Entwässerungssatzung der Marktgemeinde Haunetal teilweise unwirksam

07. November 2020 -

Das Verwaltungsgericht Kassel hat mit Urteil vom 27.10.2020 zum Aktenzeichen 6 K 1247/16.KS in insgesamt 29 Verfahren Bescheide über Beiträge für Erneuerungs- und Erweiterungsmaßnahmen am Kanalnetz und den Kläranlagen der Marktgemeinde Haunetal aufgehoben.

Aus der Pressemitteilung des VG Kassel Nr. 8/2020 vom 06.11.2020 ergibt sich:

Die Bescheide sind auf der Grundlage der Entwässerungssatzung der Marktgemeinde Haunetal vom 05.10.2010, geändert durch Satzung vom 10.12.2013 ergangen.

Das VG Kassel hat die Bescheide aufgehoben.

Das Verwaltungsgericht hat dabei die in der geänderten Satzung enthaltenen Gebührenbestimmungen beanstandet. Die darin enthaltene sog. qualifizierte Tiefenbegrenzungsregelung verstoße gegen höherrangiges Recht, nämlich gegen das Vorteilsprinzip aus § 11 Abs. 1 Satz 4 KAG sowie gegen den aus Art. 3 Abs. 1 GG herzuleitenden Grundsatz der Abgabengerechtigkeit. Die für diese Regelung erforderliche Ermittlung der örtlichen Verhältnisse sei methodisch fehlerhaft erfolgt.

Die Funktion einer Tiefenbegrenzungsregelung sei es, bei besonders tiefen Grundstücken eine Inanspruchnahme des Eigentümers nur in dem Umfang vorzunehmen, in dem er tatsächlich durch die Inanspruchnahme der öffentlichen Wasserversorgung begünstigt ist. Dazu seien die Flächen, die von der Möglichkeit der Inanspruchnahme einer öffentlichen Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung bevorteilt seien und dadurch aufgewertet werden, von den Grundstücksteilen abzugrenzen, die auf Dauer keinen Bedarf an der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung haben. Diese Abgrenzung sei grundsätzlich für jedes Grundstück einzeln vorzunehmen. Es sei den Gemeinden aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität und Verwaltungsvereinfachung gestattet, diese Abgrenzung mit einer Tiefenbegrenzungsregelung zu generalisieren. Die Tiefenbegrenzung muss die typischen örtlichen Verhältnisse widerspiegeln. Sie muss sich an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientieren.

Diesen Vorgaben entspricht die gemeindliche Satzung jedoch nicht: Die Gemeinde Haunetal habe die Tiefenbegrenzungsregelung qualifiziert auf Grundstücke in den Randlagen der Gemeinden beschränkt. Sie habe aber zur Ermittlung der Grenze nicht allein die in diesen Randlagen gelegenen Grundstücke berücksichtigt, sondern alle Grundstücke im Gemeindegebiet. Außerdem habe die Gemeinde die bauliche Nutzung der Grundstücke nicht berücksichtigt, sondern allein die Grundstückstiefe. Die bauliche Nutzbarkeit eines Grundstücks sei jedoch zwingend zu berücksichtigen.

Die Ungültigkeit dieser Regelung führt nach den Gründen der Entscheidung zur Unwirksamkeit des beitragsrechtlichen Teils der Satzung, also des Teils der Satzung, der Grundlage für die angefochtenen Beitragsbescheide ist. Demgemäß waren die angegriffenen Bescheide aufzuheben.

Die Beklagte kann die Zulassung der Berufung beantragen.