Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München hat mit Urteil vom 22.07.2020 zum Aktenzeichen 16a D 18.1918 entschieden, dass ein Polizeibeamter für einen Computerbetrug in 31 Fällen zu Lasten des Dienstherrn, jeweils einen Verstoß gegen das Waffengesetz und das Alkoholverbot während des Dienstes sowie die wiederholte unzulässige private Nutzung eines Dienstfahrzeugs und mehrfache Verstöße gegen die Dienstleistungspflicht in den Ruhestand versetzt und das Ruhegehalt gestrichen werden darf.
Der Beklagte hat durch sein Verhalten bezüglich der missbräuchlichen Nutzung der Tankkarten und der Aufbewahrung erlaubnispflichtiger Munition vorsätzlich und schuldhaft gegen die Pflicht verstoßen, die Gesetze zu beachten.
Für die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen.
Die vollständige Ausschöpfung des Orientierungsrahmens ist hier wegen der konkreten Umstände des Dienstvergehens geboten. Es handelt sich bei dem Dienstvergehen nicht um ein einmaliges Fehlverhalten, sondern um insgesamt 31 Betrugshandlungen, die über zwei Jahre andauerten. Ein Beamter, der seinen Dienstherrn zur eigenen Bereicherung durch eine betrügerische Handlung schädigt, begeht ein schwerwiegendes Dienstvergehen. Der Dienstherr kann seine Bediensteten nicht auf Schritt und Tritt kontrollieren. Für eine effiziente Aufgabenerfüllung ist er darauf angewiesen, ihnen Vertrauen entgegenzubringen. Ein Beamter, der dies ausnutzt, um sich zu bereichern, belastet das unverzichtbare Vertrauen seines Dienstherrn und der Allgemeinheit in die ordnungsgemäße und uneigennützige Aufgabenwahrnehmung empfindlich.
Zu berücksichtigen sind auch die weiteren Pflichtverstöße des Beklagten. Hierzu zählt zunächst der im Strafbefehl ebenfalls gewürdigte Verstoß gegen das Waffengesetz. Gerade beim Polizeibeamten muss man einen korrekten Umgang mit Schusswaffen und Munition erwarten können. Dass der Beklagte über einen längeren Zeitraum ohne die erforderliche Erlaubnis im Besitz einer nicht mehr als gering zu betrachtenden Anzahl von Patronen war und diese sogar nach einem Dienststellenwechsel wieder neu verwahrte, belegt ein mehr als sorg- und verantwortungsloses Verhalten im Umgang mit Waffen. Zudem wiegt die langjährige unberechtigte Nutzung eines Dienstfahrzeugs zum Dienstende der Nachtschichten zur Privatfahrt (Fahrt, die nicht der Erledigung von Dienstgeschäften dient) ebenfalls schwer. Privatfahrten mit Dienstkraftwagen dürfen nur in besonders begründeten Fällen mit Genehmigung des Behördenleiters ausgeführt werden. Eine solche Genehmigung hat der Beklagte nicht eingeholt, sondern vielmehr über den Zweck der Fahrt getäuscht, indem er diese als Streifenfahrt deklarierte und entsprechend in einem Papierbogen eintrug.
Hinzu kommt ein Verstoß gegen die Dienstleistungspflicht. Der Beklagte hat über acht Jahre hinweg regelmäßig zum Ende der Nachtschicht (außer, wenn die Nachtschicht an einem Samstag oder Sonntag endete) seinen Dienst mindestens 30 Minuten früher beendet, war bereits vor Verlassen der Dienststelle in Zivil gekleidet und nicht mehr bewaffnet. Ein Verstoß gegen die Dienstleistungspflicht als einer Grundpflicht des Beamten wiegt schwer, wobei hier noch erschwerend hinzukommt, dass der Beklagte dadurch eine geordnete Übergabe der Dienstgeschäfte an den nachfolgenden Dienstgruppenleiter unmöglich machte. Abgerundet werden die Pflichtverstöße durch das verbotswidrige Lagern von alkoholischen Getränken.
Mildernde Umstände von solchem Gewicht, die trotz der Schwere des Dienstvergehens die Verhängung der Höchstmaßnahme als unangemessen erscheinen lassen, liegen nicht vor.