dem Amtsgericht geständig war und sich nicht – wie der Beklagte zu 1 im vorliegenden Berufungsverfahren – auf kategorisches Bestreiten beschränkt hat. Die ihm drohende Steuerlast im Zusammenhang mit seinem Geständnis, insbesondere in Abhängigkeit der mitgeteilten Höhe des nicht als Schmiergeld geleisteten Anteils der Bargeldzahlungen hat ebenfalls keine Auswirkungen auf seine Glaubwürdigkeit. Die sich aus den Steuerermittlungen und dem amtsgerichtlichen Urteil ergebenden Zahlungsverpflichtungen reichen ohnehin an eine wirtschaftliche Existenzvernichtung heran. Die Angabe von zwanzig Prozentpunkten mehr oder weniger, hätten für den Zeugen qualitativ keine Auswirkungen gehabt. Die Bemerkungen „ich säße nicht hier, sondern auf Hawaii, wenn ich mehr Geld genommen hätte“ oder „damals konnte ich mir noch einen Anwalt leisten“ kamen spontan und authentisch. Sie wirkten nicht vorbereitet oder eingeübt, genauso wie die lakonische Bemerkung „ist halt kacke gelaufen“. Schließlich sprechen auch die vom Zeugen R Dritten gegenüber erzählten – offensichtlich unzutreffenden – Geschichten über Erfahrungen aus dem „Milieu“ und aus dem Strafvollzug nicht gegen seine Glaubwürdigkeit. Solche Geschichten mögen für eine Neigung sprechen, sich wichtig zu machen oder um sich herum eine interessante oder schillernde Aura zu schaffen. Diese Neigung zum Ausschmücken und zum Geschichtenerzählen mögen bei der Prüfung der Glaubhaftigkeit einzelner Bekundungen berücksichtigt werden, sind aber kein Anlass, an der grundsätzlichen Glaubwürdigkeit des Zeugen zu zweifeln.
Diese Bekundungen des Zeugen waren jedoch in ihrem Kern auch glaubhaft. Dies trifft zunächst für die Bestätigung der Behauptung zu, es habe dem Grunde nach eine Schmiergeldabrede gegeben. Die Glaubhaftigkeit ergibt sich hier vor allem aus der Tatsache, dass die Berichte über die Zahlungen im Kern mit den Bekundungen der anderen Zeugen übereinstimmen. Dies ist ein entscheidendes Realkennzeichen für die Annahme, dass die Bekundung erlebnisbasiert war. Aber auch zur Höhe der geflossenen Beträge ergibt sich Glaubhaftes aus den Bekundung. Auch wenn der Zeuge keine konkreten Zahlen genannt hat, handelte sich nach seiner Darstellung um sehr hohe Beträge. Zweimal im Monat habe es einen Rechnungslauf gegeben und von den dort abgehobenen Beträgen seien nur „ein paar hundert Euro“ abgezweigt worden, während der Rest an den Beklagten zu 1 gegangen sei. Zwar waren die gezeigten Erinnerungslücken auffällig und die Gesten, mit denen er diese Lücken illustrierte, aufgesetzt theatralisch (Arme heben, Handinnenflächen nach vorne). Die Kernaussage war aber gerade durch ihre Lückenhaftigkeit glaubhaft. Die Mitteilung von konkreten Zahlen nach so langer Zeit wären umgekehrt ein Zeichen für auswendig gelernte oder gar gelogene Bekundungen.
Entgegen der Auffassung der Beklagten berührt die Vereinbarung, die die Klägerin mit dem Zeugen R geschlossen hat, nicht dessen Glaubwürdigkeit oder die Glaubhaftigkeit seiner Bekundungen. Denn mit dieser Vereinbarung hat sich der Zeuge zu nichts weiter als zur Mitteilung der Wahrheit verpflichtet. Die von Seiten der Beklagten zitierte Entscheidung des Landgerichts Hamburg vom 03.08.2017 – 327 O 61/16 – hat mit dem vorliegenden Fall wenig zu tun. In der dortigen Entscheidung ging es vor allem um die gesellschaftsrechtlichen Auswirkungen eines Verzichts auf Schadensersatzansprüche gegen den ehemaligen Geschäftsführer und damit ersichtlich um einen anderen Sachverhalt mit anderen anwendbaren Vorschriften. Doch selbst wenn von der Unwirksamkeit der Vereinbarung ausgegangen werden müsste, dann wäre der Verzicht der Klägerin auf ihre Schadensersatzansprüche unwirksam, ohne dass dies eine Auswirkung auf die Glaubwürdigkeit des Zeugen hätte.
