Der Verfassungsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen hat mit Beschluss vom 15.12.2020 zum Aktenzeichen VerfGH 149/20.VB-2 entschieden, dass eine Verfassungsbeschwerde verfristet und unzulässig eingelegt wird, wenn eine Anhörungsrüge ohne Gehörsrüge eingelegt wird.
Gemäß § 55 Abs.1 Satz1 VerfGHG ist die Verfassungsbeschwerde binnen eines Monats zu erheben und zu begründen. Nach Satz 2 und 3 dieser Vorschrift beginnt die Frist mit der Zustellung oder formlosen Mitteilung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung, wenn sie nach den maßgebenden verfahrensrechtlichen Vorschriften von Amts wegen vorzunehmen ist; in anderen Fällen beginnt die Frist mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht zu verkünden ist, mit ihrer sonstigen Bekanntgabe an den Beschwerdeführer.
Die von dem Beschwerdeführer unter dem 9.August 2020 erhobene „Anhörungsrüge und Gegenvorstellung“ war nicht in der Lage, die Verfassungsbeschwerdefrist offen zu halten.
Sie gehörte nicht zu dem durch den Beschwerdeführer zu erschöpfenden Rechtsweg.
Vor der Erhebung der Verfassungsbeschwerde ist der Rechtsweg zu erschöpfen (§54 Satz1 VerfGHG). Dazu gehören weder – von vornherein offensichtlich aussichtslose Rechtsbehelfe – noch gesetzlich nicht vorgesehene Anrufungen des Gerichts. Solche Rechtsbehelfe muss der Beschwerdeführer daher nicht vor der Erhebung der Verfassungsbeschwerde einlegen. Dementsprechend schieben sie im Fall ihrer Einlegung aber auch nicht den Beginn der Verfassungsbeschwerdefrist hinaus. Denn der Beschwerdeführer soll sich nicht durch einen solchen Rechtsbehelf die Möglichkeit der Einlegung einer Verfassungsbeschwerde offenhalten können.
Aussichtslos ist ein Rechtsbehelf von vornherein, wenn er offensichtlich unstatthaft oder aus anderen Gründen offensichtlich unzulässig ist, also hinsichtlich der Unstatthaftigkeit oder Unzulässigkeit nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre keine Ungewissheit besteht. Diese Beurteilung obliegt dem Verfassungsgerichtshof; er ist an die Auffassung des Fachgerichts nicht gebunden.
Nach dieser Maßgabe war die als „Anhörungsrüge und Gegenvorstellung“ bezeichnete Eingabe des Beschwerdeführers nicht geeignet, die Verfassungsbeschwerdefrist offen zu halten, denn sie war offensichtlich unzulässig. Dem steht nicht entgegen, dass das Landgericht die Eingabe auch als Gehörsrüge im Sinne von § 321a der Zivilprozessordnung (ZPO) eingestuft und diese nicht als unzulässig verworfen hat (vgl. § 321a Abs.4 Satz 2 ZPO). Denn unabhängig davon, ob die Eingabe insgesamt als Gegenvorstellung oder als etwaiger förmlicher Rechtsbehelf zu behandeln war, blieb sie von vornherein offensichtlich aussichtslos. Gemäß § 321a ZPO ist auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei das Verfahren fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Eine Anhörungsrüge ist nur zulässig, wenn mit ihr eine Verletzung von Art.103 Abs.1 GG durch das erkennende Gericht gerügt wird; dabei ist darzulegen, dass das Gericht den Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Die Anhörungsrüge dient indes nicht dazu, das Gericht unabhängig vom Vorliegen eines Gehörsverstoßes zur Überprüfung einer dem Rechtsbehelfsführer ungünstigen Rechtsauffassung zu veranlassen. Allein darum aber ging es dem Beschwerdeführer in seiner Eingabe. Denn mit dieser hat er keinen Gehörsverstoß dargelegt und insbesondere nicht aufgezeigt, welches Vorbringen das Landgericht übergangen haben soll, sondern ist er dessen Rechtauffassung entgegengetreten, indem er im Wesentlichen sein Vorbringen zu dem Erfordernis einer aus seiner Sicht hier gebotenen zusammenhängenden dienstlichen Äußerung der von ihm als befangen abgelehnten Abteilungsrichterin wiederholte und vertiefte.