Das Landgericht Köln hat mit Urteil vom 13.05.2022 zum Aktenzeichen 12 O 459/19 entschieden, ob ein Schmerzensgeldanspruch besteht, weil er Salmiakgeist aus einer Limonadenflasche getrunken hatte.
Aus der Pressemitteilung des LG Köln vom 30.06.2022 ergibt sich:
Die Parteien waren befreundet; der Kläger hatte in den Wochen zuvor für den Beklagten in dessen Werkstatt in Bedburg Laptops getestet. Die Parteien wollten noch am selben Tag gemeinsam ein Sonnenstudio besuchen.
Als der Kläger Durst verspürte, bediente er sich aus dem Kühlschrank, der sich hinter der Ladentheke in einem Küchenbereich befand und nahm sich ein Glas aus dem Schrank. Er goss sich die Flüssigkeit aus der Flasche in das Glas und trank diese in einem Zug aus. Dabei nahm er nicht wahr, dass es sich bei der Flüssigkeit um Ammoniaklösung unbekannter Konzentration handelte. Der Beklagte bewahrte das Ammoniakwasser, das auch Salmiakgeist genannt wird, auf, um damit bei Bedarf Handy-Platinen reinigen zu können.
Der Kläger erlitt schwerste Verletzungen an der Speiseröhre und im Magen, musste in ein künstliches Koma versetzt werden und erholte sich nur langsam. Er verlangt von dem Kläger Schmerzensgeld i. H. v. 18.750 Euro sowie die Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet sei, ihm alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen.
Der Kläger behauptet, er habe den Beklagten nach einem Getränk gefragt.
Der Beklagte lehnte jede Haftung ab. Er behauptet, er habe die Ammoniaklösung in der Limonadenflasche hinter das Sofa seiner Werkstatt gestellt. Beim Aufräumen der Werkstatt habe sein Praktikant die Flasche ohne sein Wissen in den Kühlschrank gestellt. Der Kläger habe zum Vorfallszeitpunkt bereits drei Nächte wegen des Konsums von Amphetaminen nicht geschlafen und deshalb den beißenden Geruch der Flüssigkeit nicht wahrgenommen. Er habe außerdem gar nicht erst hinter die Ladentheke treten dürfen.
Das Gericht war nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass dem Kläger gegen den Beklagten ein Anspruch auf Ausgleich der erlittenen Schäden aus dem Vorfall zustehe. Der Beklagte habe dadurch, dass er mit dem Ammoniak einen gefährlichen, gesundheitsschädlichen Stoff in einer Limonadenflasche gelagert habe, die für andere Personen zugänglich gewesen sei, die ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt. Er hätte Vorkehrungen dafür treffen müssen, dass Dritte mit dieser Chemikalie nicht in Berührung kommen. Selbst ein Versteck hinter dem Sofa hätte keinen hinreichenden Schutz geboten.
Aufgrund dieser Verkehrssicherungsverpflichtung sei es zu den Gesundheitsbeschädigungen des Klägers gekommen. Dieser habe sich allerdings ein Mitverschulden i. H. v. 25 % anrechnen lassen müssen. Zwar hätten sich die Dämpfe aus der Flasche mit der Ammoniaklösung in der kurzen Zeit, bis er das Glas mit der Lösung getrunken hatte, noch nicht freigesetzt. Dem Kläger sei jedoch aus seiner eigenen Tätigkeit in der Werkstatt des Beklagten bekannt gewesen, womit sich dieser beschäftigt. Vor diesem Hintergrund hätte er nicht ohne ausführliche Prüfung eine farblose, nicht perlende Flüssigkeit aus einer bereits geöffneten und nicht mehr versiegelten Glasflasche mit einem Limonadenetikett trinken dürfen, ohne sich zuvor zu vergewissern, um welche Art von Flüssigkeit es sich handelte. Er hätte diese ihm unbekannte Flüssigkeit keinesfalls in einem Zug austrinken dürfen. Dies gelte umso mehr, soweit der Kläger aufgrund seines persönlichen Zustandes davon ausgehen musste, dass seine Wahrnehmungsfähigkeit aufgrund des Drogenkonsums beeinträchtigt sein könnte.
Ein höheres Mitverschulden sei dem Kläger jedoch nicht anzurechnen. Nach der Vernehmung eines Zeugen ist das Gericht davon ausgegangen, dass engere Freunde des Beklagten sich jeweils selbst am Kühlschrank hätten bedienen dürfen. Es sei auch nicht erwiesen, dass das von dem Kläger konsumierte Amphetamin starken Durst verursacht hätte, sodass dieser zu unvorsichtig geworden sei.
Das Gericht hat bei der Festsetzung der Höhe des Schmerzensgeldes die konkreten Umstände des Einzelfalls berücksichtigt und vergleichbare Urteile bei seiner Entscheidung herangezogen.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.