Abwicklungsvertrag
Was ist ein Abwicklungsvertrag?
Der Abwicklungsvertrag regelt alle Modalitäten, die auch in einem Aufhebungsvertrag stehen würden, beispielsweise die Höhe der Abfindung, die Note, der Inhalt und sogar der Wortlaut des Arbeitszeugnisses kann geregelt werden, wann der bereitgestellte Dienstwagen abzugeben ist etc.
Der wesentliche Unterschied gegenüber dem Aufhebungsvertrag besteht darin, dass der Abwicklungsvertrag das Arbeitsverhältnis nicht selbst auflöst, sondern dies durch eine zeitlich vorgeschaltete Kündigung des Arbeitgebers oder durch einen anderen Beendigungsgrund geschieht; der Aufhebungsvertrag hingegen beendet das Arbeitsverhältnis ohne Kündigung.
Der Abwicklungsvertrag unterliegt grundsätzlich keinen Formanforderungen.
Was ist der Unterschied zwischen Abwicklungsvertrag & Aufhebungsvertrag?
Aufhebungsverträge hingegen müssen, wie Kündigungen nach § 623 BGB schriftlich erfolgen und sind andernfalls unwirksam.
Beim Abwicklungsvertrag ist die Einhaltung der Schriftform durch das Gesetz dagegen nicht eindeutig vorgeschrieben.
Daher können Abwicklungsverträge im Prinzip auch per Handschlag„oder per E-Mail in rechtlich bindender Weise abgeschlossen werden.
Wenn in dem Abwicklungsvertrag eine Klageverzichtsvereinbarungen getroffen wird, ändert sich das Schriftformerfordernis.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) fordert bei Klageverzichtsvereinbarungen, die „im unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Ausspruch einer Kündigung getroffen werden“ die Schriftform, andernfalls ist der Klageverzicht unwirksam.
In der Regel greifen die Leistungen des Abwicklungsvertrages erst nach Ablauf der Klagefrist zur Kündigungsschutzklage, in welcher der Arbeitnehmer die Kündigung noch auf Wirksamkeit prüfen lassen könnte.
Der Arbeitnehmer geht aber nicht vor dem Arbeitsgericht gegen die Kündigung mit der Kündigungsschutzklage vor, da er aufgrund der im Abwicklungsvertrag geregelten Modalitäten mit der Kündigung einverstanden ist.
Wie ist die Abfindung beim Abwicklungsvertrag?
Die vereinbarte Abfindungshöhe orientiert sich in der Praxis häufig an § 1a, § 9 oder an § 10 KSchG.
Die Abfindung unterliegt nicht der Sozialversicherungspflicht.
Sie ist voll steuerpflichtig, unterliegt jedoch der gemilderten Progression gemäß § 34 i. V. m. § 24 EStG.
Der Vorteil des Abwicklungsvertrages, dass bei einvernehmlicher Beendigung des Arbeitsverhältnisses dennoch ein sperrfristfreier Anspruch auf die Sozialleistungen erworben wird, besteht nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts allerdings nicht mehr.
Hier sind Abwicklungsvertrag und Aufhebungsvertrag gleichgestellt und ziehen unter Umständen eine Sperrfrist beim Anspruch auf Arbeitslosengeld nach sich.
Ein Abwicklungsvertrag zieht beispielsweise keine Sperrzeit nach sich, wenn ein „wichtiger Grund“ i. S. d. § 144 Abs. 1 SGB III vorliegt.
Dieser liegt beispielsweise vor, wenn die zugrundeliegende Kündigung objektiv rechtmäßig ist.
Ob ein Abwicklungsvertrag eine sozialrechtliche Konsequenz nach sich zieht, muss jedoch immer im Einzelfall geprüft werden.
Abwicklungsverträge führen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht selbst herbei, sondern regeln nur die Wirksamkeit einer vorausgegangenen Kündigung.
Der Abwicklungsvertrag löst das Beschäftigungsverhältnis somit nicht im Sinne des § 159 Abs.1 Satz 2 Nr.1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III).
Nach dieser Vorschrift tritt eine Sperrzeit wegen der Arbeitsaufgabe durch den Arbeitnehmer ein, die im Normalfall zwölf Wochen dauert, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind:
- der Arbeitslose hat sein Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben.
- durch dieses Verhalten hat er vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt.
- für das versicherungswidrige Verhalten gemäß Punkt 1.) und 2.) hat der Arbeitslose keinen wichtigen Grund.