Nach dem Zeugen R ist die Zeugin F vernommen worden. Der Zeugin wurden ihre Bekundungen vor dem Finanzamt für Steuerstrafsachen vom 18.11.2016 vorgehalten (Bl. 76 d.A.) und dass sie dort das folgende mitgeteilt habe: „Hauptauftraggeber der R + Konzeptbau GmbH war die Firma GW aus B . Ansprechpartner war dort Herr Bernd Me . Im Rahmen meiner Tätigkeit habe ich mitbekommen, dass zwischen U (R ) und Be Me vereinbart worden war, dass Rechnungen an die GW überhöht ausgestellt wurden. Das zu viel erhaltene Geld wurde dann zwischen U und Be Me geteilt. Dafür musste dann auch das Kassenbuch der GmbH „frisiert“ werden. Meine Notizen zu den abgehobenen Geldern stelle ich nach Aufforderung in Kopie zur Verfügung. Diese Informationen dazu habe ich, weil ich Telefonate zwischen U (R ) und Be Me häufiger mitbekommen habe.“
Hierzu hat die Zeugin bekundet, dem habe sie nichts hinzuzufügen. Eine ausdrückliche Schmiergeldabrede habe sie nicht unmittelbar mitbekommen, sondern nur vom Hörensagen. Die Umsetzung einer solchen Vereinbarung habe sie aber gesehen. Sie habe vorher in anderen Firmen gearbeitet und deshalb könne sie sagen, dass diese Bargeldabheberei ungewöhnlich gewesen sei, dass ihr das aufgefallen sei und dass sie das gestört habe. Auf Anweisung des Zeugen R habe sie regelmäßig große Beträge bei der Bank abgehoben. Weiter habe sie auf Anweisung diese Beträge in der Buchhaltung bearbeiten müssen, dafür habe der Zeuge R dann Rechnungen gefälscht und darüber sei dann die Barkasse reduziert worden. Die von ihr erstellten Listen und hier insbesondere die Liste für das Jahr 2013 seien richtig. Allein in diesem Jahr habe sie ca. 300.000,00 EUR in bar abgehoben und dieses Geld dem Zeugen Rötzel gegeben. Die Liste habe sie eigentlich für den Zeugen R geschrieben, dann habe sie die Liste aber für sich selbst zur Sicherheit kopiert. Das sei ja eine Riesenstraftat gewesen und sie habe einfach Sicherheit haben wollen. Am Ende habe sie zwar eine Verschwiegenheitserklärung unterschrieben, aber hier vor Gericht gelte die ja nicht. Sie habe viele Telefonate zwischen dem Zeugen R und dem Beklagten zu 1 mitbekommen, natürlich nur teilweise und einseitig; aber sie sei ja nun in der Buchhaltung beschäftigt gewesen und dann habe sie sich irgendwann mal eins und eins zusammengerechnet. Es sei ihr daher klar gewesen, dass das Geld, das sie dem Zeugen R gegeben habe, von diesem weiter an den Beklagten zu 1 gegeben worden sei. Aber das sei ja alles solange her, Beträge und einzelne Daten könne sie jetzt sicherlich nicht mehr benennen. So könne sie auch nicht mehr sicher bestätigen, ob die Angaben in der Klageschrift richtig seien, denen zufolge in den Jahren 2012 und 2013 knapp 1.090.000,00 € in bar abgehoben worden seien. Bei den Telefongesprächen habe sie mitbekommen, wie cholerisch beide, also der Zeuge R und der Beklagte zu 1, gewesen seien. Da sei immer Druck ausgeübt auch auf sie, weil sie die Rechnung geschrieben habe. Teilweise seien diese Rechnungen dann auch noch geändert worden, manchmal hätten sie neu geschrieben werden müssen. Im Gespräch habe der Zeuge R immer so einen Konzeptbogen vor sich gehabt, auf dem einzelne Beträge den einzelnen Baustellen zugeordnet worden seien. Zu den Kernfragen ob nämlich Schmiergeld gezahlt worden sei und wenn ja wieviel, müsse sie sagen, dass sie bei der eigentlichen Übergabe nicht dabei gewesen sei und daher zu diesen Fragen auch nichts Konkretes sagen könne. Das Geld habe sie immer dem Zeugen R gegeben. Auf den Vorhalt, der Zeuge R habe bekundet, sie selbst sei mindestens einmal bei dem Beklagten zu 1 zu Hause vorbeigefahren und habe dort Geld übergeben, könne sie sagen, dass sie definitiv nicht an einer Geldübergabe beteiligt gewesen sei. Obwohl, wenn sie jetzt genauer nachdenke, ob da ein Umschlag war, dann könne sie das nicht mehr so genau sagen. Möglich sei, dass sie Post irgendwo eingeworfen habe. Hier und da habe sie mal einen Brief eingeworfen. Für sie sei die Arbeit für den Zeugen R tatsächlich ungewöhnlich gewesen. Sie sei einmal pro Woche zur Bank gelaufen und dann sei sie mit großen Geldbeträgen, sowas wie 20.000,00 €, durch Hennef wieder zurückgelaufen. Die Bank habe dann extra noch die Barbestände aufgestockt, denn die Leute dort hätten gemerkt, dass das so üblich werde. Der Zeuge R habe immer gesagt „Hol mir 10.000,00 € für den Me “ oder Ähnliches. Für sie sei jedenfalls vollkommen klar gewesen, dass das Geld für den Beklagten zu 1 gewesen sei.
