Das Bundesverwaltungsgericht hat am 03.11.2020 zu den Aktenzeichen 9 A 6.19, 9 A 7.19, 9 A 9.19, 9 A 11.19, 9 A 12.19 und 9 A 13.19 entschieden, dass die feste Fehmarnbeltquerung, ein kombinierter Straßen- und Eisenbahntunnel zwischen Deutschland und Dänemark, gebaut werden darf.
Aus der Pressemitteilung des BVerwG Nr. 62/2020 vom 03.11.2020 ergibt sich:
Gegenstand des Planfeststellungsbeschlusses vom 31.01.2019 ist ein kombinierter Straßen- und Eisenbahntunnel, der die Insel Fehmarn mit der dänischen Insel Lolland verbinden soll. Der Tunnel ist rund 18 km lang; etwa die Hälfte davon entfällt auf den deutschen Vorhabenteil. Das Bauwerk ist bis zu 47 m breit und bis zu 13 m hoch. Es wird aus Fertigelementen zusammengesetzt. Diese werden in einer eigens hierfür auf Lolland errichteten Fabrik hergestellt und dann in eine auf dem Meeresboden gegrabene Rinne abgesenkt. Der Tunnel umfasst in getrennten Röhren eine vierstreifige Straße, eine zweigleisige elektrifizierte Bahnstrecke sowie einen Wartungs- und Evakuierungskorridor. Nach dem der Planung zugrundeliegenden deutsch-dänischen Staatsvertrag von 2009 wird Dänemark die feste Fehmarnbeltquerung auf eigene Kosten errichten und betreiben. Zu diesem Zweck hat Dänemark eine private Gesellschaft gegründet. Die Kosten sollen über Mautgebühren und Schienen-Nutzungsentgelte refinanziert werden.
Das BVerwG hatte über insgesamt sechs Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss für den deutschen Vorhabenabschnitt der festen Fehmarnbeltquerung von Puttgarden nach Rødby zu entscheiden. Kläger sind zwei Umweltverbände, drei Unternehmen – darunter die Betreiberin der bestehenden Fährlinie Puttgarden-Rødby – sowie die Stadt Fehmarn. Die Klageverfahren dreier weiterer Gemeinden sowie eines Landwirts wurden einvernehmlich beendet.
Das BVerwG hat die noch anhängigen Klagen abgewiesen.
Nach Auffassung des BVerwG fehlt es dem Vorhaben nicht an der Planrechtfertigung. Der Verkehrsbedarf für die feste Fehmarnbeltquerung sei gesetzlich festgestellt. Die Bedarfsfeststellung ergebe sich aus dem deutschen Zustimmungsgesetz zu dem Staatsvertrag. Daran sei das BVerwG gebunden. Die Bindung entfalle nur, wenn die Bedarfsfeststellung evident unsachlich sei oder sich die Verhältnisse so grundlegend gewandelt hätten, dass das angestrebte Planungsziel unter keinen Umständen auch nur annähernd erreicht werden könne. Ein derartiger Ausnahmefall liege hier nicht vor. Die EU-Kommission zähle die Fehmarnbeltquerung unverändert zu den fünf wichtigsten grenzüberschreitenden Projekten des transeuropäischen Verkehrsnetzes.
Die mit der Verwirklichung des Projekts verbundene Verkürzung der Fahrzeit zwischen Hamburg und Kopenhagen werde absehbar zu einer Verlagerung von Verkehren führen, die derzeit mit einem erheblichen Umweg über den Großen Belt abgewickelt werden. Zwar bleibe auch dann das erwartete Kraftfahrzeugaufkommen deutlich unterhalb der durchschnittlichen Auslastung deutscher Autobahnen. Davon mussten die Vertragsstaaten aber den Bedarf für eine Anbindung der wesentlich dünner besiedelten und an der Peripherie Europas gelegenen skandinavischen Staaten an das kontinentaleuropäische Verkehrsnetz nicht abhängig machen.
