Altersgrenze im Arbeitsrecht

Viele Arbeitgeber und Arbeitnehmer meinen, dass der Eintritt ins Rentenalter irgendwie klar sei.

Arbeitnehmer meinen, dass dann, wenn sie sie Rente erhalten, auch das Arbeitsverhält nis vorbei sei.

Tatsächlich muss das Ende eines Arbeitsverhältnisses doch vereinbart sein.

Und zwar in einer Art und Weise, die weder formal- noch materiell-rechtlich angreifbar ist.

Ohne ausdrückliche Regelung gibt es keine Altersgrenze, die ein Arbeitsverhältnis automatisch bei Erreichen eines bestimmten Lebensalters beendet.

Woraus ergeben sich Altersgrenzen?

Eine Altersgrenze im Arbeitsrecht kann sich für das Arbeitsverhältnis ergeben aus:

  1. Gesetz
  2. Tarifvertrag
  3. Betriebsvereinbarung
  4. Arbeitsvertrag

Wollen Arbeitgeber sicher sein, dass ein Arbeitsverhältnis mit 67 oder nach Vollendung eines anderen Lebensalters endet, müssen sie sich vergewissern, ob dieses automatische Ende für sie und die Arbeitnehmer irgendwo geregelt ist.

Während Gesetze grundsätzlich für alle gelten, ist der Geltungsbereich eines Tarifvertrags auf bestimmte Branchen, Betriebe und Arbeitnehmer beschränkt.

So kann sich ein Arbeitgeber, der nicht tarifgebunden ist, auch nicht auf eine tarifliche Regelung berufen, nach der Arbeitsverhältnisse mit Erreichen einer bestimmten Altersgrenze automatisch enden.

 

Beeendigungsregelung = Befristungsabsprache?

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass Regelungen, die bestimmen, wann ein Arbeitsverhältnis bei Erreichen einer bestimmten Altersgrenze ohne weiteres Zutun beendet wird, sogenannte Befristungsabsprachen darstellen.

So eine Befristung ist nach § 14 Abs. 1 TzBfG nur zulässig, wenn sie sachlich gerechtfertigt ist.

Die Beweggründe des Arbeitgebers allein reichen dafür nicht aus.

Der Arbeitnehmer muss beim automatischen Ende sozial abgesichert sein – und das ist er nur, wenn er Anspruch auf eine gesetzliche Altersrente hat.

Zudem kommt es wegen § 41 SGB VI auch noch auf den richtigen Zeitpunkt der Vereinbarung an.

Altersgrenzen führen nicht zu einer Zwangsverrentung und Arbeitgeber können Mitarbeiter nicht einfach in Rente schicken.

Auf der anderen Seite müssen Arbeitgeber aufpassen, dass sie Arbeitnehmer nach Erreichen einer Altersgrenze nicht einfach weiter arbeiten lassen, dann läuft ihr Arbeitsverhältnis nämlich wegen § 15 Abs. 5 TzBfG unbefristet weiter.

 

Altersgrenze im Gesetz

Arbeitgeber stellen sich bei rentennahen Arbeitnehmern häufig die Frage, ob deren Arbeitsverhältnis mit Erreichung des Renteneintrittsalters automatisch endet.

Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen Erreichens einer Altersgrenze ist gesetzlich nicht geregelt.

Ausnahme: für Beamte in § 33 Abs. 1 TVöD

Ein Arbeitsverhältnis endet also keinesfalls automatisch durch Erreichen der Regelaltersgrenze für den Rentenbezug.

 

Hinweis: Die Altersgrenze des Renteneintrittsalters ist aber in fast allen Tarifverträgen und auch in sehr vielen Einzelarbeitsverträgen vorgesehen.

Falls ein Betriebsrat existiert, kann die Vereinbarung auch im Rahmen einer Betriebsvereinbarung erfolgen.

 

Altersgrenze im Tarifvertrag / Betriebsvereinbarung

Regelaltersgrenzen in Betriebsvereinbarungen und in Tarifverträgen müssen zu ihrer Wirksamkeit eines Sachgrundes im Sinne von § 14 Abs. 1 S. 1 TzBfG enthalten.

Als Sachgrund ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts das Bedürfnis des Arbeitgebers nach einer sachgerechten und berechenbaren Personal- und Nachwuchsplanung anzuerkennen.

Dieses Bedürfnis des Arbeitgebers ist vorrangig gegenüber dem Interesse des Arbeitnehmers am Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses.

So ist der aufgrund einer Regelaltersgrenze ausscheidende Arbeitnehmer typischerweise durch die gesetzliche Altersrente wirtschaftlich abgesichert und habe typischerweise seinerseits zu einem früheren Zeitpunkt vom Freiwerden von Arbeitsplätzen aufgrund einer Altersgrenze profitiert.

Als Beschränkung von Arbeitsverhältnissen älterer Arbeitnehmer bedürfen Altersgrenzen weiterhin einer Rechtfertigung, um vor dem Verbot der Altersdiskriminierung zu bestehen.

Sowohl der Europäische Gerichtshof als auch das Bundesarbeitsgericht erkennen eine solche Rechtfertigung in der Regelung des § 10 S. 3 Nr. 5 AGG, danach kann eine Vereinbarung, die die Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann, zulässig sein.

Im Ergebnis erachtet das Bundesarbeitsgericht kollektivrechtliche Altersgrenzen dann für zulässig, wenn sie die Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Zeitpunkt des Erreichens der sozialversicherungsrechtlichen Regelaltersgrenze vorsehen.