Sie habe Rechnungen geschrieben, für Leistungen die wohl so nicht erbracht worden seien. Sie habe nicht gewusst, ob die Leute tatsächlich draußen gewesen seien, aber es seien Rechnungen gewesen, die auf Anweisung des Zeugen R habe erstellen müssen, der ihr seinerseits aber davon berichtet habe, dass die Leute nicht draußen gewesen seien, dass also die Leistung tatsächlich nicht erbracht worden sei. Das sei auch so flapsig formuliert gewesen wie „Wir waren da zwar nicht, aber wir müssen halt ne Rechnung schreiben“. Die Firma habe eine „Barkasse“ mit einem hohen Bestand gehabt. Dieser hohe Bestand habe irgendwo untergebracht werden müssen und dafür habe der Zeuge R z.B. einen ganzen Stoß von Briefpapier von der Fima He gehabt und dort habe er dann Rechnungen draufgeschrieben für Leistungen, die nicht erbracht worden seien und sie selbst habe dann unter die Rechnung geschrieben „bar erhalten“. Auf diese Art und Weise sei das Kassenbuch „heruntergeschrieben“ worden. Tatsächlich habe die Firma He gar nichts bekommen. Das Buch mit den einzelnen Zahlungseinträgen, das in der Gerichtsakte sei, folge in der Formulierung den Formulierungsvorschlägen vom Zeugen R . Bei der Liste für die Jahre 2012 und 2013 handele es sich um Eintragungen, die von ihr so vorgenommen worden seien, wie der Zeuge R das von mir verlangt habe. Das bedeute, dass nicht ohne Weiteres alle Beträge exakt mit den Beträgen übereinstimmen müssten, die sie bei der Bank abgehoben habe. Sie meine aus der Differenz könnte man dann möglicherweise sehen, was der Zeuge R für sich behalten habe, wenn es eine Differenz gegeben habe. Aber das ist nur so eine Idee. Zusammenfassend könne sie sagen, dass sie im Zeitraum von 2011 bis 2013 in der Firma tätig gewesen sei und dass in dieser Zeit tatsächlich Schmiergeldzahlungen an den Beklagten zu 1 Thema in der Firma gewesen seien.
Dem Wortlaut ihrer Bekundungen nach hat die Zeugin F zwar nicht von einer Geldübergabe an den Beklagten zu 1 berichten können. Ihre Bekundungen zum Verhalten des Zeuge R decken sich aber im Kerngeschehen mit den Bekundungen des Zeugen R selbst. Sie hat auch über Telefongespräche berichtet, die sie auf Seiten des Zeugen R miterlebt habe und deren Inhalt die Auseinandersetzung zwischen einem Geschmierten und einem Schmierenden annehmen lassen. Die Zeugin hat bestätigt, dass der Zeuge R offen über Geld für den Beklagten zu 1 gesprochen habe und sie hat detailreich beschrieben, wie in der Firma das Bargeld durch falsche Rechnungen generiert wurde. Weiter hat sie über Rechnungen berichtet, die sie der Klägerin über Leistungen gestellt habe, die – so sei ihr das jedenfalls mitgeteilt worden – nie erbracht worden seien. Sie hat von regelmäßigen Barabhebungen in beträchtlicher Höhe gesprochen in der Größenordnung von 20.000,00 EUR pro Woche. Bei 42 Arbeitswochen im Jahr entspräche dies einem Betrag in Höhe von 840.000,00 EUR. Sie hat berichtet, dass sogar die Bank hat reagieren müssen, weil die Höhe der Barabhebungen den normalen Rahmen überschritten habe.
Die Zeugin war glaubwürdig und ihre Bekundungen waren glaubhaft. Sie hat facettenreich und ohne Widersprüche ihre Wahrnehmungen mitgeteilt. Sie hat die Tatsachen bezeichnet, an die sie sich nicht mehr erinnern konnte, war aber nachvollziehbar konkret, bei der Beschreibung ihrer Erinnerungen.
Nach der Zeugin F wurde der Zeuge N vernommen. Der Zeuge N hat das folgende bekundet:
Das Thema „Schmiergeldzahlungen“ sei von der Firma Z + übernommen worden. Er wisse dazu nur das, was ihm der Zeuge R gesagt habe. Einmal sei er bei einer Geldübergabe in Ni dabei gewesen. Er habe aber im Auto sitzen bleiben müssen. Der Zeuge R habe ihm damals gesagt, der Beklagte zu 1 sei cholerisch und übervorsichtig. Das sei damals für ihn nicht überraschend gewesen. Der Zeuge R habe sich ihm gegenüber während der gesamten Zeit über die Schmiergeldzahlungen geäußert. Er habe ständig von irgendwelchen Zahlungen an die Klägerin erzählt und er habe sich auch einmal aufgeregt, weil die immer mehr hätten haben wollen. Der Zeuge R habe insgesamt viel erzählt. Er habe ihm dann auch berichtet, dass das Geld immer aufgeteilt werde an drei Leute bei der Klägerin und auf ihn. Das seien die beiden Beklagten und ein Dritter gewesen, dessen Namen er jetzt nicht mehr präsent habe. Er sei damals mit dem Zeugen R befreundet gewesen, aber wegen seines Status als Angestellter habe ihn das so richtig nicht interessiert. Natürlich sei das alles ungewöhnlich. Zahlen könne er aber nicht nennen. Am Anfang sei von 1.000,00 € pro Person die Rede gewesen. Das sei später dann aber viel mehr geworden. Bei dem Projekt in der K straße sei, nach dem was ihm gesagt worden sei, viel mehr Geld geflossen. Er sei die letzte Zeit eigentlich draußen auf den Baustellen gewesen und er habe mit dem Büroalltag nichts zu tun gehabt. Er sei auch nie für die Firma in einer Bank gewesen. Zwar habe er eine Bankvollmacht gehabt, er habe dort aber nichts veranlasst.
