Der Arbeitnehmer, der seinen Willen mit einer andernfalls eintretenden Erkrankung durchsetzen will, darf vom Arbeitgeber fristlos gekündigt werden

03. November 2020 -

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 21.07.2020 zum Aktenzeichen 8 Sa 430/19 entschieden, dass ein Arbeitnehmer, der dem Arbeitgeber eine Erkrankung in Aussicht stellt, wenn er nicht bekommt was er möchte, dies eine fristlose Kündigung rechtfertigt.

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Das Arbeitsverhältnis der Parteien wurde durch die außerordentliche fristlose Kündigung aufgelöst.

Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

Die erforderliche Überprüfung, ob ein gegebener Lebenssachverhalt einen wichtigen Grund in diesem Sinne darstellt, vollzieht sich zweistufig: Im Rahmen von § 626 Abs. 1 BGB ist zunächst zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalls als wichtiger Kündigungsgrund an sich geeignet ist. Liegt ein solcher Sachverhalt vor, bedarf es der weiteren Prüfung, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile zumutbar ist oder nicht, fehlendes Verschulden kann jedoch im Rahmen der Interessenabwägung zugunsten des Arbeitnehmers von Bedeutung sein.

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Ein wichtiger Grund an sich – eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten – liegt unter anderem vor, wenn der Arbeitnehmer seine Interessen im Arbeitsverhältnis durch die rechtswidrige Drohung mit einem empfindlichen Übel gegenüber dem Arbeitgeber durchzusetzen versucht. Dabei ist nicht entscheidend, ob er damit zugleich den Straftatbestand der Nötigung (§ 240 StGB) oder der Erpressung (§ 253 StGB) erfüllt. Auch unterhalb der Strafbarkeitsschwelle ist ein derartiges Vorgehen mit den wechselseitigen Loyalitätspflichten im Arbeitsverhältnis (vgl. § 241 Abs. 2 BGB) unvereinbar.

So ist in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts beispielsweise anerkannt, dass bereits die Ankündigung einer zukünftigen, im Zeitpunkt der Äußerung noch nicht bestehenden Erkrankung für den Fall, dass der Arbeitgeber einem Verlangen des Arbeitnehmers (z.B. auf Urlaubsgewährung) nicht entsprechen sollte, einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB darstellt. Dies gilt ohne Rücksicht auf eine später möglicherweise tatsächlich auftretende Krankheit. Die Drohung mit der Krankmeldung muss nicht plump vorgebracht werden. Es genügt eine für einen verständigen Beobachter wahrnehmbare Verknüpfung. Der Arbeitnehmer droht damit an, seine Interessen notfalls auch ohne Rücksicht darauf durchsetzen zu wollen, ob eine Arbeitsunfähigkeit tatsächlich vorliegt. Deshalb kann beim Arbeitgeber der berechtigte Verdacht aufkommen, der Arbeitnehmer sei bereit, sich einen ihm nicht zustehenden Vorteil auf Kosten des Arbeitgebers zu verschaffen. Der Arbeitnehmer verletzt damit seine arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht, die es verbietet, den Arbeitgeber auf diese Art und Weise unter Druck zu setzen. War der Arbeitnehmer bei der Ankündigung künftiger Arbeitsunfähigkeitszeiten bereits arbeitsunfähig, so wiegt die Drohung mit weiterer Krankschreibung allerdings weniger schwer und rechtfertigt in der Regel keine außerordentliche Kündigung.

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Gemessen an diesen Grundsätzen war im Fall des Arbeitnehmers eine erhebliche Pflichtverletzung zu bejahen, denn der Arbeitnehmer hat hier dem Arbeitgeber sinngemäß damit gedroht, sich krankschreiben zu lassen, wenn er nicht bekomme was er wolle – nämlich eine Freistellung.

Diese Äußerung lässt eine erhebliche Pflichtverletzung des Arbeitnehmers erkennen. Der Arbeitnehmer hat nämlich versucht, den Arbeitgeber von der Weisung zum Erscheinen am dadurch abzubringen, dass er eine unberechtigte Krankschreibung in Aussicht stellte.

Bei der Drohung mit einer willkürlichen Krankmeldung handelt es sich um eine derart schwere Pflichtverletzung, ein erpressungsgleiches Verhalten, dass eine Abmahnung entbehrlich war.

Arbeitsgericht