Das Landesarbeitsgericht Köln hat mit Urteil vom 27.01.2022 zum Aktenzeichen 6 Sa 593/21 entschieden, dass bei Vorliegen einer arbeitsvertraglichen Versetzungsklausel, die sich auf einen Umkreis von 30 km um den Wohnsitz der Arbeitnehmerin beschränkt, nach Schließung der Arbeitsstätte die Zuweisung einer Arbeit in der nächstgelegenen, aber 70km entfernten Filiale nicht vertragsgerecht ist.
Sofern die Arbeitnehmerin der Weisung der Arbeitgeberin nicht nachkommt, gilt der Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“ i.S.d. §§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 1 BGB.
Es gilt aber die Ausnahmevorschrift des § 615BGB, die die Vergütung bei Annahmeverzug des Arbeitgebers und bei Vorliegen eines Betriebsrisikos regelt.
Zur Auslösung des Annahmeverzuges ist in einem solchen Fall wie dem vorliegenden das grundsätzlich notwendige tatsächliche Arbeitsangebot der Arbeitnehmerin keine Tatbestandsvoraussetzung.
Gleiches ist auch für ein bestehendes Arbeitsverhältnis oder während einer laufenden Kündigungsfrist anzunehmen.
Der konkrete Fall ist aus struktureller Sicht vergleichbar mit einer Freistellung von der Arbeit, folglich mit einer ausdrücklichen Zurückweisung der Arbeitnehmerin.
Wenn die Arbeitnehmerin die angebotene, nicht vertragsgerechte, Beschäftigung in der 70 km entfernt liegenden Filiale nicht annimmt,ist kein böswilliges Unterlassen eines anderweitigen Verdienstes i.S.d. § 615 S. 2 BGB anzunehmen, sofern ihr Stundenlohn so gering ist und ihre Fahrtkosten so hoch sind, dass es ihr erst ab der vierten Arbeitsstunde möglich ist, über die Fahrtkosten hinaus Geld zu verdienen und die Fahrt zur entfernten Arbeitsstätte dementsprechend nicht mehr als unzumutbar zu bewertenist.