Der Deutsche Anwaltverein (DAV) und der Anwaltverband Brandenburg kritisieren Pläne zur Schließung der Arbeitsgerichte Eberswalde und Potsdam sowie der in Senftenberg bestehenden Außenkammern des Arbeitsgerichts Cottbus und fordern die Landesregierung auf, von den geplanten Gerichtsschließungen Abstand zu nehmen.
Aus der Pressemitteilung des DAV vom 17.02.2021 ergibt sich:
Vorgesehen sind die Gerichtsschließungen in einem Gesetzentwurf des Brandenburgischen Justizministeriums zur Neustrukturierung der Arbeitsgerichtsbezirke. Die Schließungen sollen durch Gerichtstage kompensiert werden.
Die für 2023 geplante Neustrukturierung würde dazu führen, dass das fünftgrößte Bundesland nur noch über vier Arbeitsgerichtsbezirke verfügen würde. Der größte Bezirk, Neuruppin, ist dann mehr als viermal so groß wie das Saarland. Große Distanzen zwischen Rechtsuchenden und Gerichten verringern aber die Wahrscheinlichkeit, dass Bürgerinnen und Bürger ihr Recht auf dem Klageweg verfolgen. „Eine bürgernahe Gerichtsstruktur ist von elementarer Bedeutung für das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat und die Justiz – Gerichte geben mit ihrer Präsenz dem Rechtsstaat ein Gesicht“, mahnt Rechtsanwalt Dr. Frank-Walter Hülsenbeck, Präsident des Brandenburger Anwaltverbands. „Der Rechtsstaat muss auch mit kleineren Gerichten in der Fläche präsent bleiben.“
„Wer Gerichte schließt, entfernt sich nicht nur von den Rechtssuchenden“, warnt Rechtsanwältin und Notarin Edith Kindermann, Präsidentin des DAV. „Folge der Gerichtsschließungen ist ein Rückzug des Rechts aus der Fläche insgesamt – und damit eine Schwächung des Wirtschaftsstandorts Brandenburg.“
Auch der Zeitpunkt der Schließungspläne ist für Kindermann schwer nachvollziehbar: „Niemand weiß, wie lange uns diese Pandemie und ihre Nachwehen noch beschäftigen werden. Sicher ist jedoch bereits heute, dass die Erfahrungen der vergangenen Monate die Arbeitswelt auch über das Ende der Pandemie verändern – Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, Betriebsräte und Schwerbehindertenvertretungen stehen vor neuen rechtlichen Fragen. Da auch das Arbeitsgericht örtlich zuständig ist, in dessen Bezirk der Arbeitnehmer seine Arbeit gewöhnlich verrichtet, nimmt die Arbeit im Homeoffice auch bisher unzuständige Arbeitsgerichte in den Blick. Sinkende Eingangszahlen sind für die Zukunft nicht voraussehbar.“
Die geplante Einrichtung von Gerichtstagen kann die Schließung von zwei ganzen Arbeitsgerichten sowie der Außenkammern in Senftenberg nicht in ausreichendem Maße kompensieren. „Gerichtstage verfügen über keine eigenen Räumlichkeiten, keine Geschäftsstelle, keine Rechtsantragsstelle und sind oft nicht einmal telefonisch erreichbar“, erläutert Hülsenbeck.
Der Bürgermeister der Stadt Eberswalde hat bereits eine Online-Petition zum Erhalt des Arbeitsgerichts in Eberswalde gestartet.