Das Landgericht Hannover hat am 19.10.2020 zum Aktenzeichen 13 O 24/19 dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob Müllfahrzeuge und andere Sonder- und Spezialfahrzeuge von der Entscheidung zum LKW-Kartell umfasst werden.
Aus der Pressemitteilung des LG Hannover vom 10.11.2020 ergibt sich:
Beim LG Hannover ist ein Verfahren zum sog. LKW-Kartell anhängig, das von der EU-Kommission mit Beschluss vom 19.07.2016 ( C(2016) 4673) festgestellt worden ist. Die Klägerin macht gegen einen LKW-Hersteller Schadensersatzansprüche wegen behaupteter Preisüberhöhungen bei dem Erwerb von zwei Müllfahrzeugen geltend; der LKW-Hersteller war Teilnehmer des oben genannten Kartells. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Beschluss der Kommission und damit das „LKW-Kartell“ selbst auch Müllfahrzeuge als Sonder- bzw. Spezialfahrzeuge erfasst. Dies ist entscheidend, da die nationalen Gerichte – wie hier das LG Hannover – nach § 33 GWB a.F. grundsätzlich an die Feststellungen des Kommissionsbeschlusses gebunden sind. Der Wortlaut des Beschlusses erscheint dem Landgericht insoweit jedoch nicht eindeutig; auch die Entstehungsgeschichte im sog. Settlement-Verfahren lasse unterschiedliche Deutungen zu.
Das LG Hannover hat dem EuGH gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b, Abs. 2 AEUV folgende Frage zur Auslegung der Handlungen der Organe der Union vorgelegt:
1. Ist der in dem Verfahren nach Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens (Sache AT.39824 – Lastkraftwagen) ergangene Beschluss der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 19.07.2016 – C(2016) 4673 final – dahingehend auszulegen, dass auch Sonder-/Spezialfahrzeuge, insbesondere Müllfahrzeuge, von den Feststellungen dieser Kommissionsentscheidung erfasst sind.
2. Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des EuGH über die Vorlagefrage zu 1. ausgesetzt.
Nach Auffassung des Landgerichts ist eine Entscheidung des EuGH vor dem Erlass eines Urteils erforderlich. Darüber hinaus bestehe ein grundsätzliches Interesse an einer eindeutigen Klärung: So seien noch weitere Verfahren mit ähnlich gelagerten Sachverhalten – zum Teil mit mehreren hundert LKW-Erwerbsvorgängen – anhängig, in denen es ebenfalls darum geht, ob von dem Kommissionsbeschluss auch Sonder- und/oder Spezialfahrzeuge aller Art wie etwa Feuerwehrfahrzeuge, Beton-Fahrmischer, Kehrmaschinen, Winterdienstfahrzeuge oder Tank- und Gefahrgutfahrzeuge erfasst seien.
Gegen den Vorlagebeschluss sind keine Rechtsmittel gegeben.