Die Geldübergabe in Niederkassel könne er konkretisieren. Der Zeuge R und er seien von einer Baustelle in Kö gekommen. Sie seien mit dem Auto losgefahren und der Zeuge R habe gesagt: „Ja, ich muss noch Geld beim Me vorbeibringen.“ Mann sei dann nach Ni gefahren und dort habe der Zeuge R das Auto vor dem Friedhof angehalten. Da habe auch der blaue Golf 5 von der Beklagten gestanden. Er habe dann sitzenbleiben müssen und dann sei der Zeuge R ausgestiegen und sei danach wiedergekommen. Den Zeugen Me habe er, der Zeuge N , bei dieser Gelegenheit nicht gesehen.
In der Firma seien tatsächlich falsche Rechnungen gestellt worden, also Rechnungen über Leistungen, die nicht erbracht worden seien. Es habe also durchaus passieren können, dass die Firma eine Wohnung der Klägerin renoviert habe und dann die Leistungen in Rechnung gestellt habe, die nicht erbracht worden seien.
Er habe dem Herrn R geglaubt. Das sei alles plausibel gewesen. Der Zeuge R habe auch gar keinen Anlass gehabt, ihm all das zu erzählen, wenn es sich nicht tatsächlich so zugetragen habe.
Rund um ein privates Darlehen habe es eine Störung der persönlichen Beziehung zwischen dem Zeugen R und ihm gegeben. Der Zeuge R habe ihm mal Geld geliehen. Damals sei es um einen Unterhaltstitel gegangen, aufgrund dessen dann eine Gehaltspfändung eingeleitet worden sei und sei insgesamt um einen Betrag in Höhe von 6.500,00 € gegangen. Der Zeuge R habe darauf gesagt, er werde das übernehmen; tatsächlich habe der Zeuge R auch tatsächlich gezahlt. Auf dessen Bitte sei er dann zu ihm gekommen, um einen Darlehensvertrag zu unterschreiben. Nach dem Wortlaut des Vertrages sei er aber nicht etwa über einen Kredit iHv 6.000,00 EUR geschlossen worden; vielmehr ging es dort um einen Betrag in Höhe von 40.000,00 €. Das sei also auch wieder ein Fake-Vertrag gewesen und der Zeuge R habe dazu gesagt: „Eine Hand wäscht die andere.“ Er, der Zeuge N , habe mit diesem Vertrag dann in der Insolvenz der Firma noch erhebliche Probleme gehabt. Der Insolvenzverwalter habe diese 30.000,00 EUR von ihm verlangt. Erst nach einem langen Rechtsstreit habe festgestanden, dass er die restlichen 30.000,00 € nicht habe zahlen müssen.
Nach dem Wortlaut seiner Bekundungen hat der Zeuge N bestätigt, dass es Schmiergeldzahlungen gab, und dass erhebliche Beträge vereinbarungsmäßig vom Zeugen R an den Beklagten zu 1 geflossen sind. Der Zeuge N berichtet datailreich über eine Begebenheit am Ni Friedhof, die sich im Gesamtzusammenhang als eine tatsächlich erfolgte Geldübergabe darstellt. Wie die beiden anderen Zeugen berichtet auch der Zeuge N , dass an die Klägerin Rechnungen für Leistungen gestellt worden seien, die nicht erbracht worden seien.
Auch der Zeuge N stellte sich der Kammer als glaubwürdig dar und seine Bekundungen als glaubhaft. Er reagierte auf die Fragen des Gerichts und der Prozessbevollmächtigten flüssig und widerspruchsfrei. Der Inhalt seiner Bekundungen deckte sich im Kern mit den Beschreibungen der anderen Zeugen. Es gab keinen Anlass an der Glaubhaftigkeit der Bekundungen des Zeugen zu zweifeln.
Sodann ist der Zeuge Ka vernommen worden. Der Zeuge Ka hat zum Thema Schmiergeld das folgende bekundet:
Er selbst habe das Schmiergeld häufig übergeben. Er habe in diesen Fällen ein Kuvert im Büro bekommen und damit sei er dann abends bei dem Beklagten zu 1 vorbeigefahren und dort habe er das Kuvert dann in den Briefkasten geworfen. Er habe also mitbekommen, dass er Geld überbracht habe, ob das Schmiergeld gewesen sei, habe er nicht gewusst. Wenn er allerdings gefragt werde, was es denn anderes sein könne als Schmiergeld, dann müsse er sich wohl selbst fragen: was solle es wohl anderes gewesen sein? Er habe mitbekommen, dass von den Rechnungen an die Klägerin immer erst habe Geld gezahlt werden müssen, bevor die Firma von der Klägerin überhaupt erst mal Geld bekommen habe – dann sei das wohl Schmiergeld gewesen. Explizit über „Schmiergeld“ sei in der Firma nicht gesprochen worden. Aber man habe das alles halt mitbekommen. Er habe im Büro gesessen, gegenüber habe der Zeuge R gesessen und rechts von ihm habe die Zeugin F ihren Arbeitsplatz gehabt. An dieser Stelle seien auch mal Dinge besprochen worden, die vielleicht nicht alle haben hören sollen. Er könne sich an eine Gelegenheit erinnern, bei der der Zeuge R mit einem Kuvert in der Hand zur Klägerin reingegangen und ohne Kuvert wieder herausgekommen sei. Er habe sich gedacht, der werde das Kuvert wohl nicht verloren haben. Wenn er eins und eins zusammenzähle, dann sei ja wohl klar, was da gelaufen sei. Bei der Sache mit dem Kuvert habe der Zeuge R ihn auf der Baustelle angerufen und auf dessen Bitte habe er ihn dann abgeholt. Gemeinsam seien sie zur Bank gefahren. Von dort habe der Zeuge R dann das besagte Kuvert mitgenommen. Mit diesem Kuvert seien sie beide dann zur Klägerin gefahren. Dort habe der Zeuge R die Geschäftsräume der Klägerin betreten und er habe diese – ohne Kuvert – wieder verlassen. An diese beiden Geschehnisse könne er sich sehr genau erinnern. Diese eine Tour über die Bank zur Klägerin und die andere Sache, wo er selbst den Umschlag in den Briefkasten des Beklagten zu 1 eingeworfen habe. Es habe aber noch viele andere Gelegenheiten gegeben, an die er sich jetzt aber nicht mehr konkret erinnern könne; erinnern könne er sich aber daran, dass es diese weiteren Geldübergabe-Gelegenheiten gegeben habe. Der Zeuge R habe ständig über das Schmiergeld gesprochen und er habe auch häufig gesagt: „Ich geh jetzt zur GW und bringe dem Me das Geld.“ Er habe immer nur den einen Namen gehört, nämlich den des Beklagten zu 1.
