Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat am 11.05.2020 zum Aktenzeichen 4 K 8091/19 entschieden, dass zwei nach Serbien abgeschobene serbische Staatsangehörige aus der Volksgruppe der Roma nicht vom Land Baden-Württemberg nach Deutschland zurückgeholt werden müssen.
Aus der Pressemitteilung des VG Karlsruhe vom 26.05.2020 ergibt sich:
Die 1995 bzw. 1997 geborenen Antragstellerinnen reisten 1999 mit ihren Eltern in die Bundesrepublik Deutschland ein. Nach erfolgloser Durchführung eines Asylverfahrens wurden sie seit 2003 im Bundesgebiet geduldet. Im Jahr 2006 wurden dem Vater und zwei Brüdern der Antragstellerinnen Aufenthaltserlaubnisse erteilt. Im Jahr 2019 wurde vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die im Jahr 2002 erlassene Abschiebungsandrohung hinsichtlich des Zielstaats von Bundesrepublik Jugoslawien/Kosovo in Serbien geändert und festgestellt, dass hinsichtlich der Antragstellerinnen Abschiebungsverbote nicht vorlägen. Am 27.09.2019 schob der Antragsgegner die Antragstellerinnen nach Serbien ab. Gerichtliche Eilanträge hiergegen waren abgelehnt worden. Die Antragstellerinnen machen u.a. geltend, die Abschiebung verstieße gegen Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privatlebens). Sie seien mit zwei bzw. vier Jahren in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und lebten seitdem in Deutschland. Sie hätten in den letzten 20 Jahren zahlreiche Beziehungen aufgebaut. Ihre Familie lebe in Deutschland. Sie würden kein anderes Land kennen und sprächen bzw. schrieben (fast) nur deutsch. Ihr Eilantrag hatte das Ziel, das Land Baden-Württemberg (Antragsgegner) zu verpflichten, die zwei nach Serbien abgeschobenen serbischen Staatsangehörigen aus der Volksgruppe der Roma (Antragstellerinnen) nach Deutschland zurückzuholen.
Das VG Karlsruhe hat den Antrag abgelehnt.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts kann eine irreversible Verwurzelung der Antragstellerinnen in Deutschland nicht festgestellt werden. Insbesondere sei ihre wirtschaftliche Integration eingeschränkt. Umgekehrt sei den Antragstellerinnen eine Integration in Serbien möglich, zumal sie dort über private Kontakte verfügten und Romanes sprächen. Die Antragstellerinnen hätten aufgrund ihrer immer fragilen aufenthaltsrechtlichen Stellung auch kein schutzwürdiges Vertrauen auf ein „Hierbleibendürfen“ über ihre Volljährigkeit hinaus entwickeln können.
Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Den Beteiligten können hiergegen Beschwerde zum VGH Mannheim erheben.