Der Europäische Gerichtshof hat am 28.10.2020 zum Aktenzeichen C-321/19 entschieden, dass die Kosten der Verkehrspolizei bei der Berechnung der Mautgebühren für die Benutzung des transeuropäischen Straßennetzes durch schwere Nutzfahrzeuge nicht berücksichtigt werden dürfen, da sie nicht zu den Infrastrukturkosten gehören, die bei der Berechnung der Mautgebühren zugrunde zu legen sind.
Aus der Pressemitteilung des EuGH Nr. 133/2020 vom 28.10.2020 ergibt sich:
BY und CZ betrieben eine Gesellschaft polnischen Rechts, die im Güterkraftverkehr tätig war, u.a. in Deutschland. Für die Benutzung deutscher Bundesautobahnen zahlten sie für den Zeitraum vom 01.01.2010 bis zum 18.07.2011 Mautgebühren i.H.v. insgesamt 12.420,53 Euro. Sie erhoben in Deutschland Klage auf Rückzahlung der Mautgebühren. Sie machen geltend, dass die Methode, nach der die von ihnen entrichteten Mautgebühren berechnet worden seien, unionsrechtswidrig sei. Sie habe zu einer überhöhten finanziellen Verpflichtung geführt.
Das OVG Münster, das als Berufungsgericht über den Rechtsstreit zu entscheiden hat, möchte vom EuGH im Wesentlichen wissen, ob es gegen die Richtlinie 1999/62/EG über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge (ABl. 2006, L 157, 8) verstößt, dass bei der Berechnung der in Rede stehenden Mautgebühren die Kosten der Verkehrspolizei berücksichtigt wurden.
Der EuGH hat entschieden, dass die Kosten der Verkehrspolizei bei der Berechnung der Mautgebühren nicht berücksichtigt werden dürfen. Den Antrag Deutschlands, die Wirkung des Urteils zeitlich zu beschränken, hat der EuGH zurückgewiesen.
Die Richtlinie erlegt den Mitgliedstaaten, die auf dem transeuropäischen Straßennetz Mautgebühren einführen oder beibehalten, die genaue und unbedingte Verpflichtung auf, bei der Festsetzung der Mautgebühren ausschließlich die „Infrastrukturkosten“, d.h. die Baukosten und die Kosten für Betrieb, Instandhaltung und Ausbau des betreffenden Verkehrswegenetzes, zu berücksichtigen. Folglich könne, so der EuGH, sich der Einzelne vor den nationalen Gerichten gegenüber einem Mitgliedstaat unmittelbar auf diese Verpflichtung berufen, wenn der Mitgliedstaat dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sei oder sie nicht ordnungsgemäß umgesetzt habe.
Zu der Frage, ob die Kosten der Verkehrspolizei unter den Begriff der Kosten für den Betrieb fallen und als solche in die Berechnung der Mautgebühren einfließen können, sei festzustellen, dass mit diesem Begriff die Kosten gemeint seien, die durch den Betrieb der betreffenden Infrastruktur entstehen. Polizeiliche Tätigkeiten fallen aber in die Verantwortung des Staates, der dabei hoheitliche Befugnisse ausübe und nicht lediglich als Betreiber der Straßeninfrastruktur handele. Die Kosten der Verkehrspolizei könnten daher nicht als Kosten für den Betrieb im Sinne der Richtlinie angesehen werden.
Zu dem Umstand, dass die Infrastrukturkosten im vorliegenden Fall aufgrund der Berücksichtigung der Kosten der Verkehrspolizei lediglich in verhältnismäßig geringem Umfang (3,8% bzw. 6%) überschritten werden, sei festzustellen, dass die Richtlinie u.a. jeder Überschreitung der Infrastrukturkosten aufgrund der Berücksichtigung nicht ansatzfähiger Kosten entgegenstehe.