Immer wieder kommt es in Arbeitsverhältnissen zu Spannungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, weil sich ein Arbeitnehmer direkt oder gegenüber Kollegen oder im privaten Bereich über WhatsApp oder Facebook über Kunden, Kollegen oder Vorgesetzte äußert.
Die Folge ist oft eine außerordentliche Kündigung und hilfsweise eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber.
Arbeitnehmer und Arbeitgeber treffen sich dann meist vor dem Arbeitsgericht im Rahmen einer Kündigungsschutzklage wieder.
Das Arbeitsgericht Duisburg, Urteil vom 26.09.2012 – 5 Ca 949/12 hatte die folgende unfreundliche Facebook-Äußerung über den Arbeitgeber und Arbeitskollegen zu bewerten:
Irgendwann mach ich mein mund auf und dann mal gucken wie doof die gucken alle manche arbeitskollegen haben nixs zu tun hinter mein rücken zu reden und lästern von bildern die ih hier rein tue bilder von januar nur weil paar kollegen von mir es haben wollten hab ihes drauf gemacht aber ein paar speckrollen die nicht mal jahre lang abnehmen können und manche die überstd brauchen meinen hinter mein rücken zu reden habt ihr keine freunde hattet ihr schlechten sex hat jemand euch ins gehirn geschissen oder so habt ihr keine andere hobbys statt zu lästern und arsch zu kriechen und auf ein klug scheißer tun als werd ihr besser ihr seit unnötig noch nicht mal irgednwas wert bin seit fünfjahren bzw mehr als fünf jahre nie krankenschein eingereicht und jetz wo ich innenminuskriss habe könnt ihr jetz lästern ihr fische denkt ihr ich bin froh darüber ihr heult doch immer wegen kleinigkeiten und drückt attest rein ihr könnt mich mal kreuzweise die jenigen wissen wen ich meine die sollen sich nur schämen wartet wenn ih ab Freitag ambulant bin und in zwei wochen raus komme!!!
Das Arbeitsgericht hielt die Äußerung des Klägers bei Abwägung aller Umstände nicht für geeignet, ohne vorherige Abmahnung eine außerordentliche Kündigung oder eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung zu rechtfertigen.
Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hat mit Urteil vom 08.04.2010 – 4 Sa 474/09 entschieden, dass die Bezeichnung eines Kunden als „Arschloch“ nicht geeignet ist eine außerordentliche oder verhaltensbedingten ordentlichen Kündigung zu rechtfertigen, wenn es sich um ein erstmaliges Versagen handelte, so dass im Einzelfall zunächst der Ausspruch einer Abmahnung als Reaktion auf die Pflichtverletzung des Arbeitnehmers in Betracht kommt.
Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 20.01.2011 – 11 Sa 353/10 entschieden, dass die Ansprache einer vorgesetzten Arbeitskollegin mit „Jawohl, mein Führer“ keine außerordentliche oder verhaltensbedingte ordentliche Kündigung rechtfertigt, wenn diese situativ und sachbezogen erfolgt.
Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 24.07.2014 – 5 Sa 55/14 entschieden, dass die Äußerungen über einen Vorgesetzten „Da läuft ja der Psychopath“, „der ist nicht richtig im Kopf“, „der gehört in die Psychiatrie, weil er psychisch krank ist“, „der gehört eingesperrt“, „Arschloch“, „Der wird sich noch wundern, ich lasse mich nicht einfach aus dem Büro werfen“, „der wird schon noch sehen, was er davon hat“ weder eine außerordentliche noch eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung rechtfertigen, wenn diese anlassbezogen war, auf einem Verhalten am Vortrag bezogen war und es an einer Abmachung fehlt.
Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 22.06.2016 – 4 Sa 5/16 entschieden, dass Beleidigungen eines Arbeitskollegen mittels Emojis bei Facebook nicht zu einer außerordentlichen oder verhaltensbedingten ordentlichen Kündigung rechtfertigt, wenn aufgrund der tatsächlichen Gesamtumstände davon auszugehen, dass dem Äußernden die Tragweite seines Tuns und die Reichweite seiner Beleidigungen so nicht bewusst war.
Das Arbeitsgericht Hagen hat mit Urteil vom 16.05.2012 – 3 Ca 2597/11 entschieden, dass eine außerordentliche Kündigung eines Arbeitnehmers wegen der Äußerungen über einen Vorgesetzten bei Facebook mit den Äußerungen „scheiss G1“, „kleiner scheisshaufen“, „wixxer“, „faules schwein, der noch nie gearbeitet hat in seinem scheissleben“, „drecksau“, „doofmann“ rechtswidrig ist, da die Interessenabwägung in Form vom Lebensalter und Betriebszugehörigkeit zugunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen waren.
Das Arbeitsgericht Mainz hat mit Urteil vom 15.11.2017 – 4 Ca 1240/17 entschieden, dass die Teilnahme eines Arbeitnehmers an einer fremdenfeindlichen Chat-Gruppe keine außerordentliche oder verhaltensbedingte ordentliche Kündigung rechtfertigt.
Das Bundesarbeitsgericht hatte am 10.12.2009 – 2 AZR 534/08 über den Fall einer Kündigung wegen ehrverletzender Äußerungen zu entscheiden, dem ein Gespräch zu Grunde lag, in welchem eine von drei Organisationsleiterinnen eines Versicherungsunternehmens sich ihren beiden Kolleginnen gegenüber über den unmittelbar vorgesetzten Bezirksdirektor äußerte. Später teilten die beiden anderen Organisationsleiterinnen dem Bezirksdirektor den Inhalt dieser Äußerungen mit, woraufhin eine fristlose Kündigung erfolgte.
Das Bundesarbeitsgericht bekräftigte dabei zwar, dass das bewusste Verbreiten wahrheitswidriger Behauptungen über die Geschäftsentwicklung ebenso wie grobe Beleidigungen des Arbeitgebers oder seiner Vertreter, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den Betroffenen bedeuten, einen wichtigen arbeitsvertraglichen Verstoß darstellen.
Weiter führte das Bundesarbeitsgericht sodann jedoch wörtlich aus:
„Bei der rechtlichen Würdigung sind allerdings die Umstände zu berücksichtigen, unter denen diffamierende oder ehrverletzende Äußerungen über Vorgesetzte und/oder Kollegen gefallen sind. Geschah dies in vertraulichen Gesprächen unter Arbeitskollegen, dann mögen sie eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht ohne weiteres zu rechtfertigen … Der Arbeitnehmer darf anlässlich solcher Gespräche regelmäßig darauf vertrauen, seine Äußerungen würden nicht nach außen getragen. Er muss nicht damit rechnen, durch sie werde der Betriebsfrieden gestört und das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber belastet. Vertrauliche Äußerungen unterfallen dem Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Artikel 2 Abs. 1 i. V. m. Artikel 1 Abs. 1 Satz 1 GG). Die vertrauliche Kommunikation in der Privatsphäre ist Ausdruck der Persönlichkeit und grundrechtlich gewährleistet. Äußerungen, die gegenüber Außenstehenden oder der Öffentlichkeit wegen ihres ehrverletzenden Verhalten nicht schutzwürdig wären, genießen in Vertraulichkeitsbeziehungen als Ausdruck der Persönlichkeit und Bedingung ihrer Entfaltung verfassungsrechtlichen Schutz … Hebt der Gesprächspartner später gegen den Willen des sich negativ äußernden Arbeitnehmers die Vertraulichkeit auf, geht dies arbeitsrechtlich nicht zu dessen Lasten.“