Das Verwaltungsgericht Neustadt mit Urteilen vom 05.08.2020 zu den Aktenzeichen 5 K 1269/19.NW, 5 K 1386/19.NW, 5 K 10/20.NW und 5 K 11/20.NW hat in vier Verfahren entschieden, dass mehrere Anwohner keinen Anspruch auf Aufhebung einer Baugenehmigung für die Neuerrichtung von Mehrfamilienhäusern wegen der Nichteinhaltung der Vollgeschossbestimmung im Bebauungsplan haben, da die entsprechenden Festsetzungen nicht nachbarschützend sind.
Aus der Pressemitteilung des VG Neustadt Nr. 16/2020 vom 16.09.2020 ergibt sich:
Die Kläger sind Eigentümer von Wohnanwesen. Ihre Grundstücke grenzen an ein Grundstück an, auf dem der beigeladene Bauträger inzwischen zwei Mehrfamilienhäuser errichtet hat. Das Baugrundstück sowie die Grundstücke von zwei Klägern liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Südwest“, der ein reines Wohngebiet ausweist und eine Bebauung mit zwei Vollgeschossen (Höchstgrenze) zulässt. Die beklagte Stadt Landau hatte dem Beigeladenen im März 2016 zunächst eine Baugenehmigung für die Errichtung von zwei Mehrfamilienhäusern mit je vier Wohnungen und zwölf nicht überdachten Pkw-Stellplätzen erteilt. Nachdem der Beigeladene in der Folgezeit genehmigungsabweichend baute und sich die Nachbarn v.a. über die Höhe des Bauvorhabens beschwerten, erteilte die Beklagte mehrere Änderungsgenehmigungen. Nach den genehmigten Plänen sollte zwecks Reduzierung der Anzahl der Geschosse das Kellergeschoss mit Mineralgemisch verfüllt werden, um eine Nutzung unumkehrbar unmöglich zu machen.
Die Kläger erhoben nach erfolgloser Durchführung eines Widerspruchsverfahrens Ende 2019 bzw. Anfang 2020 Klage und machten geltend, das Bauvorhaben habe mehr als die nach dem Bebauungsplan zulässigen zwei Vollgeschosse. Hierauf könnten sie sich als Nachbarn berufen. Auch sei das zu hoch geratene Vorhaben ihnen gegenüber rücksichtslos. Die Verfüllung des Kellergeschosses verbessere die Situation nicht.
Das VG Neustadt hat die Klagen abgewiesen.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts weist das Vorhaben mit zwei Mehrfamilienhäusern keine Größe auf, die es erlauben würde, von einer gegenüber der im selben Gebiet schon vorhandenen und ähnlich dimensionierten Wohnanlagen andersartigen Nutzungsart zu sprechen. Entscheide sich die Gemeinde, wie im hier maßgeblichen Bebauungsplan geschehen, gegen eine ausdrückliche Beschränkung der Wohnungszahl, könnten Nachbarn keine zusätzliche Einschränkung der Nutzungsmöglichkeiten des Grundstückseigentums verlangen.
Die Kläger könnten auch nicht mit Erfolg geltend machen, das Bauvorhaben verstoße gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans zum Maß der baulichen Nutzung. Zwar stimme das Vorhaben in der durch die zuletzt erteilte Änderungsgenehmigung zugelassenen Gestaltung nicht mit den Festsetzungen des einschlägigen Bebauungsplans überein, denn die beiden Gebäude überschritten die dort festgelegte Anzahl der Vollgeschosse als Höchstgrenze.
Die Kellergeschosse stellten, da sie mehr als 1,40m über die Geländeoberfläche hinausragten, Vollgeschosse dar. Mit der vorgesehenen Verfüllung der Kellergeschosse der beiden Gebäude mit „Mineralgemisch“ verliere diese Gebäudeebene nicht die Vollgeschosseigenschaft. Durch nachträgliche, gewissermaßen willkürliche Veränderungen im Innern der geschaffenen Räume wie einer Verfüllung oder dem Abhängen von Decken gehe die Vollgeschosseigenschaft nicht verloren. Die Festsetzung der Vollgeschosszahl in einem Bebauungsplan betreffe nämlich in erster Linie das äußere Erscheinungsbild und die Begrenzung des Höhenmaßes eines Bauwerks.
Die Kläger hätten allerdings keinen Anspruch auf Aufhebung der Baugenehmigung wegen der Nichteinhaltung der Vollgeschossbestimmung im Bebauungsplan. Denn die Festsetzungen des maßgeblichen Bebauungsplans über das Maß der baulichen Nutzung seien nicht nachbarschützend. Das Bauvorhaben des Beigeladenen erweise sich darüber hinaus gegenüber den klägerischen Anwesen nicht als rücksichtslos. Die Abstandsflächen würden eingehalten. Besondere Umstände, die den klagenden Nachbarn ungeachtet der Gewährleistung der Grenzabstände einen Anspruch darauf vermitteln könnten, von den Auswirkungen der zweifellos massiven Neubebauung des bisher unbebauten Grundstücks im Umfeld des eigenen Anwesens verschont zu werden, seien nicht ersichtlich. Insbesondere gehe von dem Bauvorhaben keine optisch erdrückende Wirkung aus.
Gegen die Urteile kann innerhalb eines Monats nach Zustellung Antrag auf Zulassung der Berufung zum OVG Koblenz eingelegt werden.