Rechtswidrig sei die Planung auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer fehlenden Finanzierbarkeit des Projekts. Die Finanzierung sei grundsätzlich weder Gegenstand der Planfeststellung noch ihrer gerichtlichen Überprüfung. Die zu Gunsten der Betreibergesellschaft vorgesehenen dänischen Staatsbeihilfen seien jedenfalls nicht evident europarechtswidrig.
Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss verstoße nicht gegen das Naturschutzrecht. So wurde zum Schutz der im Fehmarnbelt lebenden Schweinswale vor Baulärm ein vorsorglicher Grenzwert festgesetzt, der deutlich unter dem Quellpegel großer Schiffe und Fähren liege. Für eine eventuell erforderliche Unterwassersprengung von Munitionsaltlasten werden Geräte zur Erzeugung eines sog. Blasenschleiers vorgehalten, der die Schallausbreitung um 90% reduziere. Eingehende Untersuchungen hätten auch plausibel gemacht, dass die Durchführung des Projekts kein erhebliches Störungs- oder gar Tötungsrisiko für Rastvögel, insbesondere die im Fehmarnbelt zahlreich überwinternden Eiderenten, bewirke.
Im Hinblick auf die im Fehmarnbelt vorhandenen Riffe trage die Planung ferner dem Biotopschutz hinreichend Rechnung. Die Vorhabenträger hätten eine methodisch ordnungsgemäße Bestandsaufnahme erstellt. Sie durften sich dabei auf eine repräsentative Beprobung des Meeresbodens in dem großen Untersuchungsgebiet beschränken. Soweit Riffe im näheren Bereich der Tunneltrasse erst nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses durch ein wissenschaftliches Forschungsprojekt der Universität Kiel erkannt worden seien, führe dies nicht zur Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Wegen des gesetzlichen Verbots, Biotope zu zerstören oder zu beschädigen, dürfe allerdings das Vorhaben in diesem Bereich nicht durchgeführt werden, ohne dass über eine Eingriffsvermeidung bzw. eine Befreiung von dem Verbot nachträglich entschieden werde. Zu diesem Zweck hätten Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörde die Durchführung eines ergänzenden Verfahrens angekündigt.
Bezüglich der Ausführungsvarianten des Tunnels durfte sich die Planfeststellungsbehörde für einen Absenktunnel und gegen einen Bohrtunnel entscheiden, obwohl dieser unter Umweltgesichtspunkten günstiger gewesen wäre. Denn ein Bohrtunnel hätte nicht nur ein Drittel höhere Baukosten verursacht, sondern wäre auch wegen des erforderlichen Durchmessers der Tunnelvortriebsmaschinen, der Länge der Bohrstrecke und des hohen Wasserdrucks mit unvertretbaren Risiken verbunden gewesen. Die Kosten wie auch die Baurisiken hätten sich zwar möglicherweise durch eine Verringerung des Querschnitts der Tunnelröhren reduzieren lassen.
Solch ein „schlanker“ Bohrtunnel bliebe aber hinter dem für den Absenktunnel vorgesehenen Sicherheitsstandard zurück, den die Planfeststellungsbehörde wegen der Länge des Tunnels aus plausiblen Gründen für erforderlich halte.
Ein durchgreifender Abwägungsfehler sei der Behörde auch nicht in Bezug auf die Belange einzelner Kläger unterlaufen. Das gelte insbesondere für das Unternehmen Scandlines, das seinen Fährbetrieb auch nach dem Tunnelbau aufrechterhalten wolle. Der Fährhafen werde dann zwar über keine kreuzungsfreie Straßenanbindung mehr verfügen. Die Planung wurde aber noch im laufenden Verfahren optimiert, insbesondere durch eine eigene Einfädelungsspur vom Hafen auf die B 207 und verkehrsabhängig gesteuerte Ampeln, die auch künftig eine zügige Entleerung der Fähren ermöglichten.