Datenschutzverstoß: Millionenbußgeld gegen Telekommunikationsdienstleister reduziert

Das Landgericht Bonn hat am 11.11.2020 zum Aktenzeichen 29 OWi 1/20 LG entschieden, dass das Bußgeld, welches der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und Informationsfreiheit (BfDI) gegen einen Telekommunikationsdienstleister aufgrund eines Verstoßes gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verhängt hat, dem Grunde nach berechtigt, aber unangemessen hoch ist.

Aus der Pressemitteilung des LG Bonn Nr. 27/2020 vom 11.11.2020 ergibt sich:

Anlass für das Bußgeldverfahren war eine Strafanzeige wegen Nachstellung („Stalking“) eines Kunden des Telekommunikationsdienstleisters. Dessen ehemalige Lebensgefährtin hatte über das Callcenter des Telekommunikationsdienstleisters die neue Telefonnummer ihres Ex-Partners erfragt, indem sie sich als dessen Ehefrau ausgegeben hatte. Zur Legitimierung musste sie lediglich den Namen und das Geburtsdatum des Kunden nennen. Die neue Telefonnummer hatte sie dann zu belästigenden Kontaktaufnahmen genutzt. Der BfDI verhängte deshalb im November 2019 gegen den Telekommunikationsdienstleister ein Bußgeld i.H.v. 9,55 Mio. Euro wegen grob fahrlässigen Verstoßes gegen Art. 32 Abs. 1 DSGVO. Zur Begründung führte der BfDI aus, dass die bloße Abfrage von Name und Geburtsdatum zur Authentifizierung von Telefonanrufern keinen ausreichenden Schutz für die Daten im Callcenter gewährleiste. Gegen diesen Bescheid hat der Telekommunikationsdienstleister Einspruch eingelegt, weshalb die Sache an fünf Hauptverhandlungstagen vor dem Landgericht verhandelt wurde.

Das LG Bonn hat das Bußgeld von ursprünglich 9,55 Mio. Euro auf 900.000 Euro herabgesetzt.

Nach Auffassung des Landgerichts hängt die Verhängung eines Bußgelds gegen ein Unternehmen nicht davon ab, dass der konkrete Verstoß einer Leitungsperson des Unternehmens festgestellt wird. Das anwendbare europäische Recht stelle anders als das deutsche Ordnungswidrigkeitenrecht kein entsprechendes Erfordernis auf.

In der Sache liege ein Datenschutzverstoß vor, da der Telekommunikationsdienstleister die Daten seiner Kunden im Rahmen der Kommunikation über die sog. Callcenter nicht durch ein hinreichend sicheres Authentifizierungsverfahren geschützt habe. Auf diese Weise sei es nicht berechtigten Anrufern durch ein geschicktes Nachfragen und unter Vorgabe einer Berechtigung möglich gewesen, nur mithilfe des vollständigen Namens und des Geburtsdatums an weitere Kundendaten, wie z.B. die aktuelle Telefonnummer, zu gelangen. Sensible Daten wie Einzelverbindungsnachweise, Verkehrsdaten oder Kontoverbindungen hätten auf diesem Wege indes nicht abgefragt werden können.

Die Betroffene habe sich hinsichtlich der Angemessenheit des Schutzniveaus in einem Rechtsirrtum befunden. Mangels verbindlicher Vorgaben an den Authentifizierungsprozess in Callcentern sei dieser Rechtsirrtum zwar verständlich, aber vermeidbar gewesen.

Die Höhe des Bußgeldes sei auf 900.000 Euro herabzusetzen gewesen. Das Verschulden des Telekommunikationsdienstleisters sei gering. Im Hinblick auf die über Jahre geübte Authentifizierungspraxis, die bis zu dem Bußgeldbescheid nicht beanstandet worden sei, habe es dort an dem notwendigen Problembewusstsein gefehlt. Zudem sei zu berücksichtigten, dass es sich – auch nach der Ansicht des BfDI – nur um einen geringen Datenschutzverstoß handele. Diese habe nicht zur massenhaften Herausgabe von Daten an Nichtberechtigte führen können.