Das Landgericht Osnabrück hat mit Urteil vom 22.07.2020 zum Aktenzeichen 3 KLs 6/20 drei Männer im Verfahren um Internetkriminalität im großen Stil zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt, die in großem Umfang Verbraucher im Internet betrogen hatten.
Aus der Pressemitteilung des LG Osnabrück Nr. 47/2020 vom 23.07.2020 ergibt sich:
Das LG Osnabrück hat sein Urteil im Verfahren gegen drei junge Männer im Alter zwischen 19 und 22 Jahren aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen verkündet. Zwei von ihnen sollen in großem Umfang Verbraucher im Internet betrogen haben. Der dritte Angeklagte soll daran zum Teil beteiligt gewesen sein.
Nach den Feststellungen des Landgerichts warben die beiden Hauptangeklagten zwischen April und Oktober 2019 zunächst über das Internet vermeintliche „App-Tester“ für Banking-Apps an. Ihnen wurde vorgetäuscht, sie sollten auf Basis einer geringfügigen Nebenbeschäftigung die Banking-Apps bzw. den Service zweier Banken testen und bewerten. Sie eröffneten dazu per Video-Ident-Verfahren über das Internet Girokonten in dem Glauben, sie sollten nur den Service der Banken prüfen. Tatsächlich eröffneten sie aber reguläre Konten. Die Zugangsdaten gaben die Getäuschten nichtsahnend an die beiden Hauptangeklagten weiter.
Anschließend boten von den Angeklagten angeworbene Personen in deren Auftrag diverse Waren auf Verkaufsportalen im Internet an, ohne dass die Absicht bestand, diese tatsächlich zu liefern. In zwei Fällen wurden sogar eigene „Fake-Shops“ eröffnet. Die Käufer wurden dabei mit erheblichem Aufwand getäuscht, u.a. mit gefälschten Einkaufsquittungen für die vermeintliche Ware. Sie wurden so dazu gebracht, Vorauszahlungen zu leisten, erhielten aber keine Ware. Die Verkäufer traten dabei unter dem Namen der nichts ahnenden vermeintlichen „App-Tester“ auf. Die zuvor von diesen eröffneten Bankkonten wurden genutzt, um die Überweisungen der gutgläubigen Käufer in Empfang zu nehmen. Die Eingänge wurden dann jeweils zeitnah wieder abgehoben und in eine Kryptowährung umgesetzt. Insgesamt entstand den gutgläubigen Käufern der vermeintlichen Waren so ein Schaden in Höhe von mehr als 90.000 Euro.
Die Angeklagten hatten sich intensiv bemüht, ihre Identität im Internet durch das gewählte Vorgehen und ergänzende technische Maßnahme zu verbergen. Dies führte dazu, dass zwischenzeitlich sogar die getäuschten „App-Tester“, deren Namen für die betrügerischen Verkäufe genutzt wurden, in Verdacht gerieten. Die Angeklagten konnten jedoch nach intensiven Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Osnabrück – Zentralstelle Internet- und Computerkriminalität (Cybercrime) – und der Polizei Oldenburg – Task Force Cybercrime/Digitale Spuren – identifiziert und im Oktober 2019 im Raum Köln/Bonn gestellt werden.
Rechtlich wertete das Landgericht das Vorgehen der beiden Haupttäter als Fälschung beweiserheblicher Daten und gewerbsmäßigen Betrug in diversen Fällen. Daneben hatten sich die beiden Hauptangeklagten jeweils auch noch weiterer Straftaten schuldig gemacht. Dabei ging es u.a. um weitere Betrugstaten, Urkundenfälschung, Verstoß gegen das Waffengesetz und Fahren ohne Fahrerlaubnis. Der dritte Angeklagte hatte sich ebenfalls des Betruges in mehreren Fällen schuldig gemacht. Er sei aber nur eine Randfigur gewesen.
Das LG Osnabrück verhängte gegen die beiden Hauptangeklagten eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten bzw. eine Jugendstrafe von drei Jahren und drei Monaten. Strafmildernd wertete das Landgericht die geständigen Einlassungen der Angeklagten, durch die das Verfahren erheblich habe abgekürzt werden können. Strafschärfend berücksichtigte das Landgericht die erhebliche kriminelle Energie, die sich in dem systematischen Vorgehen der Angeklagten niedergeschlagen habe. Der dritte Angeklagten, der nur eine Nebenrolle gespielt hatte und bei Begehung der Taten erst 17 bzw. 18 Jahre alt war, wurde verwarnt. Er muss zudem 120 Stunden gemeinnütziger Dienste leisten.
Neben den Haftstrafen ordnete das Landgericht gegen die drei Angeklagten die Einziehung des Wertes des aus der Tat Erlangten an. Sie müssen demnach Beträge zwischen rund 5.000 Euro und mehr als 80.000 Euro an die Staatskasse zahlen, die dann zur Entschädigung der mutmaßlichen Opfer genutzt werden können. Darüber hinaus wurden bei den Angeklagten Luxus-Uhren und Bargeld in Höhe von ca. 35.000 Euro, Bitcoins und weitere Wertgegenstände, u.a. hochwertige elektronische Geräte, eingezogen. Diese Beträge und Gegenstände konnten keiner konkreten Straftat zugeordnet werden. Das Gesetz erlaubt aber auch in einem solchen Fall die Einziehung, solange nach Überzeugung des zuständigen Gerichts die Vermögenswerte im Ergebnis nur aus Straftaten finanziert sein können. Diese Voraussetzung sah das Landgericht hier als gegeben an.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Es kann binnen einer Woche mit der Revision zum BGH angegriffen werden.