Zur Größenordnung der geflossenen Beträge könne er nichts Konkretes sagen. Aber er neige zur Schätzung, dass es um einen Anteil von 10% bis 15 % des Rechnungswertes gegangen sei, den der Zeuge R an den Beklagten zu 1 gezahlt habe. Es sei hier nicht um Geldkoffer gegangen, aber schon um regelmäßige Umschläge mindestens einmal im Monat.
Der Name des Beklagten zu 2 sei in den Äußerungen des Zeugen R durchaus gefallen denn der Beklagte zu 2 habe ja auch für die Klägerin gearbeitet; aber im Zusammenhang mit dem Geld sei der Name nicht ausgesprochen worden.
Auf intensives Befragen des Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 1 hat der der Zeuge Ka bekundet, er könne sich erinnern, dass er in einem normalen Fensterumschlag Geld bekommen habe, also dem normalen Umschlag der einem Drittel einer DIN A4-Seite entspreche und durch das Fenster habe man sehen können, dass da Geld drin gewesen sei. Er könne sich aber nicht mehr daran erinnern, welcher Geldschein vorne drin gelegen habe und er könne sich auch nicht mehr daran erinnern, wieviel Geld das insgesamt ungefähr gewesen sei. Er könne sich auch nicht daran erinnern, ob es hell oder dunkel, kalt oder warm gewesen sei. Das sei alles sehr, sehr lange her. Er wisse nur, dass es auf seinem Weg nachhause gewesen sei. Es müsse also nach Feierabend gewesen sein. Er wisse noch, dass da ein Briefkasten gewesen sei und dass es dort eine Garage gegeben habe. Mit der Garage habe später auch noch irgendwas passieren sollen, deshalb habe er die Garage noch in Erinnerung; aber ob da ein Vorgarten gewesen sei oder kein Vorgarten, ob das ein Einfamilienhaus oder ein Mehrfamilienhaus gewesen sei, das weiß ich nicht. Er habe den Brief in den Briefkasten geworfen, auf dem der Name des Beklagten zu 1 gestanden habe. Er könne lesen. Wenn sei Chef ihm sage, dass er einen Brief in einen Briefkasten einwerfen solle, dann mache er das.
Er habe das alles als schlimm empfunden und habe das dem Zeugen R auch gesagt. Da habe er vor allem das Bargeld angesprochen und dass er es vor allem als schlimm empfunden habe, dass erstmal das Geld an den Beklagten zu 1 habe gezahlt wurde müssen, bevor die Leute in der Firma ihr Geld hätten bekommen können.
Das Arbeitsverhältnis habe letztlich als Folge eines Arbeitsunfalls sein Ende gefunden. Er sei nämlich von der Leiter gefallen und habe sich ganz erheblich die Schulter verletzt. Er sei 17 Monate aus dem Job raus gewesen. Danach habe er sich dann was Anderes gesucht.
Bei den Telefongesprächen, die der Zeuge R in seiner Gegenwart geführt habe, sei ihm durchaus klar gewesen, dass es sich hier um Telefongespräche mit Herrn Me gehandelt habe, zum einen, weil der Zeuge R manchmal gesagt habe „Ach, jetzt ruft der Metz an!“ und zum anderen, weil er ja gewusst habe, um welche Baustellen es sich gehandelt habe, wenn dort am Telefon über Baustellen gestritten worden sei oder über die Bezahlung dazu. Daraus habe ohne weiteres geschlossen werden könne, welcher Gesprächspartner auf der anderen Seite gesprochen habe. Es habe viele solcher Telefongespräche gegeben.
Nach dem Wortlaut der Bekundungen des Zeugen Ka hat er selbst Geld an den Beklagten zu 1 übergeben. Er bestätigt die Bekundungen der anderen Zeugen zu den Barabhebungen, den Fake-Rechnungen, den überhöhten Abrechnungen an die Klägerin und den Kommentaren des Zeugen R . Der Zeuge Kaiser berichtet – wie die Zeugin F – auch über mitgehörte Telefongespräche, die Geldzahlungen an den Beklagten zu 1 im Hinblick auf konkrete Baustellen der Klägerin zum Gegenstand gehabt hätten. Der Zeuge Ka teilt eine von ihm geschätzte Größenordnung der Schmiergeldzahlungen mit, die deutlich in den siebenstelligen Bereich geht.
