Das Sächsische Oberverwaltungsrecht in Bautzen hat es mit Beschluss vom 20.11.2020 zum Aktenzeichen 3 B 399/20 abgelehnt, § 9 Abs. 1 der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung in der seit 13.11.2020 geltenden Fassung vorläufig außer Vollzug zu setzen, soweit Versammlungen unter freiem Himmel ausschließlich ortsfest zulässig sind.
Aus der Pressemitteilung des Sächs. OVG Nr. 22/2020 vom 20.11.2020 ergibt sich:
Gemäß § 9 Abs. 1 SächsCoronaSchVO sind Versammlungen unter freiem Himmel ausschließlich ortsfest zulässig. Die weitere Beschränkung in dieser Vorschrift, wonach Versammlungen mit höchstens 1.000 Teilnehmern zulässig sind, war nicht Gegenstand der Entscheidung. Der Antragsteller hatte im Verfahren geltend gemacht, er beabsichtige, am 20.11.2020 ab 16 Uhr vor einer Asylbewerberunterkunft in Dresden eine Kundgebung abzuhalten und sich anschließend mit der Versammlung von etwa 50 Personen auf dem Fahrrad über eine näher beschriebene Wegstrecke von etwa acht Kilometern als geschlossener Verband in mäßiger Geschwindigkeit zum Hammerweg in Dresden zu begeben. Deshalb war der Normenkontrollantrag im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zulässig.
Das OVG Bautzen hat den Antrag abgelehnt.
Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts greift das gerügte Verbot anderer als ortsfester Versammlungen in § 9 Abs. 1 SächsCoronaSchVO zwar erheblich in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ein, weil das von Art. 8 GG geschützte Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters auch die Entscheidung über Ort, Zeitpunkt und Ablauf der geplanten Versammlung erfasst. Jedoch könne gemäß Art. 8 Abs. 2 GG dieses Recht für Versammlungen unter freiem Himmel aufgrund eines Gesetzes (also auch durch eine Rechtsverordnung) beschränkt werden. Eine solche Beschränkung sei dann jedoch im Lichte der grundlegenden Bedeutung der Versammlungsfreiheit auszulegen und nur zum Schutz gleichgewichtiger anderer Rechtsgüter und unter strikter Wahrung der Verhältnismäßigkeit zulässig.
Dies zugrunde gelegt sei das Verbot anderer als ortsfester Versammlungen in § 9 Abs. 1 SächsCoronaSchVO nicht offensichtlich rechtswidrig und deshalb vorläufiger Rechtsschutz gegen diese Norm zu versagen. Denn das Verbot diene dem Ziel, mittels Kontaktverringerung zu anderen Menschen als den Angehörigen des eigenen Haushalts die Weiterverbreitung des Virus SARSCOV-2 auf ein absolutes Minimum zu reduzieren. Dass Aufzüge jeglicher Art wegen der dabei auftretenden vielfältigen Kontaktmöglichkeiten infektionstreibend sein könnten und dabei die Einhaltung der Hygienemaßgaben schwerer kontrolliert werden könne, liege auf der Hand. Hinzu komme, dass eine ortsfeste Versammlung unter Einhaltung der Hygieneanforderungen weiter möglich bleibe. Auch das BVerfG (Beschl. v. 30.08.2020 – 1 BvQ 94/20) habe die Auflage, eine Versammlung ortsfest durchzuführen, demgemäß als ein milderes Mittel zur Durchsetzung des Infektionsschutzes gebilligt. Gegenüber der Einschränkung der Versammlungsfreiheit durch das Verbot anderer als ortsfester Versammlungen habe deshalb der Schutz von Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 1 GG, die angesichts des aktuellen Infektionsgeschehens sehr stark gefährdet seien, ein höheres Gewicht.
Die Entscheidung des OVG Bautzen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist unanfechtbar.