Das Oberlandesgericht Hamm hat am 18.11.2021 zum Aktenzeichen 24 U 74/16 in dem Rechtsstreit, in dem vier Landwirte aus Lichtenau über die Abdrift von Pflanzenschutzmitteln von konventionell bewirtschafteten landwirtschaftlichen Flächen der drei Beklagten auf Bio-Anbauflächen des Klägers streiten, zwei der drei Beklagten insbesondere zum Ausgleich von Schäden in Höhe von gut 10.000 € bzw. 40.000 € verurteilt und im Übrigen das klageabweisende Urteil des LG Paderborn bestätigt.
Aus der Pressemitteilungen des OLG Hamm vom 24.11.2017 und 18.11.2021 ergibt sich:
Der Kläger führt seinen landwirtschaftlichen, in der Gemeinde Lichtenau gelegenen Hof unter Einhaltung der EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau. Zu seinem Betrieb gehören Anbauflächen, die jeweils an Flächen der drei Beklagten grenzen, die ihrerseits konventionell bewirtschaftet werden. Im Oktober 2013 wiesen vom Kläger erzeugte Bio-Produkte (Staudensellerie) Rückstände eines Pflanzenschutzmittels mit dem Wirkstoff Pendimethalin auf, der unter anderem in dem von den Beklagten auf ihren Flächen verwandten Pflanzenschutzmittel „Malibu“ enthalten ist. Untersuchte Proben der Bioprodukte des Klägers ergaben eine Konzentration von Pendimethalin über dem zulässigen Höchstwert. Nachdem die Beklagten dem Kläger auf Nachfrage den Einsatz des Pflanzenschutzmittels „Malibu“ mitgeteilt hatten, hat der Kläger ihnen gegenüber Schadensersatz- und nachbarrechtliche Ausgleichsansprüche geltend gemacht. Er meint, nicht sachgerecht ausgeführte Spritzmaßnahmen der Beklagten hätten zur Belastung seiner landwirtschaftlichen Flächen geführt. Von den Beklagten verlangt er die Kosten von Kontrolluntersuchungen in Höhe von ca. 6.600 Euro und zudem den Ausgleich entstandener Schäden für von ihm nicht mehr als Bio-Produkte zu vermarktender Erzeugnisse, die er gegenüber dem einzelnen Beklagten in unterschiedlicher Höhe mit ca. 10.000 Euro, ca. 21.500 Euro und ca. 40.000 Euro beziffert. Mit Urteil vom 14.03.2016 hat das LG Paderborn (Az. 4 O 420/14 LG Paderborn) nach einer Beweisaufnahme unter Beteiligung eines Sachverständigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, es sei nach der durchgeführten Beweisaufnahme nicht zu der Überzeugung gelangt, dass die in den Produkten des Klägers festgestellten Rückstände des Pflanzenschutzmittels von dem Beklagten verursacht worden seien.
Nach den Begutachtungen durch Sachverständige stehe – so das OLG Hamm – fest, dass der durch zwei der drei Beklagten im Oktober 2013 mit dem Pflanzenschutzmittel Malibu ausgebrachte Wirkstoff Pendimethalin durch Abdrift auf Felder des klagenden Landwirts gelangt sei. Hierdurch sei eine den zulässigen Höchstwert für den Ökolandbau überschreitende Belastung mit dem vorgenannten Wirkstoff verursacht worden, weshalb die angebauten Pflanzen insgesamt nicht mehr vermarktungsfähig gewesen seien. Dies widerspreche dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme zwischen ökologischem und konventionellem Landbau als jeweils zulässige Bewirtschaftungsarten.
Die von den beiden verurteilten Landwirten für das Aufbringen gewählten Düsen – und bei einem Landwirt zudem der verwendete (Applikations-)Druck – hätten nicht der „guten fachlichen Praxis“ in der Landwirtschaft entsprochen, um eine Abdrift zu verhindern. Sie seien dem Kläger daher zum Ersatz des ihm entstandenen Schadens – vor allem zum Ausgleich des ausgefallenen Ertrags bei einem Verkauf der Pflanzen – verpflichtet.
Bei dem dritten beklagten Landwirt konnte der 24. Zivilsenat auf der Grundlage der sachverständigen Begutachtungen allerdings nicht feststellen, dass dieser durch Abdrift von Pflanzenschutzmittel auf ein Feld des Klägers eingewirkt hätte.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Die Revision hat der Senat nicht zugelassen.