Das Landesarbeitsgericht Hamburg hat mit Urteil vom 11.01.2022 zum Aktenzeichen 6 Sa 6/21 entschieden, dass im Rahmen einer vertraglich auf zwei Jahre befristeten Entsendung in das europäische Ausland, bei welcher beabsichtigt ist, nach dem Ende des Entsendungszeitraumes die Tätigkeit bei der Arbeitgeberin in Deutschland wieder aufzunehmen, es sich um eine vorübergehende Verrichtung von Arbeit in einem anderen Staat i.S.d. Art. 8 Abs. 2 S. 2 ROM I-VO handelt.
Sofern beide Seiten tarifgebunden sind, ist im Falle einer solch vorübergehenden Auslandsentsendung der Entgelttarifvertrag für die Metall- und Elektroindustrie in Hamburg und Umgebung (TV Entgelt) auch für die Dauer des Entsendungszeitraumes unmittelbar und zwingend anzuwenden.
Unerheblich ist hierbei, dass der räumliche Geltungsbereich des TV Entgelt auf im Einzelnen genannte Regionen in Norddeutschland beschränkt ist.
Der entsandte Arbeitnehmer hat in Fällen zwingender Tarifbindung bei vorübergehender Auslandsentsendung auch während der Dauer der Entsendung einen Anspruch auf die tarifliche Bruttovergütung.
Sofern die Parteien im Entsendungsvertrag die Anwendung eines hypothetischen Steuerabzugsverfahrensvereinbaren, bei welchem der Arbeitgeber im Entsendungszeitraum weiterhin einen Betrag in Höhe der bei einer Weiterarbeit in Deutschland anfallenden Lohnsteuer vom Gehalt in Form der sog. hypothetische Steuer in Abzug bringt, und für den Arbeitnehmer die tatsächlich im Entsendungsland anfallende höhere oder niedrigere Steuer zahlt, handelt es sich um eine Abweichung vom TV Entgelt.
Das nach dem TV Entgelt geschuldete Bruttogehalt umfasst lediglich den Abzug tatsächlich angefallener Steuern und Sozialabgaben. Die vertragliche Vereinbarung des hypothetischen Steuerabzugsverfahren ist jedenfalls dann gem. § 4 Abs. 3 TVG als unzulässig und damit unwirksam anzusehen, wenn diese gegenüber der Regelung des Bruttogehalts nach dem TV Entgelt keinen günstigeren Regelungsinhalt aufweist.
In den vorzunehmenden Günstigkeitsvergleich ist der Umstand einzubeziehen, dass der Arbeitgeber die im Entsendungsland anfallende Steuer für den Arbeitnehmer übernimmt. Weitere dem Arbeitnehmer zustehende entsendungsbedingte Sonderzahlungen zum Ausgleichseines finanziellen Mehraufwands sind mittels eines Sachgruppenvergleichs zu berücksichtigen.
Dies gilt auch für eine sog. Mobilitätszulage, die der Erbringung der Arbeitsleistung gerade im Ausland dient und insoweit die Erschwernisse entsprechend ausgleichen soll.