BayWa AG plant umfassende Restrukturierung: Schließung von 26 Standorten und Abbau von 1.300 Arbeitsplätzen bis 2027

06. April 2025 -

BayWa AG plant umfassende Restrukturierung: Schließung von 26 Standorten und Abbau von 1.300 Arbeitsplätzen bis 2027

Die BayWa AG, ein traditionsreiches Münchner Unternehmen mit einer fast hundertjährigen Geschichte, steht vor erheblichen strukturellen Veränderungen. Angesichts anhaltender wirtschaftlicher Schwierigkeiten und einer hohen Schuldenlast hat der Konzern ein umfassendes Transformationskonzept vorgestellt, das tiefgreifende Maßnahmen zur Neuausrichtung des Unternehmens vorsieht. Dieses Konzept beinhaltet die Schließung von 26 Standorten in Deutschland sowie den Abbau von etwa 1.300 Vollzeitstellen bis Ende 2027.

Hintergrund der wirtschaftlichen Herausforderungen

In den vergangenen Jahren verfolgte die BayWa AG eine expansive Wachstumsstrategie, die stark auf Fremdfinanzierung basierte. Unter der Leitung des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Klaus Josef Lutz, der das Unternehmen von 2008 bis 2023 führte, wurden zahlreiche internationale Beteiligungen erworben, darunter der neuseeländische Apfelproduzent Turners & Growers und die niederländische Agrarhandelsgesellschaft Cefetra. Diese Expansion führte zu einer erheblichen Schuldenlast von über 5 Milliarden Euro, wobei etwa die Hälfte der Verbindlichkeiten kurzfristig fällig war. Der rapide Anstieg der Kreditzinsen in den letzten Jahren erhöhte die finanzielle Belastung zusätzlich und führte zu einem deutlichen Anstieg der Zinszahlungen. Im Jahr 2023 verzeichnete die BayWa AG erstmals einen Verlust, und in den ersten neun Monaten des Jahres 2024 summierte sich der Nettoverlust auf knapp 641 Millionen Euro.

Geplante Maßnahmen zur Restrukturierung

Im Rahmen des Transformationskonzepts plant die BayWa AG die Schließung von 26 der derzeit über 400 Standorte in Deutschland. Diese Entscheidung basiert auf einer umfassenden Analyse von Nachfrage und Profitabilität, die zeigte, dass diese Standorte langfristig nicht wirtschaftlich betrieben werden können. Die Schließungen betreffen insbesondere die Geschäftsbereiche Landwirtschaft und Baustoffe, während die Agrartechniksparte von den Maßnahmen unberührt bleibt. Die betroffenen Standorte befinden sich vor allem in Bayern, dem Bundesland, in dem die BayWa historisch tief verwurzelt ist. Zu den genannten Standorten zählen unter anderem Altensteig, Rothenfeld, Gars, Triftern, Schwandorf, Gangkofen, Niederstotzingen, Thiersheim, Velden, Kronach, Neuenmarkt, Mittelneufnach, Scheßlitz, Ehingen, Neu-Ulm und Obertraubling. Die Schließungen sollen schrittweise bis Ende 2027 umgesetzt werden.

Zusätzlich zu den Standortschließungen ist ein Abbau von bis zu 1.300 der aktuell knapp 8.000 Vollzeitstellen geplant, was etwa 16 Prozent der Belegschaft entspricht. Besonders betroffen sind die zentralen Verwaltungseinheiten in München, wo rund 40 Prozent der Stellen bis Ende 2027 abgebaut werden sollen. Die Gespräche mit dem Gesamtbetriebsrat zum geplanten Stellenabbau haben bereits begonnen, und eine Einigung wird bis Ende März 2025 angestrebt. Das Unternehmen betont, den Prozess so sozialverträglich wie möglich gestalten zu wollen, schließt jedoch betriebsbedingte Kündigungen nicht aus.

Verkäufe von internationalen Beteiligungen

Im Zuge der Neuausrichtung plant die BayWa AG zudem den Verkauf von wesentlichen internationalen Beteiligungen. Die dadurch generierten finanziellen Mittel sollen zur Stärkung der Liquidität des operativen Geschäftsbetriebs und zur Schuldentilgung verwendet werden. Zu den wichtigsten Beteiligungen zählen die auf erneuerbare Energien spezialisierte BayWa r.e., der neuseeländische Apfelproduzent Turners & Growers, die niederländische Agrarhandelsgesellschaft Cefetra sowie ein Anteil an der österreichischen Raiffeisen Ware Austria. Welche dieser Beteiligungen konkret zum Verkauf stehen, wurde bislang nicht mitgeteilt.

Reaktionen der Gewerkschaften

Die Gewerkschaft Verdi hat den geplanten Stellenabbau scharf kritisiert und fordert den Verzicht auf einen Kahlschlag beim Personal. Thomas Gürlebeck, Vizebereichsleiter für den Handel bei Verdi Bayern, betonte, dass die Sanierung nicht vollständig auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden dürfe. Die Gewerkschaft kündigte an, gemeinsam mit der Belegschaft um jeden Arbeitsplatz zu kämpfen.

Finanzielle Unterstützung und Ausblick

Trotz der finanziellen Herausforderungen konnte die BayWa AG im Oktober 2024 eine Einigung mit ihren wesentlichen Finanzierern erzielen. Diese stellten frische Liquidität in Höhe von rund 500 Millionen Euro zur Verfügung, um die Basis für eine mehrjährige operative Sanierung zu legen. CEO Marcus Pöllinger betonte, dass die Krise als Chance genutzt werden solle, um sich auf die Kernkompetenzen der BayWa zu fokussieren und gestärkt daraus hervorzugehen.

Die geplanten Maßnahmen sollen dazu beitragen, die BayWa AG langfristig zu stabilisieren und die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu sichern. Der Fokus liegt dabei auf der Konzentration auf die Kerngeschäftsbereiche Agrar, Baustoffe, Energie und Technik sowie auf der Optimierung von Prozessen und der Reduktion von Kosten. Das Unternehmen strebt an, bis Ende 2027 die Finanzkennzahlen zu verbessern und gleichzeitig Schulden abzubauen.