Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat mit Beschluss vom 03.05.2021 zum Aktenzeichen 13 ME 234/21 in einem Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen die Allgemeinverfügung des Landkreises Lüneburg vom 30.03.2021 über die Anordnung der Maskenpflicht für die Lüneburger Innenstadt wegen deren Rechtswidrigkeit angeordnet.
Aus der Pressemitteilung des OVG Lüneburg Nr. 34/2021 vom 03.05.2021 ergibt sich:
Der Landkreis Lüneburg erließ am 30. März 2021 eine Allgemeinverfügung, die in bestimmten Bereichen der Lüneburger Innenstadt und für alle Testzentren eine Pflicht zum Tragen einer medizinischen Mund-Nasen-Bedeckung anordnet (Amtsblatt für den Landkreis Lüneburg v. 31.3.2021, S. 78).
Gegen diese Allgemeinverfügung hatte sich eine Antragstellerin aus dem Lüneburger Umland vor dem Verwaltungsgericht Lüneburg mit einer Klage und einem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gewandt und geltend gemacht, dass es sich um keine notwendige Schutzmaßnahme handele. Eine Anordnung unabhängig von einem Inzidenzwert und ohne Befristung sei rechtswidrig. Das Verwaltungsgericht Lüneburg hatte den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 22. April 2021 abgelehnt (Az.: 6 B 41/21).
Auf die Beschwerde der Antragstellerin hat der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts die erstinstanzliche Entscheidung geändert und die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin angeordnet, da die Allgemeinverfügung rechtswidrig sei.
Mit der Anordnung einer Maskenpflicht sei der Landkreis Lüneburg über die durch § 3 Abs. 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung (im Folgenden: Corona-VO) gezogenen Grenzen hinausgegangen. Die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung an bestimmten Örtlichkeiten in der Öffentlichkeit unter freiem Himmel werde bereits unmittelbar durch § 3 Abs. 2 Satz 1 Corona-VO angeordnet. Die Landkreise und kreisfreien Städte dürften nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Corona-VO nur die Örtlichkeiten und die Zeiträume bestimmen, an bzw. in denen diese Pflicht bestehen soll.
Durch deren Bestimmung in Form einer öffentlich bekanntzugebenden Allgemeinverfügung werde nur der räumliche und zeitliche Geltungsbereich der sich bereits aus der Niedersächsischen Corona-Verordnung ergebenden Pflicht konkretisiert und die Pflicht „angeschaltet“. Der Landkreis Lüneburg habe hingegen selbst (noch einmal) eine Maskenpflicht angeordnet und sich nicht auf die bloße Bestimmung der Örtlichkeiten und der Zeiträume beschränkt. Unabhängig davon habe er entgegen den Vorgaben des § 3 Abs. 2 Satz 1 Corona-VO nicht nur „Örtlichkeiten in der Öffentlichkeit unter freiem Himmel, an denen sich Menschen entweder auf engem Raum oder nicht nur vorübergehend aufhalten“, bestimmt. Der Landkreis Lüneburg habe sich von diesen Vorgaben unzulässigerweise gelöst und nicht nur ausgewählte, enge Bereiche der Fußgängerzone Lüneburgs, sondern allein aufgrund einer erhöhten Attraktivität, eines angeblich bestehenden hohen Besuchsaufkommens und zahlreicher die Innenstadt querender Passanten nahezu den gesamten Innenstadtbereich als Örtlichkeit bestimmt. Für einzelne bestimmte Straßenzüge (Sülztorstraße, Salzstraße, Neue Sülze, Lindenstraße, Schießgrabenstraße, Am Schifferwall, Reichenbachstraße) seien die Voraussetzungen nach der Corona-VO offensichtlich nicht gegeben. Klarstellend hat der 13. Senat darauf hingewiesen, dass die auf § 3 Abs. 2 Satz 2 Corona-VO gestützte Allgemeinverfügung nicht befristet werden müsse, da sie mit Aufhebung der bereits in der Corona-VO nur befristet angeordneten Maskenpflicht ohne Weiteres gegenstands- und damit wirkungslos werde.
Die Anordnung einer Maskenpflicht durch den Landkreis Lüneburg finde auch unmittelbar in § 28 des Infektionsschutzgesetzes keine tragfähige Rechtsgrundlage. Unter Berücksichtigung der Erkenntnisse zu Infektionsgefahren bei Aufenthalten im Freien bestehe kein Anhaltspunkt dafür, dass eine nahezu den gesamten Innenstadtbereich umfassende Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung unter Berücksichtigung des tatsächlichen aktuellen Infektionsgeschehens in der Hansestadt Lüneburg überhaupt eine objektiv notwendige Schutzmaßnahme sein könnte. Jedenfalls sei die Anordnung ermessensfehlerhaft. Die in der Begründung der Allgemeinverfügung zutage tretende Auffassung des Landkreises Lüneburg, „eine dauerhafte Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung und damit die Abkehr von einem Inzidenz-Grenzwert“ sei unter Berücksichtigung des Pandemiegeschehens gerechtfertigt, bewege sich offensichtlich außerhalb der gesetzlichen Grenzen für ein hoheitliches Einschreiten. Die darüber hinaus getroffenen Anordnungen zur Maskenpflicht für alle Testzentren seien zudem hinsichtlich der örtlichen und zeitlichen Reichweite zu unbestimmt.
Der Beschluss ist unanfechtbar. Er wirkt nur zugunsten der Antragstellerin in dem konkret entschiedenen Verfahren, d.h. bis zu einer etwaigen Neuregelung durch den Landkreis ist die Maskenpflicht in ihrer gegenwärtigen Fassung von allen anderen Besuchern der von der Allgemeinverfügung betroffenen Bereiche weiter zu beachten.