Bei Betriebsvereinbarungen ist zusätzlich die Regelungssperre nach § 77 Abs. 3 BetrVG zu beachten.

Danach können Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein.

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass eine vereinbarte Regelaltersgrenze in einer Betriebsvereinbarung trotz der grundsätzlich bestehenden Regelungskompetenz der Betriebsparteien für Regelaltersgrenzen, dann unwirksam ist, wenn die Berücksichtigung der Sondersituation für rentennahe Arbeitnehmer fehlt.

 

Altersgrenze im Arbeitsvertrag

Vor Anhebung der Regelaltersgrenze von 65 auf 67 Jahre war in Arbeitsverträgen häufig geregelt, dass das Arbeitsverhältnis „nach Ablauf des Kalendermonats, in dem der Mitarbeiter das 65. Lebensjahr vollendet“, beendet wird.

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass solche Regelungen im Arbeitsvertrag aufgrund der Anhebung des Regelrentenalters regelmäßig dahingehend auszulegen sind, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erst mit der Vollendung des für den Bezug einer Regelaltersrente maßgeblichen Lebensalters erfolgen soll.

Dies heißt im Umkehrschluss, dass ein Arbeitnehmer einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Weiterbeschäftigung zumindest bis zur Vollendung des 67. Lebensjahres hat, obwohl im Arbeitsvertrag die Zahl 65 steht.

Allerdings kommt es hierbei stets auf die konkrete Formulierung im Einzelfall an.

Vereinbarungen in Arbeitsverträgen, nach denen das Arbeitsverhältnis bei Erreichen eines bestimmten Lebensalters, z. B. des 67. Lebensjahres, endet, werden vom Bundesarbeitsgericht rechtlich als Befristung qualifiziert.

Eine solche Befristung ist, wenn sie schriftlich vereinbart wurde, auch zulässig.

Das Arbeitsverhältnis darf gemäß § 15 Abs. 1 TzBfG mit Ablauf der vereinbarten Zeit, nämlich mit Eintritt in das „Regelrentenalter”, beendet werden.

Die Befristung auf das Erreichen der maßgeblichen Regelaltersgrenze ist ein zulässiger sachlicher Befristungsgrund im Sinne des § 14 Abs. 1 Ziff. 1 TzBfG.

Das Bundesarbeitsgericht begründete dies in der Vergangenheit in erster Linie mit dem Interesse des Arbeitgebers an einer vernünftigen Personalentwicklungsplanung sowie mit der Möglichkeit, neue Beschäftigungen für wirtschaftlich noch nicht abgesicherte, also jüngere Arbeitnehmer zu schaffen.

Mit ähnlicher Begründung, nämlich mit Blick auf Beschäftigungspolitik und Arbeitsmarkt – hat auch der Europäische Gerichtshof entschieden, dass Befristungen auf den Eintritt in das „Regelrentenalter” keinen Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung darstellen.

Damit hat der EuGH diese Art der Befristung auch europarechtlich als zulässig abgesegnet.

 

Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in Altersrente?

Sowohl Arbeitnehmer, als auch Arbeitgeber fragen sich häufig, wie der Fall ist, wenn der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran hat, seinen Arbeitnehmer auch über den gesetzlichen Renteneintritt hinaus zu beschäftigen und der Arbeitnehmer auch gern noch beim Arbeitgeber weiterarbeiten möchte.

Zunächst einmal ist klarzustellen, dass es keine Verpflichtung gibt, die gesetzliche Regelaltersrente zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu beziehen.

Der Gesetzgeber sieht vielmehr durchaus die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung vor.

Aus § 41 S. 3 SGB VI ergibt sich:

Sieht eine Vereinbarung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze vor, können die Arbeitsvertragsparteien durch Vereinbarung während des Arbeitsverhältnisses den Beendigungszeitpunkt, gegebenenfalls auch mehrfach, hinausschieben.

Die Vorschrift enthält also einen gesetzlichen Sachgrund für die befristete Fortsetzung von Arbeitsverhältnissen mit Rentnern.

Sie gilt allerdings nur für den Fall, dass der Arbeitsvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder ein anwendbarer Tarifvertrag eine Rentenaltersklausel enthält.

Besteht also zwischen den Arbeitsvertragsparteien eine Rentenaltersklausel der oben beschriebenen Art, kann eine Vereinbarung nach § 41 S. 3 SGB VI über die Weiterbeschäftigung trotz Erreichens des Rentenalters getroffen werden.

Wichtig ist hierbei, dass die Vereinbarung noch während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses, also nicht erst nach dessen Beendigung durch Eintritt des Regelrentenalters, getroffen wird.

Denn sonst handelt es sich möglicherweise um eine unzulässige Befristungsabrede mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis zu den alten Konditionen als unbefristetes fortzuführen ist.

 

HINWEIS:

Eine Kündigung eines älteren Arbeitnehmers in Altersrente kann aufgrund langer Betriebszugehörigkeitszeiten und des fortgeschrittenen Lebensalters für Arbeitgeber schwer durchsetzbar sein.

Häufig möchten Arbeitgeber und Arbeitnehmer für Arbeitnehmer im Rentenalter keine Vollzeitbeschäftigung mehr, sondern eine Reduzierung der Arbeitszeit, die natürlich mit einer entsprechenden Reduktion von Gehalt, Urlaubsansprüchen einhergeht.

Um sich hier vor unliebsamen Überraschungen zu schützen, ist die Vereinbarung eines entsprechenden Änderungsvertrages mit den angepassten Arbeitsvertragsbedingungen vor Erreichen des Rentenalters dringend anzuraten.