Der Zeuge Ka war glaubwürdig und seine Bekundungen waren glaubhaft. Die Glaubhaftigkeit auch seiner Bekundungen ergibt sich insbesondere aus der Übereinstimmung mit dem Inhalt der Bekundungen der anderen Zeugen.
Auch dem Beklagten zu 1 persönlich ist Gelegenheit gegeben worden zum streitigen Sachverhalt Stellung zu nehmen. Auf die an den Beklagten zu 1 persönlich gerichtete Nachfrage im Kammertermin vor der Berufungskammer äußerte sich sein Prozessbevollmächtigter, er bestreite weiterhin die behauptete Täterschaft; es bleibe dabei: der Beklagte zu 1 habe keine Schmiergelder entgegengenommen und es habe auch keine Schmiergeldvereinbarung gegeben. Die Parteien und ihre Prozessbevollmächtigten insbesondere aber der Beklagte zu 1 mit Blick auf dessen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung sind sodann auf § 138 Abs. 1 ZPO hingewiesen worden und damit auf die Tatsache, dass auch (bloß) wahrheitswidriges Bestreiten strafrechtliche Relevanz haben kann. Im Rahmen von Vergleichsverhandlungen vor der Berufungskammer im Termin vom 17.08.2023 hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 1 erklärt, er könne sich wohl eine provokante Regelung vorstellen, nämlich, dass die Klägerin auf all ihre Ansprüche verzichte und im Gegenzug werde sein Mandant die Wahrheit sagen (er wolle aber darauf hinweisen, dass hier zweifellos eine strafrechtlich relevante Untreue vorliege, indem nämlich die Klägerin eine Vereinbarung mit dem Zeugen R getroffen habe. Im Hinblick darauf habe er diesen etwas provokanten Vorschlag gemacht). Auf Nachfrage des Vorsitzenden der Berufungskammer an den Beklagten zu 1 persönlich, ob er an den Beklagten zu 2 Geld weitergegeben habe, hat der Beklagte zu 1 erklärt: „Nein.“
Nach alldem ist bewiesen, dass der Beklagte zu 1 mit dem Zeugen R eine Schmiergeldabrede geschlossen hat und dass aus der Hand des Zeugen R in die des Beklagten zu 1 Schmiergeld geflossen ist. Der Beklagte zu 1 ist daher dem Grunde nach gemäß § 667 BGB zur Herausgabe der erhaltenen Schmiergeldzahlungen an die Klägerin verpflichtet. Wegen der hiermit verbundenen sittenwidrigen Schädigung ergibt sich der Anspruch gleichfalls aus § 826 BGB. Dass bei der Klägerin ein stoffgleicher Schaden eingetreten ist, folgt nicht nur aus dem Grundsatz des Anscheinsbeweises (siehe oben Seite 22) und der Tatsache, dass der Beklagte zu 1 nichts Substantielles zur Erschütterung dieses Anscheins vorgetragen hat. Der Schaden ergibt sich vielmehr auch und erst recht aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme, nämlich der Erkenntnis, dass die Schmiergeldbeträge tatsächlich auf den eigentlich zutreffenden Rechnungsbetrag „draufgerechnet“ wurden und dass Rechnungen an die Klägerin für Leistungen gestellt wurden, die nicht erbracht worden sind.
Es ist daher auch bewiesen, dass der Beklagte zu 1 im vorliegenden Rechtsstreit die Unwahrheit gesagt hat. Er hat damit entgegen seiner Wahrheitspflicht aus § 138 Abs. 1 ZPO versucht, das Gericht zu täuschen, auf dass dieses sich über die Berechtigung der geltend gemachten Ansprüche irre, auf dass es weiter auf diesem Irrtum beruhend mit einem Urteil über das Vermögen der Klägerin verfüge, um dort einen stoffgleichen Schaden entstehen zu lassen. Welche Auswirkungen dies auf die Aussetzung seiner Strafe auf Bewährung haben kann, hat die Arbeitsgerichtsbarkeit nicht zu entscheiden.
Der Höhe nach war der nach § 667 BGB herauszugebende bzw. nach § 826 BGB als Schadensersatz zu leistende Betrag gemäß § 287 ZPO zu schätzen. Das Berufungsgericht schätzt den Betrag der Klägerin folgend auf 1.579.844,00 EUR.
Ist unter den Parteien wie hier streitig, wie hoch sich der dem Grunde nach festgestellte Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse beläuft, so entscheidet hierüber gemäß § 287 ZPO das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Die besagte Vorschrift verzichtet für bestimmte Anspruchsvoraussetzungen, die nicht den Grund, sondern den Umfang der Haftung betreffen, auf das Erfordernis des Wahrheitsbeweises nach § 286 ZPO. Bei der Bemessung der Schadenshöhe (die ohnehin oft nicht exakt vorgenommen werden kann), kann das Gericht auch zu einer Schätzung greifen (Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Auflage 2022, § 287 ZPO, Rn. 2a).
Zunächst steht die Einziehung im Strafurteil dem hier geltend gemachten Anspruch nicht entgegen. Das ergibt sich aus § 75 Abs. 2 StGB (Wirkung der Einziehung).
