Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes in Saarlouis hat mit Beschluss vom 09.11.2020 zum Aktenzeichen 2 B 323/20 und 2 B 306/20 entschieden, dass das umfassende Verbot der Durchführung von Tätowierungen unter Berücksichtigung der von den Betreibern mehrerer Tattoo-Studios dargelegten umfangreichen Hygienekonzepte voraussichtlich rechtswidrig ist.
Aus der Pressemitteilung des OVG Saarland Nr. 19/2020 vom 09.11.2020 ergibt sich:
Die Betreiber mehrerer Tattoo- und Piercing-Studios stellten Eilanträge gegen die Betriebsuntersagung in § 7 Abs. 4 Satz 1 der aktuellen Verordnung der Landesregierung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Die einschlägige Regelung in § 7 Abs. 4 der Rechtsverordnung untersagt die Erbringung körpernaher Dienstleistungen, wie sie in Kosmetikstudios, Massage-Praxen, Tattoo-Studios und ähnlichen Betrieben erfolgt. Heilmittelerbringer und Gesundheitsberufe sind von den Betriebsuntersagungen ausdrücklich ausgenommen. Der Betrieb von Friseursalons ist im Rahmen der bestehenden Hygienekonzepte weiterhin zulässig.
Die Antragsteller machten geltend, die generelle Untersagung des Tätowierens sei ein nicht gerechtfertigter Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit. Auch liege ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz vor, soweit Friseurbetriebe geöffnet bleiben dürften. Im Rahmen der Dienstleistung des Tätowierens sei die Einhaltung der gängigen Hygienekonzepte möglich.
Das OVG Saarlouis hat den Eilanträgen stattgegeben.
Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts stellt das umfassende Verbot der Durchführung von Tätowierungen unter Berücksichtigung der von den Antragstellern dargelegten umfangreichen Sicherungsmaßnahmen und Hygienekonzepten voraussichtlich eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber anderen „körpernahen Dienstleistern“ dar. Nach den Angaben des Robert-Koch-Instituts zu den Infektionsgeschehen lasse sich keine Relevanz von Tattoo-Studios für die Weiterverbreitung des Coronavirus entnehmen.
Sachlich nicht zu rechtfertigen sei die in dem § 7 Abs. 4 Satz 3 der Rechtsverordnung enthaltene Privilegierung von Friseursalons im Verhältnis zu dem einem vollständigen Verbot unterworfenen Gewerbe der Antragsteller. Vergleiche man die von den Antragstellern geschilderten, strengen Hygienevorgaben unterliegenden Arbeits- und Betriebsabläufe in den Tattoo-Studios mit den durch einen deutlich höheren Kundendurchlauf geprägten Friseursalons sei es nicht nachvollziehbar, warum unter dem hier maßgeblichen Kriterium der Pandemiebekämpfung die Studios der Antragsteller vorläufig geschlossen werden müssten, wohingegen die Friseurgeschäfte aus Sicht des Verordnungsgebers hinnehmbar erschienen. Vor dem Hintergrund der in mehrfacher Hinsicht bei den Betrieben der Antragsteller allenfalls sehr eingeschränkten Infektionsrisiken sei zumindest zweifelhaft, ob sich die zur Verhinderung der Weitergabe des SARS-CoV-2-Virus angeordnete umfassende Betriebsuntersagung als eine insgesamt erforderliche und verhältnismäßige Maßnahme darstelle.
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.