Das Landesarbeitsgericht München hat mit Urteil vom 15.07.2021 zum Aktenzeichen 3 Sa 188/21 entschieden, dass eine Arbeitnehmerin, deren Leistung und Verhalten im Endzeugnis mit „gut“ bewertet worden ist, keinen Anspruch auf Bescheinigung des Bedauerns über ihr Ausscheiden, schon gar nicht auf die Steigerung „wir bedauern sehr“ hat.
Es besteht kein Anspruch darauf, dass (gute) Wünsche für die private Zukunft in die Schlussformel eines Endzeugnisses aufgenommen werden.
Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf eine bestimmte Schlussformel im Arbeitszeugnis hat.
Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 08.02.2016 beschäftigt.
Im September kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2019.
Auf Wunsch der Klägerin wurde diese ab November 2019 von der Arbeitsleistung freigestellt.
In diesem Zusammenhang erhielt die Klägerin von ihrer Vorgesetzten am 14.11.2019 eine E-Mail, die auszugsweise wie folgt lautet: „Es ist schade, dass wir uns so getrennt haben. … Ich wünsche Dir dennoch alles erdenklich Gute für die berufliche und private Zukunft und bedanke mich aufrichtig für die Zusammenarbeit über die Jahre. Hab Dich wohl und eine baldige Besserung.“
Ebenfalls am 14.11.2019 schrieb der Global Director Finance & IT an die Klägerin: „… Die Freistellung erfolgt ab dem 14. November 2019. Wir danken Ihnen für Ihre bisherige Mitarbeit.“
Das der Klägerin erteilte Arbeitszeugnis erhielt keine Schlussformel.
Die Klägerin ist der Auffassung, eine Schlussformel (Bedauern und gute Wünsche) sei allgemein üblich.
Das Weglassen der Schlussformel verstoße gegen den Grundsatz der Zeugniswahrheit.
Die Beklagte habe sich außerdem durch ihre Aussagen in der Korrespondenz vom 14.11.2019 selbst gebunden.
Das ArbG hat die Klage abgewiesen.
Die Berufung der Klägerin hat ebenfalls keinen Erfolg.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufnahme der beantragten Schlussformel.
Nach der Rechtsprechung des BAG (vgl. Urteil vom 11.12.2012 – 9 AZR 227/11 ), der sich die überwiegende Meinung in der Literatur angeschlossen hat, hat ein Arbeitnehmer schon grundsätzlich keinen Anspruch auf Aufnahme einer persönlichen Schlussformel in ein Arbeitszeugnis.
Das LAG München hat offengelassen, ob dieser Rechtsprechung zu folgen ist.
Denn jedenfalls hat die Klägerin keinen Anspruch auf eine Bescheinigung eines Bedauerns bei nur einer guten Verhaltens- und Leistungsbewertung.
Mehrere LAG haben entschieden, dass das Bedauern in eine Schlussformel bei lediglich leicht überdurchschnittlichen Zeugnissen nicht aufzunehmen ist (vgl. u.a. LAG Düsseldorf, Urteil vom 12.01.2021 – 3 Sa 800/20).
Ohne den Bedauernsausdruck wirkt das Zeugnis weder in sich widersprüchlich noch steht die Auslassung im Widerspruch zur Bewertung von Leistung und Verhalten im Übrigen, wenn dem guten Mitarbeiter, der damit keine Spitzenkraft war, nicht bescheinigt wird, dass man sein Ausscheiden bedauert.
Die Äußerung einer solchen Empfehlung wäre überobligatorisch und kann daher rechtlich nicht von dem Arbeitgeber verlangt werden.
Entgegen der Auffassung der Klägerin rechtfertigt sich die begehrte Bescheinigung des Bedauerns auch nicht aus den Schreiben vom 14.11.2019.
Unabhängig davon, dass ein Bedauern in den zwei Schreiben der Vorgesetzten keine Erwähnung findet, begründet sich eine Schlussformel mit guten Wünschen für die private Zukunft nicht aus einem widersprüchlichen Verhalten der Beklagten.
Diese Anspruchsgrundlage scheitert bereits daran, dass sich die Beklagte nicht widersprüchlich verhalten hat.
Mit dem Schreiben der Beklagten vom 14.11.2019 wird der Klägerin für die bisherige Mitarbeit gedankt, nicht aber für die private Zukunft alles Gute gewünscht.
Soweit sich die Klägerin auf die E-Mail und das Schreiben ihrer Vorgesetzten vom 14.11.2019 bezieht, mit dem der Klägerin „alles erdenklich Gute für die berufliche und private Zukunft“ bzw. „alles Gute“ gewünscht wird, übersieht sie, dass die Vorgesetzte nicht berechtigt ist, das Zeugnis zu zeichnen und insoweit für die Beklagte zu handeln.
Dies ist den gesetzlichen Vertretern der Beklagten oder den von ihr hierzu bevollmächtigten Personen vorbehalten.
Eine Selbstbindung der Beklagten konnte aufgrund der ausgesprochenen Wünsche der Vorgesetzten für die persönliche Zukunft der Klägerin deshalb nicht begründet werden.
Nach § 109 Abs. 2 Satz 1 GewO muss das Zeugnis klar und verständlich formuliert sein.
Nach der Rechtsprechung des BAG wird der Arbeitgeber hierdurch nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer persönliche Empfindungen wie gute Wünsche für die Zukunft schriftlich zu bescheinigen.
Denn das Zeugnis richtet sich nicht in erster Linie an den Arbeitnehmer persönlich, sondern dient dem Arbeitnehmer vor allem als Bewerbungsunterlage und insoweit Dritten, insbesondere möglichen künftigen Arbeitgebern als Grundlage für die Personalauswahl.
Ob der Arbeitgeber seine Empfindungen in einem primär an einen unbekannten Dritten gerichteten Zeugnis zum Ausdruck bringt, ist zuvorderst eine Frage des persönlichen Stils (vgl. BAG, Urteil vom 11.12.2012 – 9 AZR 227/11).