Das Finanzgericht Hannover hat am 08.07.2020 zum Aktenzeichen 9 K 78/19, soweit ersichtlich als erstes Finanzgericht, entschieden, dass ein Abzug von Aufwendungen für wöchentliche Familienheimfahrten auch dann ausgeschlossen ist, wenn dem Arbeitnehmer für die Überlassung eines Firmenwagens tatsächlich Kosten entstehen.
Aus dem Newsletter des FG Hannover Nr. 8/2020 vom 21.08.2020 ergibt sich:
Zuvor hatte der BFH mit Urteil vom 28.02.2013 (VI R 33/11; BFHE 240, 342; BStBl. II 2013, 629) entschieden, dass ein Werbungskostenabzug bei unentgeltlicher Überlassung eines Firmenwagens mangels eigenen Aufwands ausgeschlossen ist.
Im Streitfall hatte ein Arbeitgeber dem Kläger (Arbeitnehmer) im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses – auch für die Durchführung von Privatfahrten – einen Firmenwagen überlassen. Die vertraglich vereinbarte pauschale monatliche Zuzahlung i.H.v. 0,5 v.H. des Bruttolistenpreises und die monatlich einbehaltenen Beträge für die Nutzung der Tankkarte zu Privatfahren (0,10 Euro bzw. 0,09 Euro pro gefahrenen Kilometer) berücksichtigte der Arbeitgeber bereits bei den monatlichen Lohnabrechnungen in Form der Minderung des zu versteuernden geldwerten Vorteils bis auf max. 0 Euro. Zuzahlungsüberhänge in einzelnen Monaten wurden jedoch aus technischen Gründen nicht auf andere Monate des Streitjahres, in denen geldwerte Vorteile verblieben, übertragen. Der Kläger nutzte den ihm überlassenen Pkw auch für wöchentliche Familienheimfahrten im Rahmen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung. Vergeblich begehrte der Kläger beim beklagten Finanzamt (FA) den Abzug des tatsächlichen Aufwands für die Durchführung der Familienheimfahrten (0,10 Euro bzw. 0,09 Euro pro gefahrenen Kilometer) als Werbungskosten.
Die Klage beim FG Hannover hatte in diesem Punkt keinen Erfolg.
Nach Auffassung des Finanzgerichts war die Klage nur insoweit begründet, als das Finanzgericht noch die in einzelnen Monaten entstandenen Zuzahlungsüberhänge auf andere Monate des Streitjahres übertrug, in denen ein positiver zu versteuernder geldwerter Vorteil verblieben war. Für danach noch verbleibende Zuzahlungsüberhänge komme weder eine Berücksichtigung als negative Einnahmen noch als Werbungskosten in Betracht (entsprechend BFH, Beschl. v. 15.01.2018 – VI B 77/17; BFH/NV 2018, 521).
Im Übrigen hat das FG Hannover die Klage als unbegründet erachtet. Führe der Arbeitnehmer mit einem vom Arbeitgeber überlassenen Kfz wöchentliche Familienheimfahrten im Rahmen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung durch, verbleibe es auch dann bei dem Werbungskostenabzugsverbot gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 8 EStG, wenn die Überlassung teilentgeltlich erfolge und dem Arbeitnehmer damit tatsächliche Aufwendungen für die Durchführung der Fahrten entstünden. Unter anderem hat sich das Finanzgericht dabei am Wortlaut dieser Vorschrift orientiert. Der Gesetzgeber unterscheide nicht zwischen unentgeltlicher und teilentgeltlicher Überlassung mit der Folge, dass alle Arten von Überlassung von dem Abzugsverbot erfasst werden (so auch die Auffassung der Finanzverwaltung in R 9.10 Abs. 2 Lohnsteuerrichtlinien).
Gegen die Entscheidung wurde Revision eingelegt. Diese ist unter dem Az. VI R 35/20 beim BFH anhängig.