Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 21. September 2020 zum Aktenzeichen 2 BvR 660/20 entschieden, dass es verfassungswidrig ist, wenn einem Beamten eine Disziplinarmaßnahme ohne Amtsermittlung auferlegt wird, wenn dieser die Wiederaufnahme der Arbeit wegen einer von ihm angenommenen Gesundheitsgefährdung ablehnt.
Das Rechtsstaatsprinzip, die materiell berührten Grundrechte und das Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG sind verletzt, wenn grundrechtseingreifende Maßnahmen im Strafvollzug von den Gerichten ohne zureichende Sachverhaltsaufklärung als rechtmäßig bestätigt werden.
Besondere Bedeutung kommt einer verlässlichen Feststellung der Tatsachen, die der Rechtsanwendung zugrunde gelegt werden, bei der gerichtlichen Überprüfung von Disziplinarmaßnahmen zu. Disziplinarmaßnahmen sind strafähnliche Sanktionen, für die der aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG und dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) abgeleitete Schuldgrundsatz gilt. Dieser Grundsatz verbietet es, eine Tat ohne Schuld des Täters strafend oder strafähnlich zu ahnden. Die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme auf der Grundlage eines bloßen Verdachts stellt daher einen Verstoß gegen den Schuldgrundsatz dar. Disziplinarmaßnahmen dürfen nur angeordnet werden, wenn zweifelsfrei geklärt ist, ob ein schuldhafter Pflichtverstoß überhaupt vorliegt.
Das nach § 120 Abs. 1 Satz 2 StVollzG in Verbindung mit § 244 Abs. 2 StPO zur Amtsermittlung verpflichtete Landgericht hat vorliegend aber trotz insoweit substantiierten Vortrags des Beschwerdeführers zu seiner Krankengeschichte und zu vorhergehenden Krankschreibungen sowie Behandlungsmaßnahmen keine weiteren Maßnahmen zur Sachverhaltsermittlung, wie etwa die Beiziehung der Krankenakte oder die Einholung von Stellungnahmen der den Beschwerdeführer behandelnden, namentlich benannten Ärzte, veranlasst.