Der Bundesgerichtshof hat am 01.09.2020 zum Aktenzeichen 3 StR 624/19 die Revision eines ehemaligen Krankenpflegers, der vom LG Oldenburg wegen Mordes an 85 Patienten zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, verworfen.
Aus der Pressemitteilung des BGH Nr. 121/2020 vom 11.09.2020 ergibt sich:
Das LG Oldenburg hatte den Angeklagten wegen Mordes in 85 Fällen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, die besondere Schwere der Schuld festgestellt und ihm lebenslang verboten, beruflich in der Kranken- und Altenpflege oder im Rettungswesen tätig zu sein. Vom Vorwurf, weitere 15 Personen ermordet zu haben, hat es ihn freigesprochen.
Der BGH hat die gegen dieses Urteil gerichteten Revisionen des Angeklagten sowie eines Nebenklägers verworfen.
Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen war der Angeklagte in Kliniken zunächst in Oldenburg und später in Delmenhorst als Krankenpfleger in der Intensivmedizin tätig. Er tötete im Zeitraum von Februar 2002 bis Juni 2005 85 Patienten, indem er ihnen medizinisch nicht indizierte Medikamente verabreichte, die zu einem Herzstillstand oder Zusammenbruch des Kreislaufs führten. Dabei ging es ihm in erster Linie darum, sich danach um die Reanimation der Patienten zu bemühen zu können. Wegen seiner besonderen Fähigkeiten bei dieser Behandlung versprach er sich im Falle einer erfolgreichen Wiederbelebung die Bewunderung von Kollegen und Ärzten sowie dankbarer „geretteter“ Patienten. Er nahm allerdings in Kauf, dass seine Bemühungen scheitern und die Patienten zu Tode kommen können. Tatsächlich waren die Reanimationsversuche – soweit es überhaupt hierzu kam – in den abgeurteilten Fällen erfolglos, so dass die Patienten binnen kurzer Zeit verstarben.
Das LG Oldenburg hatte die Motive des Angeklagten für die Tötung als niedrige Beweggründe gewertet. In der Mehrzahl der Fälle hatte es auch das Mordmerkmal der Heimtücke angenommen, weil der Angeklagte die Arglosigkeit der Patienten bzw. – soweit diese bei seinen Handlungen schliefen oder bewusstlos waren – seiner insoweit an die Stelle der Patienten tretenden Kollegen ausnutzte. In mehreren Fällen lag nach Ansicht des Landgerichts allerdings kein heimtückisches Vorgehen vor, weil zum Zeitpunkt dieser Taten die Kollegen und Ärzte dem Angeklagten gegenüber bereits misstrauisch und damit nicht mehr arglos waren.
Der Angeklagte machte mit seiner Revision Verfahrensfehler sowie sachlich-rechtliche Mängel des angefochtenen Urteils geltend. Zudem wandte sich ein Nebenkläger mit der Sachrüge gegen den Freispruch in einem Fall, in dem das Landgericht sich von einer Tötungshandlung des Angeklagten nicht hatte überzeugen können.
Nach Auffassung des BGH hat die hierauf veranlasste Überprüfung des Urteils und des Verfahrens keinen Rechtsfehler ergeben.
Sämtliche Rügen sind ohne Erfolg geblieben.
Das Urteil ist somit rechtskräftig.