Von einem „Lösen“ des Beschäftigungsverhältnisses gehen die Sozialgerichte und die Arbeitsagenturen aus, wenn der Arbeitnehmer bzw. Arbeitslose an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aktiv mitgewirkt hat.
Die bloße Untätigkeit des Arbeitnehmers nach Erhalt einer Kündigung des Arbeitgebers genügt hierfür nicht. Hier heißt es, dass „die bloße Hinnahme einer Arbeitgeberkündigung (auch bei Annahme einer Abfindung)“ nicht sperrzeitrelevant ist, d.h. im Allgemeinen keinen Sperrzeit nach sich zieht.
Andererseits ist die Unterschrift unter einen Abwicklungsvertrag keine reine „Hinnahme“ der zuvor erklärten Arbeitgeber-Kündigung, sondern ein aktives Tun des Arbeitnehmers, und diese Unterschrift macht die oft zweifelhafte Kündigung erst definitiv wirksam.
Vor diesem Hintergrund hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden, dass man als Arbeitnehmer sein Beschäftigungsverhältnis durch aktives Zutun im Sinne des Sperrzeitparagraphen auch dann „löst“, wenn man nach Ausspruch einer Kündigung durch den Arbeitgeber mit diesem einen Abwicklungsvertrag abschließt und dementsprechend die Kündigung gegen Zahlung einer Abfindung hinnimmt.
Im Ergebnis gelten für Abwicklungsverträge dieselben Sperrzeit-Regeln wie für Aufhebungsverträge. Abwicklungsverträge sind sogenannte Beteiligungssachverhalte und stehen Aufhebungsverträgen im Ergebnis nach der Rechtsauffassung der Arbeitsagenturen und Sozialgerichte gleich.
Welche Vor- und Nachteile hat der Abwicklungsvertrag für den Arbeitnehmer zum gerichtlichen Vergleich?
Kündigungsschutzklagen vor dem Arbeitsgericht enden sehr oft mit einem Vergleich, d.h. mit einer gütlichen Einigung der Parteien, die regelt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu einem bestimmten Datum endet, der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer dafür aber eine Abfindung zahlt.
Auch ein gerichtlicher Vergleich ist ein Abwicklungsvertrag.
Der Unterschied zwischen einem normalen (außergerichtlichen) Abwicklungsvertrag und einem gerichtlichen Beendigungsvergleich besteht darin, dass der Vergleich im Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht das Gerichtsverfahren beendet und dass der gerichtliche Vergleich zugleich einen Vollstreckungstitel für den Arbeitnehmer darstellt.
Aus dem gerichtlichen Vergleich kann der Arbeitnehmer somit die Zwangsvollstreckung betreiben, also einen Gerichtsvollzieher mit der Beitreibung der Zahlungsverpflichtung des Arbeitgebers durchsetzen, wie durch Kontopfändung, Sachpfändung etc.
Wann ist ein Abwicklungsvertrag unwirksam?
Findige Arbeitgeber haben so manch einem Arbeitnehmer schon eine Kündigung völlig unvorbereitet vorgelegt und baten um Quittierung der Kündigung.
Dort stand dann:
„Kündigung akzeptiert und mit Unterschrift bestätigt. Auf Klage gegen die Kündigung wird verzichtet.“
Bei einem solchen Passus handelt es sich um einen Abwicklungsvertrag ohne Gegenleistung, denn der Arbeitnehmer verzichtet darauf eine Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht zu erheben, erhält dafür aber keine Gegenleistung, wie eine Abfindung.
Ein solcher Abwicklungsvertrag ist unwirksam.
Nach § 307 Abs.1 Satz 1 BGB seien Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligten.
Durch einen solchen Klageverzicht werde von der gesetzlichen Regelung des § 4 Satz 1 KSchG abgewichen.
Ohne Gegenleistung benachteilige ein solcher formularmäßiger Verzicht den Arbeitnehmer unangemessen.
Und auch eine ausschließliche Regelung, dass der Arbeitgeber ein Arbeitszeugnis erhält reicht nicht aus, da auch darauf der Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch aus § 109 GewO hat, den der Arbeitnehmer sogar vor dem Arbeitsgericht einklagen kann; die Zusicherung des Arbeitgebers, dass der Arbeitnehmer ein Arbeitszeugnis erhält, stellt also keine Gegenleistung des Arbeitgebers dar, die es rechtfertigt, dass der Arbeitnehmer auf die Kündigungsschutzklage verzichtet.