800 m²-Regelung für Einzelhandel in Niedersachsen bestätigt

18. Dezember 2020 -

Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat mit Beschluss vom 16.12.2020 zum Aktenzeichen 13 MN 552/20 entschieden, dass die in der Niedersächsischen Corona-Verordnung angeordneten Zugangsbeschränkungen für Betriebe des Einzelhandels größtenteils nicht außer Vollzug gesetzt werden.

Aus der Pressemitteilung des OVG Lüneburg Nr. 65/2020 vom 16.12.2020 ergibt sich:

Nach § 10 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 30.10.2020, zuletzt geändert durch Verordnung vom 15.12.2020 (Corona-VO) ist in Betrieben des Einzelhandels sicherzustellen, dass sich in einem Betrieb mit einer Verkaufsfläche von nicht mehr als 800 m² nur eine Kundin oder ein Kunde je zehn m² Verkaufsfläche aufhält. In einem Betrieb mit einer Verkaufsfläche von mehr als 800 m² gilt hinsichtlich der Verkaufsfläche bis zu 800 m² dieselbe Regelung; hinsichtlich der weitergehenden Fläche ist sicherzustellen, dass sich nur eine Kundin oder ein Kunde je 20 m² Verkaufsfläche aufhält. Für Einkaufszentren ist zur Berechnung der maßgeblichen Verkaufsfläche die Summe aller Verkaufsflächen in der Einrichtung zugrundezulegen. Gegen diese Regelung wandte sich die Betreiberin eines großflächigen Lebensmitteleinzelhandelsgeschäfts mit einer Verkaufsfläche von 3.900 m². Sie machte im Wesentlichen geltend, die Differenzierung zwischen größeren und kleineren Einzelhandelsbetrieben sei weder geeignet noch erforderlich und angemessen. Zudem verstoße die Regelung gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Auch sei die Regelung hinsichtlich der Berechnung der Verkaufsfläche bei Einkaufszentren zu unbestimmt.

Das OVG Lüneburg hat den Antrag größtenteils abgelehnt.

Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist die Regelung des § 10 Abs. 3 der Corona-VO auf eine taugliche Rechtsgrundlage gestützt und formell rechtmäßig. Die nach Größe der Verkaufsfläche differenzierte Zugangsbeschränkung sei zur Eindämmung des Coronavirus SARS-CoV-2 geeignet, erforderlich und angemessen. Nach seiner bisherigen Rechtsprechung stehe fest, dass Ansammlungen in geschlossenen Räumen mit einer Vielzahl von Personen und längerer Verweildauer ein signifikant erhöhtes Risiko der Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 in sich trügen. Dieses Risiko könne durch die Reduzierung der Besucherzahl von Einzelhandelsbetrieben begrenzt werden. Die Anknüpfung an die Größe der Verkaufsfläche und nicht an das Raumvolumen sei sachgerecht, da das Infektionsgeschehen zunächst auf Mund- und Nasenhöhe stattfinde. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass sich dauerhaft größere Menschenansammlungen vor den Geschäften bildeten. Selbst wenn dies so wäre, seien sich an frischer Luft bildende Warteschlangen im Hinblick auf das Infektionsgeschehen deutlich ungefährlicher als der Aufenthalt einer Vielzahl von Personen in Innenräumen. Die Regelung treffe die Einzelhandelsunternehmen auch nicht übermäßig hart. Sie solle durch bloße Zugangsbeschränkungen lediglich eine gleichmäßigere Verteilung der Kundschaft bewirken. Nennenswerte Umsatzrückgänge seien nicht zu erwarten. Auch der allgemeine Gleichheitssatz sei nicht verletzt, da durch die differenzierte Berücksichtigung der Verkaufsflächen nach ihrer Größe die wirtschaftliche Situation kleinerer Betriebe berücksichtigt werden solle. Die günstigere Regelung hinsichtlich der ersten 800 m² komme überdies auch der Antragstellerin zugute.

Lediglich die technische Regelung in § 10 Abs. 3 Satz 2 Corona-VO zur Berechnung der maßgeblichen Verkaufsflächen bei Einkaufszentren hat das OVG Lüneburg wegen fehlender Bestimmtheit vorläufig außer Vollzug gesetzt. Aus dieser Vorschrift gehe nicht hervor, ob für ein Einkaufszentrum eine zusätzliche Zugangsbeschränkung geschaffen werden solle oder ob die begünstigte Verkaufsfläche von 800 m² bei Einkaufszentren nur einmal berücksichtigt werden und auf die dortigen Einzelhandelsunternehmen aufgeteilt werden solle.

Der Beschluss ist unanfechtbar.