Das Verwaltungsgericht Oldenburg hat mit Beschluss vom 10.09.2020 zum Aktenzeichen 15 B 1475/20 dem Antrag eines Systembetreibers im Dualen System auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen eine Rahmenvorgabe des Landkreises Wittmund zur Einführung Gelber Tonnen stattgegeben.
Aus der Pressemitteilung des VG Oldenburg vom 10.09.2020 ergibt sich:
Die Antragstellerin ist im Landkreis Wittmund (Antragsgegner) als Systembetreiber für die Sammlung restentleerter Kunststoff-, Metall- und Verbundverpackungen (sog. Leichtverpackungen) verantwortlich. Der Antragsgegner ordnete als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger im März 2020 auf der Grundlage des neu in Kraft getretenen Verpackungsgesetzes gegenüber den Systembetreibern im Dualen System per Rahmenvorgabe an, die Sammlung bei privaten Haushalten ab Januar 2021 in seinem gesamten Festlandsgebiet ab 2021 auf ein Mischsystem aus Gelben Säcken und Gelben Tonnen nach Wahl der jeweiligen Grundstückseigentümer umzustellen. Ein derartiges Sammelsystem wird bisher nur in den Küstenorten Carolinensiel, Bensersiel und Neuharlingersiel aufgrund einer Vereinbarung zwischen den Beteiligten praktiziert. Im übrigen Festlandsgebiet des Landkreises erfolgt die Sammlung ausschließlich durch Gelbe Säcke. Der Antragsgegner ordnete zudem die sofortige Vollziehung seiner Anordnungen an. Dem Erlass der Rahmenvorgabe waren erfolglose Verhandlungen zwischen den Beteiligten über den Abschluss einer einvernehmlichen Abstimmungsvereinbarung vorausgegangen. Die Antragstellerin hat um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.
Das VG Oldenburg hat dem Antrag stattgegeben und die aufschiebende Wirkung der von der Antragstellerin erhobenen Klage gegen die Rahmenvorgabe wiederhergestellt.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Rechtmäßigkeit der Rahmenvorgabe nach der im Eilverfahren durchzuführenden summarischen Prüfung als offen zu bewerten. Zwar habe der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nach dem neuen Verpackungsgesetz die Möglichkeit, die Art des Sammelsystems durch Rahmenvorgabe festzulegen. Es bestünden aber deutliche Zweifel daran, dass dies auch die einseitige Anordnung eines Mischsystems von Gelbem Sack und Gelber Tonne nach Wahl des jeweiligen Grundstückseigentümers umfasse, wenn eine einvernehmliche Regelung scheitere. Die Organisationsverantwortung für die Sammlung von Verpackungsabfällen aus Privathaushalten sei gesetzlich den Systembetreibern zugewiesen und könne nur in eng begrenzten Ausnahmefällen durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger inhaltlich beschränkt werden. Bei dem in der Rahmenvorgabe vorgesehenen Wahlrecht zwischen der Abfuhr mittels Gelber Tonne oder Gelbem Sack würde die Auswahl der konkreten Ausgestaltung der Art des Sammelsystems jedoch weder durch den Systembetreiber noch durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger erfolgen, sondern unzulässig auf die jeweiligen Grundstückseigentümer verlagert werden. Weil dieser seine Entscheidung aber nicht unter Abwägung allgemeiner Vor- und Nachteile, sondern allein aufgrund individueller Vorlieben treffe, sei eine von der gesetzlichen Regelung vorgesehene möglichst effektive und umweltverträgliche Erfassung der Abfälle nicht sichergestellt. Zudem spreche einiges für die Annahme, dass die Rahmenvorgabe über den eigenen Entsorgungsstandard des Antragsgegners hinausgehe, der im Bereich des Restmülls kein freies Wahlrecht des Grundstückseigentümers vorsehe, sondern die Nutzung von Restabfallsäcken statt eines festen Restabfallbehälters nur ausnahmsweise für bestimmte Grundstücke zulasse.
Weil die Fragen aufgrund ihrer Komplexität abschließend erst im Hauptsacheverfahren geklärt werden könnten, sei im Eilrechtsschutzverfahren eine reine Interessenabwägung erforderlich. Diese Abwägung gehen zugunsten der Antragstellerin aus, da ihr bei Umsetzung der Anordnungen in der Rahmenvorgabe erhebliche finanzielle Belastungen durch die Anschaffung Gelber Tonnen entstehen würden, nachdem sich in einer Umfrage rund 85% der Grundstückseigentümer hierfür ausgesprochen haben. Daneben umfasse der Zeitraum, für den die Entsorgungsleistung jetzt ausgeschrieben werde, die Jahre 2021 bis 2023. Werde der Eilantrag jetzt abgelehnt, später der Klage aber vor Ablauf des Jahres 2023 stattgeben, wäre die Antragstellerin faktisch bis Ende 2023 an eine rechtswidrige Anordnung gebunden. Die damit verbundenen rechtlichen und finanziellen Nachteile könnten später nicht mehr ausgeglichen werden. Das Interesse des Antragsgegners an einer zeitnahen Änderung der bereits seit vielen Jahren praktizierten Sammlung habe dahinter zurückzustehen.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim OVG Lüneburg eingelegt werden.