Das Oberlandesgericht Stuttgart hat am 06.08.2020 zum Aktenzeichen 2 W 23/20 entschieden, dass ein Unternehmen, das über 140 Augenoptikfachgeschäfte in Deutschland betreibt, nicht mit Brillengeschenken für Angehörige bestimmter Berufsgruppen auf seiner Internetseite werben darf.
Aus der Pressemitteilung des OLG Stuttgart vom 24.08.2020 ergibt sich:
Gegen diese im April 2020 erschienene Anzeige wehrte sich ein Verband, der nach seiner Satzung die gewerblichen Interessen seiner Mitglieder förderte. Er strebte den Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Untersagung der entsprechenden Werbung mit einer Gratisbrille für „unsere Helden – exklusiv für Pflegerinnen, Pfleger, Ärztinnen und Ärzte“ an.
Mit der Beschwerde wendete sich der Verband gegen die Zurückweisung seines Antrags durch das LG Stuttgart.
Das OLG Stuttgart hat die entsprechende Werbung untersagt.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer Untersagungsverfügung und damit eines Werbeverbots vor. Diese folge aus §§ 8 Abs. 3 Nr.2, 3, 3a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und § 7 Abs. 1 des Heilmittelwerbegesetzes (HWG). Bei der Werbung handle es sich um eine unlautere geschäftliche Handlung, da die kostenlose Abgabe von Brillen gegen § 7 Abs.1 HWG verstoße.
Danach ist es unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) für Medizinprodukte wie Brillen anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren, soweit die Werbemittel nicht unter die dort genannten Ausnahmetatbestände fallen. Nach dem Oberlandesgericht liege hier auch eine von dem Verbot erfasste Produktwerbung vor, da das Optikunternehmen damit für sein Produktsortiment mit bestimmten Kollektionen und Gläsern einer bestimmten Marke werbe. Somit liege hier nicht nur eine allgemeine Firmenwerbung, die nach dem HWG erlaubt ist, vor.
Zudem handle es sich bei der kostenlosen Abgabe einer Brille, auch im Rahmen einer Dankesaktion für „Corona-Helden“, um eine Werbegabe i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG. Von ihr gehe die abstrakte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung der Werbeadressaten aus. Nach der Rechtsprechung des BGH werde eine unmittelbare Kopplung zwischen dem Erhalt der Werbegabe und einer Kaufentscheidung für das Bestehen der Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung nicht vorausgesetzt. Vielmehr seien hier die Grundsätze der sog. Publikumswerbung anzuwenden, wonach allein die abstrakte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung des Beschenkten ausreiche.
Diese Gefahr liege hier nicht darin, dass der von der Werbung angesprochene Adressat eine Entscheidung über eine von ihm zu bezahlende Leistung treffe, die er sonst nicht in Anspruch genommen hätte, sondern darin, dass er sich für die Leistung (Brillengestell und Glas) entscheide, ohne die Produkte der Mitbewerber in seine Entscheidung einzubeziehen. Daneben sei es denkbar, dass die Beschenkten aus Dankbarkeit weitere Brillen der Beklagten, wie z.B. eine Sonnenbrille, kostenpflichtig erwerben.
Zur Vermeidung einer Wiederholungsgefahr hat das OLG Stuttgart daher der Beklagten die entsprechende Werbung mit der Gratisbrille untersagt.
Gegen diese Entscheidung gibt es kein Rechtsmittel mehr.