„Antisemitische Hetze“: Keine bildlich identifizierende Berichterstattung über Heranwachsende

06. Dezember 2024 -

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat mit Beschluss vom 21.10.2024 zum Aktenzeichen 16 W 40/24 entschieden, dass wenn ein Lied eines Rappers dahingehend verstanden werden kann, dass er den Angriff der Hamas auf Israel unterstützt und die dortige Gewaltanwendung gutheißt, eine hinreichende Tatsachengrundlage für einen Pressebericht besteht, in dem dem Musiker „antisemitische Hetze“ vorgeworfen wird. Die Veröffentlichung von Bildern ist dagegen unter Berücksichtigung u.a. seines Status als Heranwachsender und nur geringer Verbreitung seiner Lieder nicht gerechtfertigt.

Aus der Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main Nr. 68/2024 vom 06.12.2024 ergibt sich:

Der Kläger ist Rapper und nimmt die Herausgeberin einer bundesweit erscheinenden deutschen Tageszeitung im Eilverfahren auf Unterlassen verschiedener Aussagen   sowie der Verbreitung von Bildern im Rahmen eines Artikels vom Frühjahr 2024 über seine Einbürgerung „trotz antisemitischer Hetze“ in Anspruch. Das Landgericht hatte seinem Antrag zu einem geringen Teil stattgegeben und ihn im Übrigen abgewiesen. Seine Beschwerde hatte vor dem OLG zum Teil Erfolg.

Das Landgericht habe allerdings zu Recht zahlreiche Äußerungen im Zusammenhang mit der Berichterstattung über den Kläger und seiner „antisemitischen Hetze“ als zulässige Meinungsäußerung, basierend auf hinreichender Tatsachengrundlage, angesehen, an deren Verbreitung ein schützenswertes Interesse bestehe, führte der zuständige Pressesenat aus. Die vom Kläger in Social Media Beiträgen und in einem Song getätigten Aussagen könnten als Unterstützung für die Hamas bzw. als Gutheißung des Angriffs vom 07.10.2023 verstanden werden. In dem Liedtext werde u.a. betont, dass Israel der Feind sei, der an einem Samstag, dem jüdischen Feiertag überraschend angegriffen worden sei und nun wie ein waffenloses Baby weine und wie Spinnennetze weggepustet werden solle. Der Kläger könne sich aus diesen Gründen auch nicht gegen die Aussage wehren, dass seine Verwendung des sog. Tauhid-Fingers in den Zusammenhang mit einer „islamistischen Überlegenheitsideologie“ gestellt werde. Der Kläger bestreite auch nicht, den Tauhid-Finger zu zeigen.

Mit Erfolg wende sich der Kläger jedoch dagegen, als Anhänger des salafistischen Predigers Othman al-Khamees bezeichnet zu werden. Für diese Meinungsäußerung fehle es an einer hinreichenden Tatsachengrundlage. Der Kläger habe zudem einen Anspruch auf Unterlassung der Erkennbarmachung durch Bildnisse. „Eine Identifizierung ist nur dann erlaubt, wenn gerade der Name oder die Identität des Betroffenen einen eigenen Informationswert besitzen und zudem gerade hieran ein öffentliches Informationsinteresse besteht“, führte der Senat weiter aus. Bei der gebotenen Abwägung sei zugunsten der Beklagten zu berücksichtigen, dass das Thema der Berichterstattung von großem öffentlichen Interesse sei, der Kläger allein in seiner Sozialsphäre betroffen sei und sich zudem selbst in die Öffentlichkeit begeben habe. Zugunsten des Klägers sei jedoch zu werten, dass die mit der Berichterstattung verbundene Prangerwirkung mit einem erheblichen Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht verbunden sei und es sich hier um „keine in der Öffentlichkeit stehende Persönlichkeit mit Kontrast- und Leitbildfunktion handelt, sondern um einen 18-jährigen Heranwachsenden mit höherer Schutzbedürftigkeit, der sich und seine (…) Musik auf seinem Instagram-Account mit einer geringen Anzahl von Followern präsentiert“.