Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 17.03.2020 zum Aktenzeichen 3 StR 574/19 entschieden, dass eine Raubtat auch dann mit Todesfolge vorliegt, wenn die lebenserhaltenden Maßnahmen durch die Ärzte wegen einer Patientenverfügung nicht fortgesetzt werden.
Der vom Tatbestand des § 251 StGB geforderte gefahrspezifische Zusammenhang zwischen dem vom Angeklagten begangenen Raub und dem Tod der Verstorbenen ungeachtet der nur eingeschränkten medizinischen Behandlung gegeben.
Der geforderte Risikozusammenhang kann allerdings unterbrochen werden, wenn die tödliche Folge erst durch das Eingreifen eines Dritten oder ein eigenverantwortliches Handeln des Opfers selbst herbeigeführt wurde.
Nach diesen Maßstäben ist dem Angeklagten der Tod der Verstorbenen als Folge des von ihm in Gang gesetzten Geschehens zuzurechnen.
Dass der Tod im konkreten Verlauf nicht durch die Gehirnblutung selbst, sondern im Zusammenwirken mit den Vorerkrankungen des Opfers auf die durchgeführte Operation zurückzuführen ist, stellt den geforderten Gefahrzusammenhang nicht in Frage. Der im Krankenhaus unternommene Behandlungsversuch wurde mit dem Ziel durchgeführt, der mit der Tat in Gang gesetzten Risikoverwirklichung Einhalt zu gebieten. Dass diese Bemühungen fehlschlugen, beruhte nicht auf einem eigenständigen, von den behandelnden Ärzten verantworteten neuen Risiko für das Leben der dann Verstorbenen. Vielmehr war ein möglicher tödlicher Ausgang der medizinisch indizierten und lege artis durchgeführten Operation bereits zum Zeitpunkt der Tat in der Konstitution des Raubopfers angelegt.
Ebenso wenig wurde eine selbständige neue Ursache für den Tod dadurch gesetzt, dass die behandelnden Ärzte im Einklang mit der Patientenverfügung und dem präoperativ geäußerten Willen der Verstorbenen lebensverlängernde Maßnahmen abbrachen.
Das Opfer einer Gewalttat, das ärztliche Hilfe nicht in Anspruch nimmt, setzt damit keine neue Ursache für ein solches Versterben, sondern wirkt nur dem vom Täter gesetzten tödlichen Risiko nicht entgegen. Schon deshalb begründet in der Regel die Entscheidung gegen die Behandlung keine „neue“ Todesgefahr. Zudem vermag die in der Patientenverfügung der Verstorbenen zum Ausdruck kommende eigenverantwortliche Entscheidung, auf eine „Maximaltherapie“ im Sinne einer apparategestützten Lebensverlängerung verzichten zu wollen, bei wertender Betrachtung auch aus rechtlichen Gründen eine zurechnungsunterbrechende Wirkung nicht zu entfalten. Der eigenverantwortlich in der Patientenverfügung niedergelegte Wille der Verstorbenen ist als Ausdruck ihres verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrechts zu werten, wonach ein Patient in jeder Lebensphase, auch am Lebensende, das Recht hat, selbstbestimmt zu entscheiden, ob er ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen will. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Recht auf selbstbestimmtes Sterben umfasst das Recht, nach freiem Willen lebenserhaltende Maßnahmen abzulehnen und auf diese Weise einem zum Tode führenden Krankheitsgeschehen seinen Lauf zu lassen.
Der Tod der Verstorbenen ist mithin vorliegend unmittelbar auf die Körperverletzungshandlung des Angeklagten zurückzuführen und nicht nur durch einen autonomen, mit diesem Geschehen lediglich durch Kausalität verbundenen Willensbildungsprozess beeinflusst.
Dementsprechend unterbricht das Verhalten der Ärzte, die wegen des Vorliegens einer Patientenverfügung dem Willen der Patientin folgend in rechtmäßiger Weise auf eine Weiterbehandlung verzichteten, den Risikozusammenhang ebenfalls nicht. Liegt eine wirksame Patientenverfügung vor, so bleibt auch nach Eintritt der Einwilligungsunfähigkeit der tatsächlich geäußerte oder mutmaßliche Wille des Patienten für die Entscheidung über die Vornahme oder das Unterlassen ärztlicher Maßnahmen maßgeblich. Geht dieser Wille dahin, lebenserhaltende Maßnahmen zu unterlassen und so das Sterben zu ermöglichen, so folgt daraus ein Abwehranspruch des Patienten gegen lebensverlängernde Maßnahmen. Der Arzt, der in Umsetzung einer Patientenverfügung einen moribunden Zustand nicht durch intensivmedizinische Maßnahmen verlängert, beugt sich damit in Übereinstimmung mit den rechtlichen Vorgaben lediglich dem Patientenwillen. Eine Zurechnungsunterbrechung folgt hieraus nicht.
Der Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen lag auch im Rahmen des nach der Lebenserfahrung Erwartbaren. Damit, dass ein betagtes Opfer sich bei einer Raubhandlung wie der abgeurteilten schwere Kopfverletzungen zuzieht, ist ebenso zu rechnen wie mit dem Vorliegen einer Patientenverfügung oder dem sonst von dem Patienten geäußerten Willen, nicht an lebenserhaltende Apparate angeschlossen zu werden. Dass ein durch eine Nötigungshandlung schwer Verletzter auf lebensverlängernde Maßnahmen im Rahmen einer Patientenver- fügung verzichtet, entspricht mithin einem vom Schutzzweck des § 251 StGB unterfallenden typischen Verlauf.