Das Amtsgericht München hat mit Urteil vom 1111 Cs 407 Js 224934/19 (2) die Erklärung einer wohnungssuchenden Angeklagten gegenüber dem städtischen Wohnungsamt als Bestechung gewertet und sie zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 20 Euro verurteilt.
Aus der Pressemitteilung des AG München Nr. 49/2020 vom 06.11.2020 ergibt sich:
Die Angeklagte. eine 28-jährige Kassiererin aus Unterhaching, war seit Anfang 2018 über ein Online-Portal des städtischen Wohnungsamtes für eine Sozialwohnung in München registriert und erfüllte seit März 2019 die Bedingungen für eine geförderte Ein-Zimmer-Wohnung. Ein Rechtsanspruch auf den tatsächlichen Erhalt einer Wohnung bestand auch angesichts tausender als wohnungssuchend registrierter Haushalte aber nicht. Das Amt konnte ihr in den Folgemonaten keine passende Wohnung vermitteln. In einer Mail vom 14.11.2019 schrieb sie wörtlich: „Wollen Sie Geld dan geben ich ihnen Geld. Es ist keine Problem, ich werde alles tun damit ich eine Wohnung krige. Sagen sie mir wie viel Geld sie brauchen???“
Die Angeklagte erklärte vor Gericht: „Ich wollte die Stadt München nicht bestechen. Ich wollte mit der Hilfe von Google einen Text übersetze, leider ist es mir nicht gelungen. Ich habe nicht bemerken können, was Google eigentlich übersetzt hat. Meine Deutschkenntnisse sind sehr mangelhaft. Eigentlich wollte ich sagen, dass ich bereit wäre, den Kautionsbetrag für die Wohnung zu bezahlen und auch die Miete für eine Wohnung. Außerdem wollte ich ausdrücken, dass ich einen Arbeitsplatz habe und für die Miete aufkommen kann. Ich lebe seit fast acht Jahren in Deutschland. Ich suche schon seit mehreren Jahren eine Wohnung. Teilweise habe ich bei meiner Schwester, teilweise in einer Pension und teilweise auf der Straße und im Keller gewohnt.“ Die als Zeugin vernommene Mitarbeiterin des Wohnungsamtes gab an, dass die Angeklagte immer wieder eine Wohnung beantragt habe. Ihre Anträge seien sehr fordernd und aggressiv formuliert. Aus ihnen könne man die Not der Angeklagten ganz klar ersehen.
Das AG München hat Angeklagten wegen Bestechung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 20 Euro verurteilt.
Das Amtsgericht stützte sein Urteil zunächst auf den Text dreier Mails der Angeklagten an das Wohnungsamt, deren letzte vom 14.11.2019 lautete: „Bei mir ist eine Not situation, bitte schiken sie mir paar Angeboten mit der Wohnungen! Das kann noch nicht war sein das die Wohnungen in München schon alle bereits vergeben würde. Lassen sie die alle anderen die schon zwei Wohnugen haben und 100 Kinder machen , die die keine Steuer zahlen wollen und dan nehmen Geld von Amt und Wohnungen, vermiten privat eigenes Wohnungen die vom der Stadt gegeben würde und melden bei Finanzamt nicht und bei euch nicht. Ich habe schnauze voll damit, haben sie mich verstanden???? Ich wohne in München seit 8 jahren und ich habe das Recht ein Wohnung zu bekommen, aber nicht solche verbrecher! Ich arbeite und zahle meine Steuer, ich möchte studieren, ich habe viele Plane. Bitte ich kann nicht mehr auf der Straße wohnen oder ständig bei anderem leute!!! Wollen sie Geld dan geben ich ihnen Geld. Es ist keine Problem, ich werde alles tun damit ich eine Wohnung krige. Sagen sie mir wie viel Geld sie brauchen???“
Die Aussage der Angeklagten, dass sie lediglich ausdrücken wollte, dass sie eine Kaution stellen könne, stelle sich aus Sicht des Gerichts als Schutzbehauptung dar. Zum einen seien die E-Mails zwar konstant mit einer Vielzahl von Schreibfehlern verfasst, allerdings grundsätzlich nachvollziehbar und sind nach Einschätzung des Gerichts auch problemlos mit mittleren Sprachkenntnissen in Einklang zu bringen. Bei der Verwendung eines Übersetzungsprogramms wie beispielsweise der Firma Google könne es zwar zu Sinnverzerrungen kommen, allerdings übersetze das Programm die Worte jeweils ohne Rechtschreibfehler. Zudem sei auch nicht nachvollziehbar, warum die Angeklagte nunmehr, nach 1 1/2-jähriger Benutzung des Portals bei gleichbleibendem Einkommen mitteilen möchte, dass sie über eine Kaution verfügen könne, wenn sie doch zuvor, in den vorangegangenen Mails, klargestellt habe, wie beschränkt ihre finanziellen Verhältnisse seien.
Zulasten der Angeklagten wurde u.a. eine kleinere Vorstrafe wegen Unterschlagung von 400 Euro zum Nachteil eines Spielsalons gewertet, zu ihren Gunsten, dass es seitens des Wohnungsamtes zu keiner Dienstpflichtverletzung gekommen sei.
Das Urteil ist aufgrund Berufung der Angeklagten nicht rechtskräftig