Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 11.4.2024 zum Aktenzeichen 2 U 115/20 entschieden, dass wenn ein Pfandleihhaus ein Kraftfahrzeug ankauft, um es anschließend an den Verkäufer wieder zu vermieten und der Marktwert des Fahrzeugs das 5-6-fache des vereinbarten Kaufpreises beträgt, Kauf- und Mietvertrag wegen Wucher nichtig sind. Der Verkäufer kann die gezahlten Mieten zurückverlangen, ohne sich den erhaltenen Kaufpreis anrechnen lassen zu müssen.
Aus der Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main Nr. 26/2024 vom 14.05.2024 ergibt sich:
Die Beklagte betreibt bundesweit ein staatlich zugelassenes Pfandleihhaus. Ihr Geschäftsmodell ist darauf gerichtet, Kraftfahrzeuge den Eigentümern abzukaufen und sie ihnen nachfolgend gegen monatliche Zahlungen zu vermieten. Nach Ende der Mietzeit erhält die Beklagte das Fahrzeug zurück und darf es öffentlich versteigern.
Die Klägerin verkaufte ihr Fahrzeug 2020 an die Beklagte für 3.000,00 €. Der Händlereinkaufspreis lag bei rund 15.000 €, der objektive Marktwert bei mehr als 18.000,00 €. Anschließend mietete die Klägerin das Fahrzeug für 297 € monatlich zurück und übernahm die Kosten für Steuern, Versicherung, Wartung und Reparaturen. Nach Kündigung des Vertrages durch die Beklagte gab die Klägerin das Fahrzeug nicht zurück. Der Beklagten gelang es nicht, das Fahrzeug sicher zu stellen.
Auf die Klage der Klägerin hin verurteilte das Landgericht die Beklagte zur Rückzahlung der geleisteten Miete und stellte fest, dass die Klägerin ihr Eigentum an dem Fahrzeug nicht verloren hat. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte vor dem OLG keinen Erfolg.
Sowohl der Kauf- als auch der Mietvertrag seien nichtig, begründete das OLG seine Entscheidung. Sie seien als wucherähnliche Geschäfte sittenwidrig. Es liege ein grobes und auffälliges Missverhältnis zwischen Marktwert und Kaufpreis vor, da gemäß den überzeugenden sachverständigen Ausführungen der Marktwert des Fahrzeugs über dem 5-6-fachen des Kaufpreises gelegen habe. Auf die verwerfliche Gesinnung der Beklagten könne angesichts dieses Missverhältnisses ohne weiteres geschlossen werden. Angesichts des Geschäftsmodells sei auch davon auszugehen, dass sich die Beklagte den mit Abschluss des Kaufvertrags erzielten Mehrwert endgültig habe einverleiben wollen, auch wenn im Fall der Versteigerung des Fahrzeugs nach Mietende ein etwaiger Mehrerlös dem Verkäufer hätte zugewandt werden müssen.
Kauf- und Mietvertrag bildeten dabei ein einheitliches Rechtsgeschäft. Die Klägerin habe das Fahrzeug nur verkaufen wollen, wenn sie es zugleich weiter nutzen könne. Der Mietvertrag sei damit ebenfalls nichtig und die gezahlte Miete zurückzuzahlen.
Obwohl die Klägerin das Eigentum an dem Fahrzeug nicht verloren habe, müsse sie wegen der sittenwidrigen Übervorteilung auch nicht den Kaufpreis an die Beklagte zurückzahlen. Die Beklagte könne den Kaufpreis nicht zurückverlangen, da ihr objektiv ein Sittenverstoß anzulasten sei und sie sich angesichts des auffälligen Missverhältnisses der Rechtswidrigkeit ihres Handelns zumindest leichtfertig verschlossen habe.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Beklagte die Zulassung der Revision beim BGH begehren.