Das Bundesarbeitsgericht hat mit Beschluss vom 27.04.2021 zum Aktenzeichen 9 AZR 621/19 entschieden, dass nach Art. 38 Abs. 3 Satz 2 EUV 2016/679 der Datenschutzbeauftragte von dem Verantwortlichen wegen der Erfüllung seiner Aufgaben nicht abberufen oder benachteiligt werden darf.
Der Senat fragt dazu, ob § 6 Abs. 4 BDSG 2018, der bestimmt, dass ein verpflichtend benannter Datenschutzbeauftragter nur aus wichtigem Grund abberufen werden kann, auch wenn die Abberufung nicht mit der Erfüllung seiner Aufgaben in einem Zusammenhang stehen, hiermit vereinbar ist.
Die Parteien streiten über die Abberufung des Klägers als Beauftragter für den Datenschutz.
Die Beklagte beschäftigt den Kläger seit dem 01.01.2002 als Mitarbeiter im Fachbereich Veranlagung, zuletzt als Anwendungsberater.
Sie führt als Dienstleisterin für Kommunen Bundesrecht aus und ist deshalb zur Benennung eines Datenschutzbeauftragten verpflichtet.
Der Kläger ist Mitglied des Betriebsrats und wurde darüber hinaus am 27.02.2004 zum Datenschutzbeauftragten berufen.
Mit Schreiben vom 15.08.2018 berief die Beklagte den Kläger mit Wirkung zum 31.08.2018 als Datenschutzbeauftragten mit der Begründung ab, seine Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter kollidiere mit seiner beruflichen Tätigkeit.
Dass der Kläger Finanzdaten von Bürgern zu verarbeiten habe, begründe ebenso einen Interessenkonflikt mit den ihm als Datenschutzbeauftragter obliegenden Pflichten wie seine Tätigkeit als Anwendungsberater.
Der Kläger vertritt den Rechtsstandpunkt, es fehle an einem wichtigen Grund, der seine Abberufung rechtfertigen könne.
Die Vorinstanzen haben die Klage, mit der der Kläger geltend macht, seine Abberufung als Datenschutzbeauftragter sei unwirksam, abgewiesen.
Mit seiner Revision verfolgt er sein Klageziel weiter.
Der Erfolg der von der Beklagten eingelegten Revision hängt von der Auslegung des Unionsrechts ab. Nach § 6 Abs. 4 Satz 1 BDSG ist die Abberufung des Datenschutzbeauftragten nur in entsprechender Anwendung des § 626 BGB und damit aus wichtigem Grund zulässig.
Die Bestimmungen des BDSG knüpfen die Abberufung des Datenschutzbeauftragten demnach an strengere Voraussetzungen als das Unionsrecht. Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO sieht lediglich vor, dass der Datenschutzbeauftragte von den Verantwortlichen wegen der Erfüllung seiner Aufgaben nicht abberufen oder benachteiligt werden darf.
Einen wichtigen Grund zur Abberufung verlangt das europäische Recht nicht.
Nach nationalem Recht wäre die Revision des Klägers begründet.
Der Neunte Senat des BAG hält unter Zugrundelegung der bisherigen Rechtsprechung vorliegend keinen wichtigen Abberufungsgrund für gegeben.
Deshalb hat er sich nach Art. 267 AEUV mit der Frage an den Gerichtshof gewandt, ob neben der Regelung in Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO mitgliedstaatliche Normen anwendbar sind, die – wie § 38 Abs. 2 i.V.m. § 6 Abs. 4 Satz 1 BDSG – die Möglichkeit der Abberufung eines Datenschutzbeauftragten gegenüber den unionsrechtlichen Regelungen einschränken.
Im nationalen Schrifttum wird unterschiedlich beurteilt, ob die DSGVO es den Mitgliedstaten gestattet, die Abberufung des Datenschutzbeauftragten an zusätzliche Voraussetzungen zu knüpfen.
Zum Teil wird die Auffassung vertreten, bei dem Abberufungsschutz in § 38 Abs. 2 i.V.m. § 6 Abs. 4 Satz 1 BDSG handele es sich um materiell-arbeitsrechtliche Regelungen, weil bei internen Datenschutzbeauftragten mit der Abberufung regelmäßig eine Änderung des Arbeitsvertrags dergestalt einhergehe, dass die Aufgaben des Datenschutzbeauftragten nicht mehr zur geschuldeten Tätigkeit gehörten.
Für materiell-arbeitsrechtliche Regelungen bestehe gemäß Art. 153 AEUV keine Gesetzgebungskompetenz der Union, weshalb eine Kollision mit Art. 38 Abs. 3 Satz 2 DSGVO ausscheide.
Demgegenüber stellen andere Stimmen auf die Funktion des Abberufungsschutzes ab, der nicht arbeitsrechtlicher Natur, sondern datenschutzrechtlich motiviert sei.
Folgte man dieser Auffassung, wäre eine nationale Regelung wie § 6 Abs. 4 BDSG unzulässig, die die Abberufung an gegenüber dem europäischen Datenschutz engere Voraussetzungen knüpft.
Sollte der Gerichtshof die Anforderungen des BDSG an eine Abberufung für unionsrechtskonform erachten, hält der Senat es zudem für klärungsbedürftig, ob die Ämter des Betriebsratsvorsitzenden und des Datenschutzbeauftragten in einem Betrieb in Personalunion ausgeübt werden dürfen oder ob dies zu einem Interessenkonflikt i.S.v. Art. 38 Abs. 6 Satz 2 DSGVO führt.