800-Quadratmeter-Regel bestätigt: Große Ladengeschäfte in Sachsen-Anhalt bleiben zu

29. April 2020 -

Das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt in Magdeburg hat am 27.04.2020 zum Aktenzeichen 3 R 52/20 entschieden, dass Ladengeschäfte jeder Art über 800 m² in Sachsen-Anhalt weiterhin nicht öffnen dürfen.

Aus der Pressemitteilung des OVG SA Nr. 6/2020 vom 28.04.2020 ergibt sich:

Die Flächenbeschränkung sei gerechtfertigt, um die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen, so das Oberverwaltungsgericht.

Die Antragstellerin ist im Einzelhandel mit Sport- und Bekleidungsartikeln tätig und betreibt im Bundesgebiet – u.a. im Land Sachsen-Anhalt – Ladengeschäfte mit einer Größe von über 800 m². Sie beantragte die einstweilige Außervollzugsetzung der Schließungsanordnung in § 7 der Vierten Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 (4. SARS-CoV-2-EindV). In dieser Regelung ist bestimmt, dass Ladengeschäfte jeder Art bis zu 800 qm Verkaufsfläche nur unter Einhaltung bestimmter Hygieneregeln und Zugangsbegrenzungen geöffnet werden dürfen. Einige Geschäftsbereiche sind von der Größenbegrenzung ausgenommen.

Das OVG Magdeburg hat den Eilantrag abgelehnt.

Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist die Flächenbeschränkung für großflächige Einzelhandelsgeschäfte, die nicht bereits von der Schließung ausgenommen sind, eine notwendige infektionsschutzrechtliche Schutzmaßnahme. Die Regelungen der 4. SARS-CoV-2-EindV bezweckten die fortgesetzte Eindämmung weiterer Ansteckungen mit dem Coronavirus und damit den Erhalt der Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens und insbesondere der Krankenhäuser zur Behandlung schwer und schwerstkranker Menschen. Die Epidemie sei trotz der Verlangsamung der Infektionsketten nicht bewältigt. Es sei weiterhin wichtig, soziale Kontakte mit dem Ziel der Vermeidung von Infektionen im privaten, beruflichen und öffentlichen Bereich zu beschränken.

Der Landesregierung komme in der unsicheren epidemischen Lage bei der Beurteilung, welche Maßnahmen sie zur Verwirklichung der Ziele für geeignet, erforderlich und angemessen halten dürfe, ein gerichtlich nur begrenzt überprüfbarer Einschätzungs- und Prognosespielraum zu. Mit der Flächenbeschränkung habe sie ihren Spielraum nicht überschritten. Die Maßnahme sei verhältnismäßig. Das Ziel, Kontakte zu meiden, könne im Einzelhandel derzeit noch nicht vollständig durch strenge Hygienemaßnahmen abgelöst werden. Bei der Entscheidung, Lockerungen im Bereich der Ladenschließungen zuzulassen, habe die Landesregierung in zulässiger Weise an das typisierende, pauschalierende Merkmal der Großflächigkeit der Ladenflächen angeknüpft. Die darin liegende Ungleichbehandlung sei gerechtfertigt, weil die Anziehungskraft eines kleineren Geschäfts im Regelfall hinter derjenigen eines großflächigen Einzelhandelsgeschäfts zurückbleiben dürfte.

Die Öffnung von Einzelhandelsgeschäften bis zu 800 m² führe zudem zu einer Verbesserung der wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung, so dass gerade im Flächenland Sachsen-Anhalt eine gemäßigte Wiederbelebung des Einzelhandels erreicht werde. Besucherströme insbesondere aus dem ländlichen Raum, die vom großflächigen Einzelhandel hervorgerufen würden, könnten hierdurch in wesentlichen Teilen begrenzt werden. Es komme nicht maßgeblich darauf an, ob und inwieweit sich infektionshygienische Maßnahmen in einem großflächigen Verkaufsraum zumindest mit dem gleichen Sicherheitsniveau wie bei Geschäften mit einer Verkaufsfläche von weniger als 800 m² durchführen ließen. Mit der Entscheidung, den Buchhandel sowie den Fahrrad- und Kfz-Handel von der Flächenbegrenzung auszunehmen, habe die Landesregierung nicht willkürlich gehandelt. Dem Buchhandel komme zur Wahrung der Informations-, Presse- und Wissenschaftsfreiheit sowie zur Deckung des schulischen Bedarfs, und dem Fahrrad- und Kfz-Handel zur Sicherung der Mobilität der Bevölkerung ein besonderer Versorgungsauftrag zu.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.