Der Schätzung, der zufolge der Beklagte zu 1 in den Jahren 2010 bis 2014 insgesamt vom Zeugen R einen Betrag in Höhe von 1.579.844,00 EUR als Schmiergeld erhalten hat, den er nun herausgeben muss, liegen die folgenden Erwägungen zugrunde:
Es geht nicht darum einen „Mindestschaden“ zu schätzen. Es gibt keinen Grund einen Schädiger auf diese Weise zu privilegieren, insbesondere den pflichtwidrig schweigenden. Gleichfalls ist kein Grund ersichtlich, diejenigen Barbeträge von dem herauszugebenden Betrag abzuziehen, die erst in den Jahren 2015 und 2016 vom Beklagten zu 1 auf sein Konto eingezahlt worden sind, denn nichts spricht für die Annahme, dass die vom Beklagten zu 1 eingenommenen Barbeträge nicht – zur Vermeidung von Auffälligkeiten im Zusammenhang mit verbotener Geldwäsche – Stück für Stück über längere Zeiträume eingezahlt werden. Der im Hause des Beklagten zu 1 deponierte Barbetrag spricht eher dafür, dass die eingenommenen Gelder gestreckt eingezahlt worden sind. Soweit die Klägerin Bezug nimmt auf die Rechtsprechung des BGH zur Verwertung von strafrechtlichen Geständnissen im Zivilverfahren, trägt diese Bezugnahme allerdings nicht ohne weiteres. Es geht hier nicht um ein Geständnis des Beklagten zu 1, sondern um ein Geständnis des Zeugen R .
Im Übrigen ergibt sich die Höhe des geschätzten Betrages aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme. Wie gezeigt sind bei der Schätzung alle Parameter zu berücksichtigen. Deshalb ist es nicht ausreichend, die Schätzung ausschließlich mit Blick auf die Vermögensverhältnisse und Kontostände des Beklagten zu 1 vorzunehmen. Im vorliegenden Fall ist die Betrachtung der Vermögensverhältnisse (und dort insbesondere die Barentnahmen und die Anzahl der Rechnungen) auf Seiten des schmierenden Zeugen R und der Firma R + Konzeptbau GmbH mindestens ebenso erkenntnisreich: In den Jahren 2011 bis 2014 erfolgten aus der Kasse der Firma R + Konzeptbau GmbH Barentnahmen in Höhe von 1.705.699,00 EUR. Der Zeuge R hat im Kern glaubhaft bekundet, er habe von diesem Betrag 85 % als Schmiergeld verwandt, also einen Betrag in Höhe von 1.449,844,00 EUR.
Die gleiche Schadensschätzung „85 % der Barabhebungen“ liegt nicht nur dem Urteil des Amtsgerichts Köln (Az.: 651 Ls-430 Js 21215/16-25/20) zugrunde, sondern auch dem Urteil des Finanzgerichts Köln (Az.: 12 K 2573/18).
Mit der vom Zeugen R mitgeteilten ursprünglichen Handhabung „200 – 500 EUR pro Rechnung draufgeschrieben“ und später „bis zu 2.500,00 EUR pro Rechnung“ berechnet sich eine ähnlich hohe Größenordnung. Wird die unstreitige Tatsache berücksichtigt, dass in den Jahren 2008 bis 2014 (7 Jahre) von der Klägerin insgesamt 1.756 Rechnungen an die Firma R + Konzeptbau GmbH gestellt worden sind und wird diese Zahl grob auf den Zeitraum von 2011 bis 2014 (also 5 Jahre) hochgerechnet, so ist von 1.254 Rechnungen auszugehen – wahrscheinlich sogar von weitaus mehr Rechnungen, weil die Zusammenarbeit der Klägerin mit der R + Konzeptbau GmbH im Laufe der Jahre an Intensität zugenommen hat. Wird diese Anzahl an Rechnungen multipliziert mit dem Mittel aus „200 bis 500“, also mit 350,00 EUR pro Rechnung, ermittelt sich zwar nur ein Betrag in Höhe von 1.254 x 350 = 438.900,00. Wird die Anzahl der Rechnungen aber multipliziert mit dem Mittel aus „200 bis 2.500,00 EUR“, also multipliziert mit 1.350,00 errechnet sich ein Betrag in Höhe von 1.254 x 1.350,00 = 1.692.900,00 EUR, also einem Betrag, der der Größenordnung nach dem Klageantrag entspricht.
Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass der Beklagte zu 1 lügt, wenn er behauptet, keine Schmiergeldzahlungen entgegen genommen zu haben. Ohne Erfolg macht er daher geltend, die Schadensschätzung erfolge auf der Grundlage der Bekundungen eines Kriminellen. Der besagte Kriminelle, nämlich der Zeuge R , hat im Gegensatz zum Beklagten zu 1 ein Geständnis abgelegt und sich selbst mit diesem Geständnis massiv selbst belastet. Im Rahmen des § 138 Abs. 2 und Abs. 1 ZPO wäre es der prozessualen Situation des Beklagten zu 1 möglicherweise förderlich gewesen, wenn er sich zu den Darlegungen zur Schadenshöhe – ebenfalls in Gestalt eines Geständnisses – eingelassen hätte. Da er das nicht getan hat, da er vielmehr die Entgegennahme von Schmiergeld schon dem Grunde nach wahrheitswidrig bestritten hat, gelten die von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig und damit auch der geschätzte Betrag. Bestätigt wird dies durch die Darlegung des Beklagten zu 1, die Bareinzahlungen auf seinem Konto seien auf Gönner zurückzuführen, die – offensichtlich abgesehen von seinem Vater – entweder tot oder dement sein sollen. Diese Liste erkennt die Berufungskammer als weitere Lüge des Beklagten zu 1. Einer Beweisaufnahme bedurfte es hierzu nicht. Zu einer solchen Beweisaufnahme wäre es erst gekommen, wenn vom Beklagten zu 1 Tatsachen vorgetragen worden wären, die die vorgelegte Liste andeutungsweise als plausibel hätten erscheinen lassen. Das Gegenteil ist der Fall: Allein im Jahre 2015 soll der Beklagte zu 1 nach dessen Vortrag von seinem Vater einen Betrag in Höhe von 111.000,00 EUR erhalten haben – in bar; die Mutter seiner Ex-Frau soll ihm knapp 50.000 EUR zugewandt haben – in bar; seine Tante soll ihm für die Unterstützung im Haus und Garten knapp 150.000,00 EUR gegeben haben – in bar; zwei der angeblichen Geldgeber sind verstorben, eine ist dement zwei sind alt und auf ausdrückliche Ansprache des Klägers, ob er denn wirklich wolle, dass die Kammer seine Tochter vernehme, relativiert dieser, dass das alles ja schon lange her sei. Der vorgelegten Liste fehlt jede Konkretisierung, insbesondere zu den folgenden Fragen: Wieso zahlen die angeblichen Gönner alle in bar? Woher haben die angeblichen Gönner das Bargeld? Wieso sind die meisten angeblichen Gönner tot oder dement? Wie kommt die Schwiegermutter (Mutter der Exfrau) auf den Gedanken, ihm die finanziellen Zuwendungen zu gewähren und nicht ihrer eigenen Tochter? Woher hat der Vater die finanziellen Mittel, binnen eines Jahres einen Betrag von über 100.000,00 EUR an den Sohn zu zahlen?
Schließlich bestätigt auch die Bekundung des Zeugen Ka die Größenordnung der hier geschätzten Schmiergeldzahlungen. Der Zeuge spricht nämlich nicht von einem Rechnungs-Verhältnis der aus der Barkasse entnommenen Beträge zu den Beträgen, die als Schmiergeld weitergereicht worden sein sollen. Er spricht von einer anderen Grundlage, nämlich von den Rechnungen an die Klägerin, wenn er bekundet, es sei um einen Anteil von 10 % bis 15 % des Rechnungsbetrages gegangen. In den Jahren 2008 bis 2014 sind Rechnungen in Höhe von 8.199.204,76 bezahlt worden. Wird dieser Betrag mit 15 % multipliziert so ergibt sich ein vom Zeugen geschätzter Schmiergeldanteil in Höhe von 1.230.000,00 EUR.
Nicht zuletzt spricht die Datenlage hinsichtlich der Firma service für die besagte Größenordnung. Auch dort wurde ein Anteil von ca. 80 % bis 85 % der Barentnahmen als Schmiergelder verwandt.
Soweit die Klägerin für das Jahr 2010 einen Schmiergeld-Betrag in Höhe von 130.000,00 EUR annimmt, geschieht auch dies faktenbasiert und rechnerisch vorsichtig. Die Berufungskammer schließt sich dem an. Vieles spricht dafür, dass der Kläger im Jahre 2010 einen deutlichen höheren Betrag erhalten hat. Wenn der Zeuge R für 325 Rechnungen im Jahre 2010 dem Beklagten zu 1 jeweils 400,00 EUR an Schmiergeld gezahlt hat, so ergibt sich für dieses eine Jahr der besagte zusätzliche Betrag in Höhe von 130.000,00 EUR. Wird aber der in vier Jahren von 2011 bis 2014 geflossene Betrag in Höhe von 1.449,844,00 EUR schlicht durch vier dividiert, so würde sich für jedes Jahr, also auch für das Jahr 2010, ein Durchschnitts-Schmiergeld in Höhe von 362.461,00 EUR errechnen.
Wie gezeigt bedarf es für den Herausgabeanspruch aus § 667 BGB nicht einmal eines konkreten Schadens. Ein solcher Schaden ist aber als stoffgleich – ebenfalls gemäß § 138 Abs. 3 ZPO – als eingetreten zu unterstellen, denn „draufgeschrieben“ bedeutet, dass die Klägerin in Höhe der „draufgeschriebenen“ Beträge zu viel bezahlt hat, dass also tatsächlich in dieser Höhe ein Schaden eingetreten ist. Die Behauptung des Beklagten zu 1, die Rechnungen seien nicht überhöht gewesen, hat sich im Rahmen der Beweisaufnahme als unrichtig herausgestellt. Auch hier hat der Beklagte zu 1, der neben dem Zeugen R der sachnächste Beteiligte in dem fraglichen Sachverhalt war, entgegen seiner prozessualen Obliegenheit aus § 138 ZPO geschwiegen.
Der Anspruch auf Zahlung i.H.v. von 1.579.844,00 EUR ist gemäß § 849 BGB ab dem 16.12.2014 zu verzinsen. Ausweislich der als Anlage K 16 vorgelegten tabellarischen Aufstellung über die streitgegenständlichen Rechnungen im Zeitraum 2010 bis 2014 datiert der letzte an die R + Konzeptbau GmbH täuschungs- und betrugsbedingt bewirkte Rechnungsausgleich der Rechnung vom 26.07.2014 (Belegnr. 3283) und 10.06.2014 (Belegnr. 3182) auf den 15.12.2014.