Das Landgericht Coburg hat mit Urteil vom 16.07.2020 zum Aktenzeichen 24 O 76/18 entschieden, dass ein Supermarktbetreiber, der nach Reinigungsarbeiten keine Sicherungsmaßnahmen ergreift, seine Verkehrssicherungspflicht verletzt und damit im Falle des Sturzes eines Kunden schadensersatzpflichtig ist.
Aus der Pressemitteilung des LG Coburg Nr. 4/2020 vom 30.09.2020 ergibt sich:
Im konkreten Fall war eine Supermarktkundin in der Lebensmittelfiliale der Beklagten nach einem Einkauf kurz vor Geschäftsschluss zwischen dem Kassenbereich und der Ausgangstür gestürzt und wurde hierbei verletzt. Kurze Zeit vor dem Sturz hatte ein Supermarktmitarbeiter den Boden dort mit einer Reinigungsmaschine gesäubert. Weil sie auf einem unsichtbaren, schmierigen Film gestürzt sei, der von den Reinigungsarbeiten stamme, verlangte die Klägerin Schmerzensgeld und anderen Schadensersatz.
Der beklagte Supermarktbetreiber behauptete, die Klägerin sei in Eile gewesen und deswegen gestürzt. Die Reinigungsarbeiten seien schon ca. 10 Minuten vorher ordnungsgemäß durchgeführt worden. Der trittsichere und auch rutschhemmende Bodenbelag sei deshalb höchstens noch leicht feucht gewesen. Eine vollständige Abtrocknung des Bodens unmittelbar nach der Reinigung sei technisch gar nicht möglich. Der Sturz der Klägerin sei deshalb allgemeines Lebensrisiko. Außerdem habe die Klägerin die Reinigungsarbeiten auch wahrgenommen und sei deshalb selbst für den Sturz verantwortlich.
Das LG Coburg hat der Klage auf Zahlung eines Schmerzensgeldes stattgegeben, hinsichtlich der weiter geltend gemachten Schadenspositionen hat es die Klage abgewiesen.
Nach Auffassung des Landgerichts ist die Klägerin aufgrund einer Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten gestürzt. Der als Zeuge vernommene Mitarbeiter der Beklagten, der die Reinigungsmaschine bedient hatte, bestätigte, dass die Kundin unmittelbar nach den Reinigungsarbeiten gestürzt sei. Ein Sachverständiger hat angegeben, dass auch bei vorschriftsmäßiger Bedienung der Reinigungsmaschine auf dem Boden jedenfalls für kurze Zeit Feuchtigkeit zurückbleibe und die Rutschgefahr deshalb erhöht sei. Die Situation sei vergleichbar mit derjenigen, wenn aufgrund schlechten Wetters Feuchtigkeit in den Eingangsbereich hineingetragen werde.
Der Supermarktbetreiber sei deshalb verpflichtet, seine Besucher vor dieser Rutschgefahr zu schützen, beispielsweise durch das Zurückstellen der Reinigungsarbeiten bis nach Geschäftsschluss, das kurzzeitige Sperren des betroffenen Bereichs oder das Aufstellen von Warnschildern. All das sei der Beklagten leicht möglich, zumal im betroffenen Supermarkt seit dem Sturz der Klägerin auch tatsächlich Warnschilder aufgestellt werden.
Demgegenüber habe die Klägerin nicht mit der Feuchtigkeit auf dem Boden rechnen müssen. Selbst wenn sie die Reinigungsarbeiten wahrgenommen hatte, könne nicht davon ausgegangen werden, dass ihr die Funktionsweise der verwendeten Reinigungsmaschine auch bekannt sein müsse.
Den Einwand der Beklagten, die Kundin sei in Eile gewesen und möglicherweise vor dem Sturz gestolpert oder umgeknickt, ließ das Gericht nicht gelten. Weil sich nach der Aussage des Mitarbeiters der Beklagten der Sturz unmittelbar nach Durchführung der Reinigungsmaschine ereignete und auch die Klägerin erklärt hatte, „aus heiterem Himmel“ gestürzt zu sein, komme der Klägerin der Beweis des ersten Anscheins zugute. Ein Mitverschulden der Klägerin wurde nicht angenommen.
Hinsichtlich der weiter geltend gemachten Schadenspositionen sei die Klage abzuweisen, hauptsächlich weil die Klägerin hierzu keine ausreichenden Angaben gemacht habe.
Das Urteil ist rechtskräftig.