Entgeltfortzahlung

Das Entgeltfortzahlungsgesetz regelt in Deutschland seit 1994 die Zahlung des Arbeitsentgelts an gesetzlichen Feiertagen und die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfall an Arbeiter, Angestellte und Auszubildende (Arbeitnehmer) sowie die wirtschaftliche Sicherung im Bereich der Heimarbeit für gesetzliche Feiertage und im Krankheitsfall.

Inhalt

Entgeltfortzahlung an Feiertagen

§ 2 bestimmt, dass für Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertages ausfällt, der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt zahlen muss, welches jener ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte.

Welche Tage als gesetzliche Feiertage gelten, richtet sich nach den landesrechtlichen Regelungen. Dass an Feiertagen nicht gearbeitet werden darf, ergibt sich nicht aus dem Entgeltfortzahlungsgesetz, sondern aus § 9 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz.

Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist in § 3 geregelt. Er besteht, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Das Arbeitsverhältnis muss seit mindestens vier Wochen bestehen. In Tarifverträgen kann von dieser Frist abgesehen werden, so beispielsweise im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD).
  • Der Arbeitnehmer muss arbeitsunfähig sein, d. h., er muss zur geschuldeten Arbeitsleistung nicht in der Lage sein. So kann beispielsweise eine Heiserkeit bei einer Sängerin, nicht aber bei einer Raumpflegerin eine Arbeitsunfähigkeit bedeuten.
  • Die Arbeitsunfähigkeit muss Folge einer Krankheit sein.
  • Der Arbeitnehmer darf seine auf Krankheit beruhende Arbeitsunfähigkeit nicht verschuldet haben, wobei hier ein „grober Verstoß“ gemeint ist. Der eine Erkältung verursachende Spaziergang im Regen reicht beispielsweise nicht aus, der auf Trunkenheit am Steuer zurückzuführende Verkehrsunfall schon. Als unverschuldete Arbeitsunfähigkeit im Sinne von § 3 Abs. 1 gilt auch eine Arbeitsverhinderung, die infolge einer nicht rechtswidrigen Sterilisation oder eines nicht rechtswidrigen Abbruchs der Schwangerschaft eintritt.

Dauer der Entgeltfortzahlung

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht für maximal sechs Wochen (§ 3). Wenn ein Arbeitnehmer innerhalb von zwölf Monaten (ab dem Beginn der ersten Erkrankung gerechnet) immer wieder an derselben Krankheit erkrankt, dann werden diese Krankheitstage aufsummiert, bis die vorgenannten sechs Wochen erreicht sind. Der Anspruch auf sechs Wochen Fortzahlung entsteht erneut, wenn er innerhalb von sechs Monaten vor Beginn der erneuten Arbeitsunfähigkeit nicht wegen derselben Erkrankung arbeitsunfähig war.

Der sechswöchige Entgeltfortzahlungsanspruch beginnt ebenfalls erneut, wenn ein Arbeitnehmer „[…] infolge derselben Krankheit erneut arbeitsunfähig [… wird und] seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist“ (§ 3).

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung endet grundsätzlich mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Dies gilt jedoch nicht, wenn dem Arbeitnehmer wegen der Erkrankung gekündigt wird oder wenn der Arbeitnehmer selbst aus einem vom Arbeitgeber zu vertretenden Grunde fristlos kündigt (§ 8).

Nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums von sechs Wochen wird allerdings gelegentlich aufgrund des Arbeitsvertrags oder eines Tarifvertrags ein Zuschuss zum Krankengeld gezahlt, um die finanziellen Einbußen durch die geringere Krankenversicherungsleistung auszugleichen. Ein Beispiel dafür ist im öffentlichen Dienst der TVöD (Krankengeldzuschuss für einen Zeitraum zwischen 13 und 39 Wochen nach § 22 Abs. 3 S. 1 TVöD).

Berechnung der Entgelthöhe

§ 4 bestimmt, wie sich das fortzuzahlende Arbeitsentgelt berechnet. Grundsätzlich gilt das Lohnausfallprinzip: Der Arbeitnehmer erhält diejenige Vergütung, die er bezogen hätte, wenn er nicht arbeitsunfähig erkrankt wäre. Überstunden werden nicht berücksichtigt, es sei denn, der Arbeitnehmer hat in der Vergangenheit regelmäßig Überstunden geleistet.

Gemäß § 4 Abs. 4 kann von der gesetzlichen Regelung durch Tarifvertrag abgewichen werden; insbesondere kann das ggf. praktischere Vorverdienstprinzip (Referenzprinzip) vereinbart werden, wonach der Durchschnittsverdienst vor der Krankheit maßgebend ist.

Wie beim normalen Arbeitsentgelt müssen bei der Entgeltfortzahlung Steuern und Sozialversicherungsbeiträge entrichtet werden. Es handelt sich also um einen Bruttoanspruch.

Nach § 4a dürfen seit 1996 Sondervergütungen, die der Arbeitgeber zusätzlich zum laufenden Arbeitsentgelt erbringt, für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit gekürzt werden. Auf dieser Basis haben mehrere Unternehmen Zahlung von Boni von der Zahl der Krankheitstage abhängig gemacht.

Pflichten des Arbeitnehmers

§ 5 beschreibt Anzeige- und Nachweispflichten des Arbeitnehmers. Der Arbeitnehmer hat seinem Arbeitgeber so bald wie möglich, bei leichteren Krankheiten also in der Regel am ersten Krankheitstag, mitzuteilen, dass er erkrankt ist (Krankmeldung). Diese Pflicht beinhaltet eine möglichst schnelle Information des Arbeitgebers, damit dieser organisatorische Maßnahmen ergreifen kann, um eine Vertretung des erkrankten Arbeitnehmers sicherzustellen. Diese Pflicht gilt auch bei einer Arbeitsunfähigkeit im Ausland. Der Arbeitnehmer hat auf dem schnellstmöglichen Übermittlungsweg die Arbeitsunfähigkeit, die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit und seine Adresse am Aufenthaltsort mitzuteilen. Er muss außerdem Arbeitsunfähigkeit und die voraussichtliche Dauer seiner Krankenkasse melden.

Gemäß § 6 sind Arbeitnehmer gehalten, eine mögliche Dritthaftung mitzuteilen, damit der Arbeitgeber eventuelle Schritte zum Regress einleiten kann.

Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage (d. h., Wochenenden oder arbeitsfreie Tage werden mitgezählt), muss der Arbeitnehmer spätestens am ersten darauf folgenden Arbeitstag seinem Arbeitgeber eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zukommen lassen. Aus dieser muss sich das Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer ergeben. Der Arbeitgeber ist berechtigt, eine frühere Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu verlangen.

Kommt der Arbeitnehmer den ihm obliegenden Anzeige- und Nachweispflichten schuldhaft nicht nach, kann der Arbeitgeber die Vergütungsfortzahlung verweigern, bis der Nachweis erbracht ist. Dies ist in § 7 geregelt.

Kur (Rehabilitationsmaßnahme)

Auch im Falle einer Kur, im Gesetz „Maßnahme der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation“ genannt, besteht ein Entgeltfortzahlungsanspruch (§ 9). Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, dem Arbeitgeber den Zeitpunkt des Antritts der Kur und ihre voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen und ihm die Bescheinigung des Sozialleistungsträgers oder des Arztes über die Anordnung der Kur unverzüglich vorzulegen.